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Mischkonsum im Straßenverkehr:Experten fordern strengere Cannabis-Regeln
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Beim Verkehrsgerichtstag in Goslar haben Experten Empfehlungen abgegeben. Sie fordern strengere Vorschriften gegen Mischkonsum von Cannabis und Alkohol im Straßenverkehr.
Mehrere hundert Fachleute aus der Justiz und Unfallforschung sowie Vertreter von Verbänden treffen sich jährlich beim Verkehrsgerichtstag in Goslar, um Empfehlungen für die Politik auszuarbeiten. Im Fokus der diesjährigen Tagung stand unter anderem der Umgang mit Cannabis im Straßenverkehr. Die Experten fordern ein stärkeres Vorgehen gegen Mischkonsum beim Autofahren.
Gefahren durch Wechselwirkung von Cannabis und Alkohol
Nach der Teillegalisierung hatte der Gesetzgeber im Sommer vergangenen Jahres auch einen neuen Grenzwert für Cannabis im Straßenverkehr eingeführt. Seitdem dürfen Fahrer mit bis zu 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum am Straßenverkehr teilnehmen. Der Wert gilt als vergleichbar mit dem Risiko einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille. Bei der Neuregelung habe die Politik allerdings Wechselwirkungen zwischen Alkohol und Cannabis unterschätzt, sagen Experten.
Schon geringe Dosen steigern die Wirkungseffekte gegenseitig. Und wir wissen, dass beispielsweise 2022 bei jedem zweiten tödlichen Drogenunfall auch Alkohol im Spiel war.
Kirstin Zeidler, Unfallforscherin beim Gesamtverband der Deutschen Versicherer (GDV)
In seinen Abschlussempfehlungen fordern die Mitglieder des Verkehrsgerichtstags daher strengere Vorschriften. Analog zu Fahranfängern sollte im Zusammenspiel mit Alkohol künftig eine "Nulltoleranz" für Cannabis gelten.
Cannabis: Testmöglichkeiten nicht auf Grenzwerte zugeschnitten
Auch die Testmöglichkeiten für Cannabis im Straßenverkehr seien noch nicht auf die neue Realität angepasst, so unter anderem die Kritik aus Reihen der Polizei. Bei Verkehrskontrollen stehen vor Ort meist nur Tests zur Verfügung, die zwar einen zurückliegenden Konsum von Cannabis anzeigen können, allerdings keinen exakten THC-Wert.
Für wirksame Kontrollen fehlen uns moderne Nachweis- und Analyseinstrumente.
Michael Mertens, Gewerkschaft der Polizei (GdP)
Solche Tests befinden sich derzeit noch in der Erprobungsphase. Der Verkehrsgerichtstag mahnt, die Bundesregierung müsse sich stärker für die Entwicklung genauerer Testmöglichkeiten einsetzen.
Attraktivität des Fußverkehrs soll gesteigert werden
Auch das Thema Fußverkehr stand in Goslar auf der Tagesordnung. Nachdem die Zahl im Straßenverkehr getöteter Fußgänger seit der Jahrtausendwende fast kontinuierlich gesunken war, kam es gerade in den vergangenen Jahren wieder zu einem Anstieg. Wolfgang Packmohr vom Fachverband Fußgänger Deutschland wünscht sich ein Umdenken in der Verkehrspolitik.
Ich hoffe, dass jetzt ein Bewusstsein dafür entsteht, dass Fußverkehr eigentlich die Grundmobilitätsart ist.
Wolfgang Packmohr, Fachverband Fußgänger Deutschland
Die Expertengruppe, an der Packmohr teilgenommen hatte, fordert unter anderem verpflichtende Fahrzeug-Assistenzsysteme, die Fußgänger erkennen können, sowie getrennte Grünphasen für Fußgänger und Abbiegeverkehr.
Experten fordern Mindeststandards bei MPU-Vorbereitungen
Empfehlungen gaben die Fachleute außerdem zum Bereich der Medizinisch-Psychologischen Untersuchungen (MPU) ab. MPUs werden häufig nach Alkohol- oder Drogenfahrten notwendig, um den Führerschein behalten zu dürfen.
Doch rund um die Untersuchung hätten sich gerade in den vergangenen Jahren zweifelhafte Geschäftspraktiken etabliert. Anbieter von MPU-Vorbereitungen würden teilweise mit unseriösen Erfolgsgarantien operieren und nicht über die notwendigen Qualifikationen verfügen, so die Vorstellung des Arbeitskreises auf dem Verkehrsgerichtstag.
Anbieter, die nach anerkannten Kriterien arbeiten, sollten daher künftig auf einer Positivliste erfasst werden. Um Täuschungen bei MPU-Gutachten besser erkennen zu können, fordern die Experten zudem Abstinenz-Belege als Teil des Gutachtens einzureichen.
Quelle: dpa
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