Bundestagswahl: Was die Wahlbeteiligung beeinflussen kann

    Bundestagswahl:Was die Wahlbeteiligung beeinflussen kann

    Lana Ulman
    von Lana Ulman
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    Bei der letzten Bundestagswahl hatte Sachsen-Anhalt bundesweit die niedrigste Wahlbeteiligung. Am geringsten war sie im Salzlandkreis. Was steckt dahinter? Eine Spurensuche.

    Eine Frau wirft im Briefwahllokal vor dem Plakat «Alle Stimmen zählen» ihren Briefwahlumschlag nach ihrer frühzeitigen Stimmabgabe zur Bundestagswahl in die Wahlurne.
    Bei der letzten Bundestagswahl war die Wahlbeteiligung im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt besonders gering. Wie blicken die Menschen dort diesmal auf die Wahl? 11.02.2025 | 1:37 min
    Olaf Scholz lächelt aus dem Flussbett der Ehle. Schon mehrfach wurde die Wahltafel der SPD abgerissen, diesmal sogar ins Wasser geworfen. Es ist ein sonniger, ruhiger Wintertag in der Stadt Egeln mit ihren 3.219 Einwohnern.
    Am stillgelegten Bahnhof mit historischer Backsteinfassade und rot-beiger DDR-Lok streift nur eine Katze durchs meterhohe Unkraut. Ein provisorisch wirkender Busbahnhof wurde als Ersatz nach der Wende eingerichtet.
    Mittlerweile fahren von hier regelmäßig Busse zur 28 Kilometer entfernten Landeshauptstadt Magdeburg. Am Ausbau des Busverkehrs werde weiter gearbeitet, erklärt Bürgermeister Reinhard Luckner:

    Das ist eine ländliche Gegend. Da ist es ganz wichtig, die kurzen Strecken auch mit dem Bus bewältigen zu können. Gerade für die älteren Leute.

    Reinhard Luckner, Bürgermeister von Egeln

    In den Supermarkt gegenüber kommen sie aus der ganzen Umgebung zum Einkaufen, aber Egelner findet man kaum. Das Geld ist am Anfang des Jahres einfach knapp. 2021 lag das verfügbare Haushaltseinkommen im Salzlandkreis, zu dem Egeln zählt, 3.100 Euro unter dem bundesweiten Jahres-Durchschnitt.

    Daten für das Jahr 2021



    Erwartungen an Politik
    Andreas Wunn und Dunja Hayali waren in Berlin am Wittenberg- und Rio-Reiser-Platz unterwegs und haben sich auf der Straße erkundigt, welche Erwartungen die Menschen an die neue Regierung haben.21.02.2025 | 2:13 min

    Niedriges Einkommen - niedrige Wahlbeteiligung?

    Wenig Einkommen wirkt sich negativ auf die Wahlteilhabe aus, so das Ergebnis einer Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Drei Einfluss-Faktoren seien dafür entscheidend, sagt Politologin Nicole Loew:

    Neben meinem Einkommen, meiner formalen Bildung, also meinen "Ressourcen", sind das meine "Motivation" und meine "sozialen Netzwerke", d.h. die Menschen, die um mich herum sind: Freunde, Familie.

    Nicole Loew, Politologin

    Und sie erklärt weiter: "Wenn diese zur Wahl gehen, dann erhöht das auch meine Chance wählen zu gehen. Wenn darunter viele Nichtwählende sind, macht es das sehr wahrscheinlich, dass ich auch nicht wähle."
    Wirtschaft
    Neben der Migration war die Wirtschaft das entscheidende Thema in den letzten Wochen. Kein Wunder: Ökonomisch steckt Deutschland in einer fundamentalen Krise.21.02.2025 | 2:20 min
    Die frühere Altenpflegerin Cornelia Binieck schiebt ihren Einkaufswagen Richtung Markteingang. Seit einer Erkrankung findet sie keinen Job mehr. Sie bezieht Bürgergeld, davon blieben ihr monatlich 150 Euro zum Leben, sagt sie.
    Nichtwähler seien vielleicht politikmüde, vermutet Binieck und sagt mit Blick auf die Politik: "Die drücken uns nur das Geld ab und drücken und drücken." Andere sehen Enttäuschung bei Menschen als Grund für das Nichtwählen, weil sie sich "vergessen und nicht gehört fühlen".
    Der junge Bauunternehmer Marco Elze sagt, er gehe immer wählen:

    Das sehe ich schon als meine Verantwortung wählen zu gehen. Mit der Briefwahl wird es einem auch leicht gemacht.

    Marco Elze

    Kein einziger Nichtwähler unter den Befragten - Zufall oder wollten einige nur nicht darüber sprechen?
    Stimmungsbild der Erstwähler
    Zu dieser Bundestagswahl sind rund 2,3 Millionen Erstwähler berechtigt wählen zu gehen. Wovon machen junge Menschen ihre Wahl abhängig? 17.02.2025 | 1:54 min

    Expertin: Nichtwähler sehr "diverse Gruppe"

    Die Politologin Nicole Loew erklärt, "wenn jemand einmal Nichtwähler ist, bleibt er mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Nichtwähler." Aber sie hätten herausgefunden, dass es eine "sehr diverse Gruppe ist". Es gebe sehr unterschiedliche Gründe, nicht zur Wahl zu gehen. Menschen, die nur einmal, vielleicht zweimal an einer Wahl nicht teilgenommen hätten, "können schon motiviert werden, auch wieder zur Wahl zu gehen."
    Besonders wichtig sei es, junge Wähler erst gar nicht zu Nichtwählern werden zu lassen. Einige fühlten sich einfach nicht gut genug informiert, erklärt die Expertin. Das sei gerade bei jungen Menschen ein großes Problem, "weil Wahlverhalten sich ja noch nicht so verstetigt hat."

    Und gerade für die ist es natürlich wichtig, dass sie sich gut gewappnet für eine neue Wahl fühlen.

    Nicole Loew, Politologin

    Tarifverhandlungen Bahn
    Ländliche Räume müssen erheblich in ihre Infrastruktur investieren. Wie hier in Sachsen-Anhalt braucht es nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch innovative Ideen.17.02.2025 | 2:43 min

    Bürgermeister: "Leute wollen Veränderung"

    Das historische Städtchen Egeln entpuppt sich durch die Nähe zu Magdeburg als ein Ort im Kommen. Da es hier ruhig ist, es Spielplätze, Kitas, Schulen und Ärzte gibt, ziehen immer mehr junge Familien mit Kindern zu und bauen auch.
    Bürgermeister Reinhard Luckner wirkt optimistisch, sieht derzeit eine viel höhere Wahlbereitschaft unter den Bürgern. Mit Blick auf die Wahl am 23. Februar ist er sich sicher:

    Die Leute wollen eine Veränderung, wollen diesmal einen Unterschied mit ihrer Stimme machen.

    Reinhard Luckner, Bürgermeister von Egeln

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    Quelle: dpa

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