Mindeststrafen werden gesenkt:Buschmann entschärft Kinderpornografie-Gesetz
von Dominik Rzepka und Britta Spiekermann
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Wer Missbrauchsabbildungen von Kindern besitzt oder verbreitet, begeht in bestimmten Fällen kein Verbrechen mehr, sondern nur ein Vergehen. Das Kabinett hat die Reform gebilligt.
Die Bundesregierung macht die 2021 in Kraft getretene Strafverschärfung für den Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie teilweise rückgängig. Was sind die Gründe dafür?07.02.2024 | 2:02 min
"Mama, Mama, wir haben ganz komische Bilder bekommen." Mit diesem Satz wendet sich die damals zehnjährige Tochter an ihre Mutter. Sie zeigt ihr Fotos aus dem Klassenchat. Darin: Fotomontagen. Kindergesichter auf nackten Unterkörpern.
Die Mutter ist Elternsprecherin an der Schule ihrer Tochter. Sie leitet die Bilder in einer Mail an die Klassenlehrer weiter. So etwas dürfe nie wieder passieren, schreibt sie. Und macht sich damit strafbar. Die Mutter wird verhört, ihr Handy beschlagnahmt. Ihr Leben ist seitdem nicht mehr dasselbe.
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2021: Aus Vergehen wird Verbrechen
Wer Missbrauchsabbildungen von Kindern besitzt und sie weiterleitet, dem drohen harte Strafen. Im Jahr 2021 hat die damalige Justizministerin, Christine Lambrecht (SPD), das Gesetz verschärft. Aus einem Vergehen wurde ein Verbrechen. Mindeststrafe: ein Jahr Gefängnis.
Doch genau diese Verschärfung nimmt Justizminister Marco Buschmann (FDP) nun zurück. Die Gesetzesänderung im Jahr 2021 habe zu zahlreichen Problemen geführt. Etwa für Menschen, die solches Material ungewollt zugespielt bekommen, zum Beispiel in WhatsApp-Gruppen.
In der gesellschaftlichen Diskussion wird häufig vertreten, dass der Begriff "Kinderpornografie" unpassend sei, da er Gewalt gegen Kinder verharmlose. Es gibt für diese Ansicht gute Argumente. Der strafrechtliche Paragraf § 184b StGB spricht jedoch von der Verbreitung von "kinderpornografischen" Schriften. Im Alltag wird auch oft der Begriff "Sexualisierte Gewalt gegen Kinder" oder "dokumentierter Kindesmissbrauch" verwendet.
"Um den Staatsanwaltschaften und Gerichten die Möglichkeit zurückzugeben, flexibel und verhältnismäßig auf jeden Einzelfall angemessen reagieren zu können, werden wir im Wesentlichen zur alten Rechtslage zurückkehren", sagt Buschmann.
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Buschmann: Zehntausende Fälle
Laut Buschmann geht es um eine "hochrelevante Zahl an Fällen". Der Minister spricht von tausenden bis zehntausenden Fällen. In einer einzigen WhatsApp-Gruppe einer Schulklasse mit 25 Schülern könnten auf einen Schlag 50 Eltern betroffen sein.
Am Mittwoch hat das Kabinett Buschmanns Vorhaben beschlossen. Dahinter stehe, so der Minister, der dringende Wunsch unter anderem von Strafverfolgern, Staatsanwälten und Gerichten. Die Strafverfolgung müsse wieder effizienter organisiert werden, so Buschmann.
Ermittlungsbehörden und Gerichte haben damit die Möglichkeit, Verfahren einzustellen, in denen davon auszugehen ist, dass keine kriminelle Absicht vorliegt.
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Kritik daran kommt von Betroffenen. Natürlich dürfe eine Mutter, die ein entsprechendes Foto sichere und es der Polizei zur Verfügung stelle, nicht ins Gefängnis müssen, sagt Ingo Fock vom Verein "Gegen-Missbrauch.de". "Aber genau das hätte Buschmann als minderschweren Fall definieren können", so Fock.
Stattdessen könnten Verfahren zum Beispiel gegen Lehrer gegen Geldstrafe eingestellt werden, wenn sie Material mit Missbrauchsabbildungen besitzen. Somit erfolge auch kein Eintrag ins erweiterte Führungszeugnis und die Personen könnten weiter als Lehrer arbeiten, kritisiert Fock.
Buschmann weist Kritik zurück
Kritik, er verharmlose die Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten, weist Buschmann zurück. Der erhöhte Strafrahmen gelte weiter und es handele sich nach wie vor um eine schwere Straftat.