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Schleppende Gras-Legalisierung:Nur jeder achte Cannabis-Club genehmigt
von Alina Reissenberger
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Die Ampel plante die Abgabe von Gras über Vereine. Doch Cannabis-Clubs warten in einigen Bundesländern monatelang auf Zulassung. Eine Rolle spielt dabei die Landesregierung.
Cannabis per Online-Bestellung direkt nach Hause geliefert: Was klingt wie eine Kiffer-Fantasie, ist inzwischen ein boomendes Geschäftsmodell. Doch das hat seine Schattenseiten.15.01.2025 | 28:29 min
Wenn der Rapper Curly das Sagen hätte, dann sähen deutsche Innenstädte jetzt vielleicht so aus: Am Eingang der Einkaufspassage verkauft eine Bäckerei frische Croissants, ein paar Meter weiter jagen Jugendliche im Fast-Fashion-Geschäft das nächste günstige Oberteil. Und am Ende der Straße würden Kiffer für ein paar Euro ihren nächsten Stoff kaufen. Curly kifft seit Jahrzehnten leidenschaftlich. Und er wünscht sich Cannabis-Fachgeschäfte, in denen man Gras kaufen kann so wie in anderen Läden Bier und Wein.
Weil in Deutschland aber nicht Curly, der mit echtem Namen Sebastian Moser heißt, sondern die Ampel-Koalition regiert hat, bleibt das für ihn erst mal ein Wunschdenken: SPD, Grüne und FDP haben zwar die Teil-Legalisierung von Cannabis auf den Weg gebracht. Seit April ist Gras in Deutschland nicht mehr verboten.
Viele Anträge, wenig Zulassungen bei Cannabis-Clubs
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Nur wenige Cannabis-Vereine erhielten Zulassung
Verkaufen dürfen es aber nur lizensierte und gemeinnützige Anbau-Vereine - und auch nur an ihre Mitglieder. Bei der Zulassung dieser Vereine lassen sich die Behörden allerdings teilweise erheblich Zeit, wie eine ZDF-Anfrage bei den Gesundheitsministerien der Bundesländer zeigt: Demnach haben bis Mitte November in den 16 Bundesländern 392 Vereine eine Zulassung als "Cannabis Social Club" beantragt. Doch nur jeder achte von ihnen wurde bisher genehmigt.
Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern. Die meisten Vereine hat Niedersachsen genehmigt. Hier haben 17 Anbauvereine eine Zulassung erhalten (Stand: 15. November 2024). Damit wurde jeder dritte der 51 eingegangenen Anträge bewilligt.
Die interaktive Karte zeigt, wie weit die Zulassungen in den verschiedenen Bundesländern sind:
Bundesländer zögern bei Zulassung von Cannabis-Clubs
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Warum einige Bundesländer keinen einzigen Cannabis-Club haben
Gleich sieben Bundesländer haben dagegen zum Stand der Anfrage Mitte November noch keinen einzigen zugelassenen Cannabis-Club: Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, das Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Kurz nach der ZDF-Anfrage meldeten immerhin erste Anbau-Vereinigungen in Baden-Württemberg, Berlin, Hessen und Schleswig-Holstein, dass sie ihre Genehmigungen nun erhalten haben.
Bundesländer ohne zugelassene Cannabis-Clubs: Wie kann das sein? Die Gesundheitsministerien nennen dafür mehrere Gründe. Viele Anträge seien noch in der Bearbeitung. Absagen hätten einige Anbauvereine erhalten, die zu nah an Schulen und Spielplätzen geplant seien.
Als erstes Bundesland hat Niedersachsen zugestimmt, sogenannte“ Cannabis Social Clubs“ zu genehmigen. Die Zulassung und Kontrolle wurden der Landwirtschaftskammer übertragen. 22.08.2024 | 1:59 min
Welchen Einfluss hat die Landesregierung?
Mit Blick auf die Daten zeigt sich: Vor allem in unionsgeführten Bundesländern hapert die Zulassung der Clubs. In fünf der zögerlichen Bundesländer führen CDU oder CSU die Landesregierung, in Baden-Württemberg ist die Union als Juniorpartner ebenfalls in Regierungsverantwortung.Und die Konservativen haben aus ihrer Ablehnung der Cannabis-Teil-Legalisierung keinen Hehl gemacht.
- Vom 1. Juli 2024 an dürfen Cannabis-Clubs mit dem Anbau von Cannabis beginnen.
- Die Clubs müssen mindestens 200 Meter von Schulen, Kitas, Spielplätzen und anderen Kinder- und Jugendeinrichtungen entfernt sein, dürfen nicht in Wohngebäuden untergebracht sein und nicht durch auffällige Schilder oder anders für sich werben.
- Der Konsum in den Anbauvereinigungen, wie sie im Gesetz heißen, ist ebenfalls tabu.
- Anbauflächen und Lager müssen gesichert werden. Die Vereine dürfen maximal 500 Mitglieder haben und Cannabis in begrenzten Mengen nur an diese Mitglieder abgeben, nicht verkaufen.
- Die Droge darf nur in einer neutralen Verpackung mit Beipackzettel abgegeben werden, der Informationen zu Gewicht, Sorte, THC-Gehalt (Tetrahydrocannabinol ist der Stoff mit der Rauschwirkung) und Hinweise zu Risiken des Konsums enthält.
Quelle: dpa
So stellte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) im Oktober auf X klar: "Bayern wird kein Kiffer-Paradies", das Cannabis-Gesetz wolle er "so streng wie möglich" auslegen. Sein Kollege in Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), bezeichnete das Cannabis-Gesetz als "hundsmiserabel", Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, als "Unsinn". Zur Wahrheit gehört aber auch: Das CDU-geführte Sachsen hat prozentual die meisten Zulassungen.
Ganze Generationen haben von der Legalisierung von Gras, Hanf, Shit, Dope, Pot, Stoff - fachsprachlich: Cannabis - geträumt. Jetzt ist es so weit! Doch unumstritten ist das nicht.24.02.2024 | 11:42 min
Online-Shops für Cannabis nutzen schleppende Legalisierung
Angesichts der zögerlichen Zulassungen ist es fraglich, ob die 48 genehmigten Clubs die Nachfrage nach Cannabis in Deutschland decken können. Denn das Geschäft, vor allem mit medizinischem Cannabis, boomt: Seit Jahren steigen die Umsätze. Und nach Prognosen von Statista Market Insights könnte dieser Trend in den kommenden Jahren weiter anhalten.
Der Cannabis-Markt wächst weiter
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Längst wittern andere, kommerzielle Anbieter ein lukratives Geschäft: Online-Shops, in denen Kiffer medizinisches Cannabis bestellen können. Und das, ohne auch nur einmal mit einem Arzt zu sprechen. Wie das funktioniert? Das zeigt die "Die Spur"-Doku "Gras online kaufen: Das dubiose Cannabusiness von "Dr. Ansay" & Co.".
Quelle: ZDF
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