mit Video
Analyse
Koalitionsverhandlungen:Union und SPD: Milliarden für Glasfaserausbau
von Patrick Müthing und Dominik Rzepka
|
Bei ihren Koalitionsverhandlungen haben sich Union und SPD geeinigt, das schnelle Internet auszubauen. Glasfaser soll mit 3,5 Milliarden Euro gefördert werden.
Glasfaser in jeder Wohnung, das plant eine mögliche künftige schwarz-rote Koalition. (Archivfoto)
Quelle: dpa
Für die gescheiterte Ampel-Koalition war es eines der wichtigsten Themen überhaupt: Digitalisierung stand am Anfang des Koalitionsvertrags. Für die selbsternannte Fortschrittskoalition war das die Klammer, die SPD, Grüne und FDP verbinden sollte.
Im zurückliegenden Bundestagswahlkampf hat das Thema kaum eine Rolle gespielt. Und auch die Arbeitsgruppe 3, die das Thema für eine mögliche schwarz-rote Koalition verhandelt hat, steht nicht gerade im Mittelpunkt. Dabei haben die Unterhändler von Union und SPD in vielen Punkten recht geräuschlos Einigkeit erzielt.
Schwarz-Rot: Glasfaser in jeder Wohnung
In dem Papier der entsprechenden Arbeitsgruppe, das die Unterhändler bis Montagabend abgeben sollten und das ZDFheute nun vorliegt, heißt es gleich zu Beginn:
Wir werden Deutschland auf die digitale Überholspur bringen.
Entwurf des Koalitionsvertrags
Unter anderem plant Schwarz-Rot den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Glasfaser müsse es bis in jede Wohnung geben. Durch Förderprogramme soll schnelles Internet auch dort zugänglich sein, "wo kein marktgetriebener Ausbau möglich ist".
Förderung soll 3,5 Milliarden Euro kosten
Dort also, wo private Unternehmen wie die Telekom kein Glasfaser verlegen wollen oder können, soll der Staat einspringen. Im Entwurf eines möglichen Koalitionsvertrags heißt es:
Bei der Gigabitförderung schaffen wir eine auskömmliche Mittelausstattung.
Entwurf des Koalitionsvertrags
Union und SPD planen, den Glasfaserausbau per Gesetz als "überragendes öffentliches Interesse" zu definieren. Außerdem sollen alte Kupferkabel durch Glasfaser ersetzt werden.
Am Ende ihres Papiers veranschlagen die Verhandler eine Summer von 3,5 Milliarden Euro für die Förderung des Glasfaserausbaus. Diese Summe sei am 21. März gegen 23:30 Uhr an das Finanzministerium "zur Prüfung geschickt" worden, heißt es. Und weiter: "Eine Antwort liegt bis jetzt noch nicht vor."
Verwaltung soll "zunehmend antragslos" werden
Wenig sagen die künftigen Koalitionspartner zum Stand der digitalen Verwaltung, die von vielen Bürgern als reichlich ineffektiv angesehen wird. Sie solle aber vernetzt, leistungsfähig und nutzerzentriert sein - und dabei "zunehmend antragslos, lebenslagenorientiert und rein digital".
Außerdem müsse Deutschland digital souverän werden, also weniger angewiesen sein zum Beispiel von US-amerikanischen Konzernen. "Dazu werden wir digitale Abhängigkeiten abbauen, indem wir Schlüsseltechnologien entwickeln, Standards sichern, digitale Infrastrukturen schützen und ausbauen", heißt es in dem Papier.
Verwaltung nutzt kaum Microsoft-Alternativen
Bisher greift die öffentliche Verwaltung in weiten Teilen auf Office-Programme wie Word, Excel oder Powerpoint zurück, die zum US-Konzern Microsoft gehören. Die ehemalige Linken-Abgeordnete Anke Domscheit-Berg kritisiert, dass in der Verwaltung kaum Alternativen eingesetzt würden.
Aus einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung, die ZDFheute vorliegt, geht hervor, dass an diesen Alternativen zwar gearbeitet werde. Sie würden aktuell aber noch nicht in der Bundesverwaltung eingesetzt. Domscheit-Berg kritisiert, dass es bis heute an relevanten Grundlagen für eine solche Entwicklung fehle:
Es ist bisher eine Umsetzung mit angezogener Handbremse. Schöne Worte hatten wir schon in jedem Koalitionsvertrag, wenn sie jetzt ambitionierte Zielmarken definieren, könnte es klappen.
Anke Domscheit-Berg, ehem. Linken-Abgeordnete
Zum Lösen der Handbremse gehöre auch, zeitnah die finanziellen Mittel an der richtigen Stelle einzusetzen.
Kompromisse sollen am Freitag gefunden werden
Uneins sind sich Union und SPD unter anderem bei der Regulierung von Künstlicher Intelligenz. Die CDU will den sogenannten AI-Act, der KI auf europäischer Ebene regelt, überarbeiten. Belastungen für die Wirtschaft sollen abgebaut werden.
Die SPD fordert ein verbindliches Ziel für sogenannte Open Source-Anwendungen - also für Software, die mit einem für alle einsehbaren Code programmiert wird. Bis 2029 soll der Anteil von Open Source bei 50 Prozent liegen. Die Union will lediglich "ambitionierte Zielmarken" beschließen.
Konflikte wie diese müssen jetzt die Spitzen der Parteien lösen. Ab Freitag verhandeln sie abwechselnd in den Parteizentralen von CDU und SPD sowie der bayerischen Landesvertretung, wie die Generalsekretäre der Parteien sagen:
Vor uns liegt ein hartes Stück Arbeit, aber wir gehen diese Aufgabe weiter lösungsorientiert und konstruktiv an.
Carsten Linnemann, Martin Huber, Matthias Miersch
Nachrichten zur Bundestagswahl
"Abschiebetickets" verteilt:AfD-Aktion: Kein Verfahren wegen Volksverhetzung
von Luisa Houben
Neue Fraktion:Wer für die Linke jetzt im Bundestag sitzt
von Dorthe Ferber
Interview
Stand der Koalitionsgespräche:Junge in der Union üben scharfe Kritik an SPD
von Patrick Müthing
mit Video
Geleaktes Verhandlungspapier:Informationsfreiheitsgesetz vor dem Aus?
von Diana Zimmermann
FAQ
Schwarz-rote Koalitionsgespräche:Wie könnte das künftige Kabinett aussehen?
Interview
Luke Hoß mit 23 im Bundestag:Jüngster Abgeordneter: Überrascht vom Einzug
Analyse
Koalitionsverhandlungen:Union und SPD: Milliarden für Glasfaserausbau
von Patrick Müthing und Dominik Rzepka
FAQ
Steinmeier entlässt Olaf Scholz:Geschäftsführender Kanzler: Was heißt das genau?
Interview
Neue Bundestagspräsidentin:Julia Klöckner: "Demokratie ist Zumutung"
Liveblog
Erste Sitzung des Bundestags:Neue Legislaturperiode begonnen: Das war der Tag
FAQ
Umstrittener CSU-Politiker:Warum Günther Felßner hinwirft
von S. Pfanzelt, J. Schmidt-Farrent