Cannabis-Anbauvereine: Ausgebremst durch die Bürokratie?

    Genehmigungen für Anbauvereine:Cannabis-Anbau: Ausgebremst durch Bürokratie?

    Jan Henrich
    von Jan Henrich
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    Ursprünglich war der 1. Juli als Startschuss für die Cannabis-Anbauvereine gedacht. Eine ZDFheute-Umfrage ergab: In den meisten Bundesländern verzögern sich die Genehmigungen.

    Hanfpflanze, aufgenommen am 04.04.2024
    Nur Niedersachsen haben die Behörden bislang einige Cannabis-Anbauvereine genehmigt.
    Quelle: Imago

    Mit der Teillegalisierung von Cannabis sollte der Schwarzmarkt eingedämmt werden. Als zentraler Baustein dafür waren die Cannabis-Anbauvereine gedacht: Nicht-kommerzielle Clubs, in denen die Abgabe von Cannabis zum Freizeitkonsum unter strengen Regeln stattfinden sollte.
    Doch die Hürden für die Vereine sind hoch und die Erlaubnisverfahren könnten sich noch Monate hinziehen.

    Zuständigkeiten für Anbau-Genehmigungen unterschiedlich geregelt

    Eine ZDFheute-Umfrage in allen Bundesländern hat ergeben: Seit Inkrafttreten des Gesetzes haben bundesweit mindestens 182 Vereine Anträge für den Cannabis-Anbau gestellt.
    Doch lediglich in Niedersachsen haben die Behörden bislang Antragsverfahren abgeschlossen. Dort wurden acht Vereine genehmigt und weitere acht abgelehnt.
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    Kurios ist die Situation in Berlin. Dort kann die Senatsverwaltung für Gesundheit keine Angaben dazu machen, wie viele Anträge es überhaupt gibt. Man habe derzeit selbst eine Abfrage bei den Berliner Bezirksämtern laufen, heißt es. Die Zuständigkeit für die Verfahren ist in Berlin noch nicht abschließend festgelegt.

    • Baden-Württemberg: 40
    • Bayern: 20
    • Berlin: keine Angabe
    • Brandenburg: 5
    • Bremen: 1
    • Hamburg: 7
    • Hessen: 9
    • Mecklenburg-Vorpommern: 3
    • Niedersachsen: 21
    • Nordrhein-Westfalen: 32
    • Rheinland-Pfalz: 17
    • Saarland: 2
    • Sachsen: 8
    • Sachsen-Anhalt: 4*
    • Schleswig-Holstein: 9
    • Thüringen: 4
    • Bundesweit: 182

    Quelle: ZDFheute-Umfrage, Stand 6. bis 8. August 2024
    *Sachsen-Anhalt: Stand Ende Juli

    Viele Behörden verweisen auf die gesetzlichen Fristen, wonach ab Eingang aller notwendigen Unterlagen drei Monate Zeit sei, um über den Antrag zu entscheiden. In Sachsen beispielsweise rechnet man damit, dass Ende September die ersten Vereine eine Erlaubnis erhalten. Erst dann kann der Anbau von Cannabis beginnen.

    Strenge Vorgaben für Anbauvereine im Cannabis-Gesetz

    Die Vereine müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllen, um überhaupt eine Erlaubnis zu bekommen. Das Gesetz sieht beispielsweise Abstandsregeln vor und Vorschriften, wie Räumlichkeiten gesichert werden sollen.
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    Zudem muss jeder Verein ein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept vorhalten sowie polizeiliche Führungszeugnisse von Vorstandsmitgliedern einreichen.
    Auch im laufenden Betrieb sind die Regeln streng. Neben Maßnahmen zur Qualitätssicherung des angebauten Cannabis müssen die Vereine zudem alle Vorgänge penibel genau dokumentieren. Etwa, wie viel Gramm jedes Mitglied bekommen hat, welchen durchschnittlichen THC-Gehalt das Cannabis hat und wann Transporte stattgefunden haben.
    Ob die Voraussetzungen eingehalten werden, wollen die Behörden engmaschig überwachen. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit hat bereits angekündigt, einmal im Quartal Kontrollen durchzuführen.
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    Hohe Hürden und hohe Kosten für Cannabis-Clubs

    Auf die zahlreichen gesetzlichen Regeln habe man sich eingestellt, sagt Yoroslav Lysytsia vom Cannabis-Club Alpine Aroma Agency in München. Rund 60 Mitglieder umfasst der Verein, dessen Antrag auf Erlaubnis zum Cannabis-Anbau derzeit von den Behörden in Bayern geprüft wird.
    Lysytsia selbst habe eine Schulung zum Präventionsbeauftragten durchlaufen, zudem habe man juristische Beratung bei den Vorbereitungen in Anspruch genommen. Nun stehe man dennoch vor der Situation, dass man nicht weiß, ob und wann man überhaupt starten könne.

    Die Unklarheit ist das größte Problem.

    Yoroslav Lysytsia, Präventionsbeauftragter Alpine Aroma Agency

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    Gleichzeitig häufen sich die Kosten. Allein für die Bearbeitung des Antrags hatte die zuständige Behörde nach Angaben des Vereins eine Gebühr von 3.500 Euro veranschlagt. Hinzu kommen laufende Kosten für gemietete Räumlichkeiten.

    Regeln werden als streng wahrgenommen

    Dennoch gibt sich Lysytsia optimistisch. Man wolle sich nicht verstecken, sondern transparent und verantwortungsbewusst mit dem Thema umgehen. Durch die gute Vorbereitung könne man den Mitgliedern ein Angebot machen, dass attraktiver als der Schwarzmarkt sei.
    Jan Henrich
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    Ob das mit den hohen Auflagen überall in Deutschland möglich ist, hält Lysytsia allerdings für unwahrscheinlich.

    Ich habe Zweifel, dass der Schwarzmarkt so ausgetrocknet werden kann.

    Yoroslav Lysytsia, Präventionsbeauftragter Alpine Aroma Agency

    Selbst wenn alles reibungslos läuft, rechnet der Münchener Verein damit, erst Anfang des kommenden Jahres die erste Ernte einfahren zu können.
    Jan Henrich ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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