AfD-Klage: Verfassungsgerichtentscheid über Ausschussvorsitz

    FAQ

    Bundesverfassungsgericht zu AfD:Entscheid über Ausschussvorsitze im Bundestag

    Samuel Kirsch
    von Samuel Kirsch
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    Einmal mehr sieht sich die AfD im Bundestag benachteiligt. In Karlsruhe will sie Vorsitzposten in Bundestagsausschüssen erstreiten. Wie stehen die Chancen?

    Karlsruhe urteilt zu AfD-Klage
    Im Bundestag stehen der AfD eigentlich drei Ausschussvorsitze zu. Doch ihre Kandidaten wurden nicht gewählt. Die AfD sieht sich benachteiligt und hatte Klage beim Verfassungsgericht eingereicht.18.09.2024 | 2:21 min
    "Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt" - so erklärte der AfD-Politiker Stephan Brandner im März, warum die AfD und ihre Vertreter derzeit gleich 20 so genannte Organklagen, etwa gegen die Bundesregierung oder den Bundestag, beim Bundesverfassungsgericht führen.
    Eine davon haben die Richterinnen und Richter nun abgearbeitet und werden am Vormittag ihr Urteil verkünden. Es geht um die Verteilung der Vorsitzposten für die Ausschüsse im Deutschen Bundestag.

    Worüber entscheidet das Gericht?

    Die Kernfrage, die die Richterinnen und Richter beantworten werden, lautet: Haben die Fraktionen ein Besetzungsrecht für die Vorsitze oder können Kandidaten per Wahl abgelehnt werden?
    AfD-Klagen zu Bundestagsausschüssen
    Die AfD sieht ihr Recht auf Gleichbehandlung verletzt, da sie aktuell keinen Vorsitz im Bundestagsausschuss stellt - und ist im März 2024 deshalb vor das Bundesverfassungsgericht gezogen.20.03.2024 | 2:36 min
    In der aktuellen Legislaturperiode beansprucht die AfD drei Bundestagsausschüsse für sich: den Innenausschuss, den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und den Gesundheitsausschuss. Doch keinen ihrer Kandidaten konnte sie bei Wahlen in den Ausschüssen durchsetzen.

    Warum klagt die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht?

    Die AfD-Fraktion sieht sich dadurch in ihren Fraktionsrechten verletzt. Sie argumentiert, ihrer Fraktionsgröße nach stünden ihr die Vorsitze zu. In den Ausschüssen zu wählen, sei "ein ganz klarer Bruch des Geschäftsordnungsrechts, ein ganz klarer Bruch mit jahrezehntelangen Traditionen - dass das, was im Ältestenrat vereinbart ist, nämlich die Ausschussvorsitze, dass die dann letztendlich der Fraktion auch zustehen, für die sie vereinbart wurden", so Stephan Brandner gegenüber ZDFheute.
    Zudem geht es um einen Vorgang im Jahr 2019, also noch in der alten Wahlperiode: Damals wählte der Rechtsausschuss seinen bisherigen Vorsitzenden, besagten AfD-Mann Brandner, mit den Stimmen aller Fraktionen außer der AfD-Fraktion wegen verbaler Entgleisungen ab.
    Die Richterinnen und Richter werden entscheiden, ob die Abberufung Brandners 2019 sowie die Nicht-Wahl der AfD-Kandidaten in dieser Legislaturperiode möglich war.
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    Wie ist geregelt, wer Ausschussvorsitzender wird?

    Laut Geschäftsordnung des Bundestags "bestimmen" die Ausschüsse ihre Vorsitzenden. Wie genau, ist rechtlich umstritten. Die Frage ist im Falle der AfD erstmals relevant geworden.
    Bisher wurden die Vorsitze entweder im Ältestenrat des Bundestags ausgehandelt oder durch ein so genanntes Zugriffsverfahren vergeben. Die Fraktionen dürfen danach in der Reihenfolge ihrer Größe reihum auf einen Ausschuss zugreifen und den Vorsitzenden oder die Vorsitzende benennen. Eine weitere Wahl in den Ausschüssen fand in der Vergangenheit üblicherweise nicht statt.
    2021 jedoch wurden die Vorsitzenden in den meisten Ausschüssen abweichend von der bisherigen Praxis durch Wahl bestimmt. Weil die AfD-Kandidaten jeweils eine Mehrheit verpassten, leiten die stellvertretenden Vorsitzenden aus den Reihen der Ampel-Fraktionen diese Ausschüsse kommissarisch.

    Warum erhielten die AfD-Kandidaten nicht genügend Stimmen?

    Manuela Rottmann, Abgeordnete der Grünen, verweist gegenüber ZDFheute auf die Erfahrungen, die man in der vergangenen Legislaturperiode mit AfD-Ausschussvorsitzenden gemacht habe. Diese hätten das Amt nicht überparteilich ausgeübt.
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    "Das ist konkret das Beispiel Stephan Brandner als Vorsitzender des Rechtsausschusses in der vergangenen Wahlperiode - der als Ausschussvorsitzender auf Einladung zum Beispiel des Deutschen Anwaltsvereins reine AfD-Reden gehalten hat, der auch stark in Konflikte gegangen ist, etwa mit dem Anwaltsverein, auch mit der jüdischen Gemeinde", so Rottmann.

    Und da sind wir dann irgendwann in der Situation, dass die Bürgerinnen und Bürger uns fragen: Aber das ist Euer Ausschussvorsitzender, der spricht ja für euch alle, und wir dann in Mithaftung genommen werden und das ist wirklich ein Problem.

    Manuela Rottmann, Mitglied des Bundestags, Bündnis'90/Die Grünen

    Wie könnte das Verfahren ausgehen?

    Die Richterinnen und Richter müssen verschiedene Rechtsgüter abwägen. Auf der einen Seite steht das Recht auf gleichberechtigte Mitwirkung, auf das die AfD sich beruft. Denn den Ausschussvorsitzenden kommt für die Parlamentsarbeit eine praktisch bedeutsame und herausgehobene Stellung zu.
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    Andererseits beträfe eine Pflicht für Abgeordnete, Ausschussvorsitzende zu akzeptieren, auch wenn sie sich von diesen nicht repräsentiert sehen, deren freies Mandat. Zudem hatte das Bundesverfassungsgericht sich schon in einem vorgelagerten Eilverfahren Gedanken über die Arbeitsfähigkeit des Parlaments gemacht, wenn Ausschussvorsitzender und Ausschussmehrheit nicht an einem Strang ziehen.
    Wie die Entscheidung des Gerichts ausfällt, ist offen. Das Urteil könnte aber so oder so wichtige Grundsätze enthalten, wie weit eine Bundestagsmehrheit in der parlamentarischen Arbeit auch gegen ihren Willen verpflichtet ist, eine Minderheit einzubinden.
    Samuel Kirsch ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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