Bundestagswahl: Wahlwerbespots oft ohne politische Botschaft
Interview
Wahlwerbespots zum Wahlkampf:Politische Botschaft? Oft Fehlanzeige
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Vor der Bundestagswahl erreichen die Parteien Bürger auf unterschiedlichen Wegen. Einer davon sind Wahlwerbespots. Was die Spots über die politischen Strategien aussagen.
Neben Plakaten und Flyern gehören auch Wahlwerbespots im Fernsehen noch immer zum Wahlkampf. Welche Strategien die Parteien mit den Spots verfolgen.
Quelle: ddp
ZDFheute: Warum wählen Politikerinnen und Politiker auch im Jahr 2025 nach wie vor das Format Wahlwerbespot, um zur Bundestagswahl auf sich und die eigenen Botschaften aufmerksam zu machen?
Christian Schicha: Ein ganz entscheidender Grund dafür ist, dass die Wahlwerbespots von allen Parteien, die jeweils zur Wahl zugelassen sind, einen Monat vor Landtags-, Europa- und eben auch Bundestagswahlen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgestrahlt werden müssen. Die Parteien haben also eine kostenlose Werbefläche mit großer Reichweite, was vor allem für kleinere Parteien sehr interessant ist, die nicht das Budget für große Wahlkampagnen haben.
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Aber auch die größeren Parteien nutzen natürlich sehr gerne die Gelegenheit, ihre Spitzenkandidatinnen und -kandidaten auf diese Weise prominent in Szene setzen zu können. Man darf nicht vergessen, dass nicht jede und jeder ständig auf Social Media unterwegs ist und gerade die sehr wichtige Zielgruppe 60+ ist nach wie vor hervorragend über lineares Fernsehen zu erreichen. Zudem ist allein der wiederkehrende Hinweis darauf, dass zeitnah Wahlen stattfinden, für alle Parteien sehr wichtig, um ihre eigenen Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren.
Quelle: Privat
Der Medienwissenschaftler Prof. Dr. Christian Schicha ist Professor für Medienethik am Institut für Theater- und Medienwissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Medienethik und der Politischen Kommunikation. Hier beschäftigt er sich unter anderem mit Formen und Ausprägungen von politischer Inszenierung.
ZDFheute: Was sagen die Spots über Parteien, Kandidatinnen und Kandidaten sowie deren Strategie aus?
Schicha: Letztlich lässt sich parteiübergreifend eine Strategie festhalten: Man setzt in den Wahlkampfzentralen auf Spots, die mit schönen Bildern, Klischees und Stereotypen eine Feelgood-Atmosphäre und einen positiven Gesamteindruck erzeugen und damit die Zuschauenden ein wenig einlullen sollen. Das ist letztlich wie in der Produktwerbung.
Die Spots sind oft enorm beliebig und man weiß am Ende gar nicht, welche Partei dahintersteht.
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Die konkrete politische Botschaft, von der man eigentlich ausgeht, dass diese rüberkommen sollte, geht da meist ein wenig unter.
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Das ist strategisch aber so gewollt und klug. Man will ja nicht allzu konkret in seinen Forderungen werden, die sich in einer Koalition vielleicht nicht umsetzen lassen und am Ende womöglich sonst der Vorwurf des Wortbruchs oder Wahlbetrugs steht.
Werbung ist ja generell kein Gradmesser für Wahrhaftigkeit.
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Es geht darum, die Menschen einzufangen und einen positiven Eindruck zu hinterlassen, der sich bei den ohnehin nicht sonderlich Interessierten dann hoffentlich in einem Kreuz bei der entsprechenden Partei niederschlägt.
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von Robert Meyer
Parteien und sonstige politische Vereinigungen haben "während ihrer Beteiligung an den Wahlen zum Deutschen Bundestag" Anspruch auf eine "angemessene Sendezeit" im Fernsehvollprogramm des ZDF, sofern mindestens eine Landesliste für sie zugelassen wurde. So schreibt es der ZDF-Staatsvertrag in § 11, Abs. 1 vor.
Auch bei Europawahlen ist demnach beteiligten Parteien eine "angemessene Sendezeit" im Fernsehvollprogramm "Zweites Deutsches Fernsehen" einzuräumen, wenn für die jeweilige Partei ein Wahlvorschlag zugelassen wurde.
ZDFheute: Welche Besonderheiten gibt es bei den Werbespots in diesem Wahlkampf?
Schicha: Der Überraschungsgehalt hält sich erwartungsgemäß in Grenzen. Ich beobachte Wahlwerbespots seit mehr als 20 Jahren und diese laufen bei uns eigentlich bis auf wenige Ausreißer immer in der genannten eingespielten Form ab.
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An diesem konventionellen Muster festzuhalten und auf einen Wiederkennungswert zu setzen, ist auch logisch. Schließlich laufen Wahlwerbespots nur in einem sehr begrenzten Zeitraum und nur alle paar Jahre. Da muss den Zuschauenden auf den ersten Blick klar sein, worum es sich handelt. Eine zu große Experimentierfreude wäre dafür sicherlich keine allzu gute Idee. Zumal die Politik ja ein Seriositätsversprechen gibt, das es einzuhalten gilt.
Trotzdem gibt es Besonderheiten: Die FDP versucht zum Beispiel mit dem Verweis auf verschiedene historische Ereignisse in der Bundesrepublik einen neuen Akzent reinzubringen. Die AfD dagegen setzt sehr stark auf Negative Campaigning und ganz geschickt auf ein angstmachendes Storytelling, indem die Geschichte erzählt wird, dass früher alles besser gewesen und das große Unheil durch die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel über das Land hereingebrochen sei.
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ZDFheute: Welcher Wahlwerbespot ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Schicha: Hängengeblieben ist bei mir beispielsweise ein Wahlwerbespot der AfD zur Bundestagwahl 2013, für den die Partei vermeintlich echte Wählerinnen und Wähler vor die Kamera geholt hat, die sich über Missstände in der Republik beklagt haben. Das Satiremagazin extra3 hat schließlich herausgefunden, dass es sich bei den Wählerinnen und Wählern letztlich um gecastete Schauspielerinnen und Schauspieler gehandelt hat.
Das Bündnis 90/Die Grünen hat im Bundestagswahlkampf 2005 tatsächlich auf Ironie gesetzt und in einem Werbespot Joschka Fischer und Ottfried Fischer gemeinsam auftreten lassen. In anderen Ländern ist das übrigens viel üblicher: In Großbritannien hat Boris Johnson sogar schon mit einer parodierten Filmszene dafür geworben, für ihn zu wählen.
Die Bundestagswahl hat begonnen. Seit 8:00 Uhr sind die Wahllokale geöffnet. Scholz und Merz haben ihre Stimme bereits abgegeben. Alle News im Liveblog.
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Quelle: dpa
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