Bundestagswahl: Spitzenkandidaten schweigen zu Aktienvermögen

    Wo investieren Politiker?:Spitzenkandidaten schweigen zu Aktienvermögen

    von Hannes Munzinger, Frederik Obermaier und Elisa Simantke
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    Merz, Habeck und Lindner schweigen zu privaten Geldanlagen. Experten sehen die Gefahr von Interessenkonflikten. Merz wurde mit Aktien Multimillionär, Scholz meidet Finanzprodukte.

    Scholz, Lindner, Habeck und Merz im Bundestag
    Merz, Habeck und Linder schweigen zu ihren konkreten Aktieninvestments - Scholz besitzt laut eigenen Aussagen "keinerlei Aktienvermögen".
    Quelle: epa

    Wie legen die Männer und Frauen, die ins Kanzleramt einziehen wollen, ihr Geld an? Welche Aktien besitzen sie? An welchen Finanzprodukten halten sie Anteile? Fast alle Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien verweigern Auskunft oder bleiben zu diesen Fragen von ZDF frontal und "Spiegel" unkonkret.
    CDU-Chef Friedrich Merz, der grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck und FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner teilten mit, dass sie sich an die Anzeige- und Veröffentlichungspflichten für Bundestagsabgeordnete halten. Die gelten aber als lückenhaft - erst ab fünf Prozent Aktienbesitz an einem Unternehmen muss dieses offengelegt werden. Wenn Abgeordnete in Regierungsverantwortung kommen, kann allerdings auch Aktienbesitz unter dieser Schwelle zu Interessenkonflikten führen.
    Die Spitzenkandidatinnen von AfD und BSW, Alice Weidel und Sahra Wagenknecht, antworteten erst gar nicht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gab die Auskunft, dass er "keinerlei Aktienvermögen oder ähnliche Finanzprodukte" besitze. So hält es auch die Spitzenpolitikerin der Linken Heidi Reichinnek.
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    Merz freute sich über "sensationellen Börsenerfolg"

    Unionsmann Merz hatte mit Unternehmensanteilen vor seiner Rückkehr in die Politik ein Millionenvermögen gemacht. Bekannt ist seine Rolle als oberster Aufseher beim deutschen Ableger des Vermögensverwalters Blackrock. Weniger beachtet wurde sein Engagement für den Schweizer Zughersteller Stadler Rail.
    Von 2006 bis 2020 saß Merz im Verwaltungsrat der Aktiengesellschaft. Er habe seine "Verwaltungsratsvergütungen in ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm gesteckt und dieses Unternehmen ist dann viele, viele Jahre später an die Börse gegangen und hat einen sensationellen Börsenerfolg gefeiert", sagte Merz kürzlich in einem Interview - "das war schön".
    Zum Zeitpunkt des Börsengangs im April 2019 hielt Merz 150.000 Aktien im Wert von umgerechnet etwa 5,5 Millionen Euro. Ob der Unions-Kanzlerkandidat heute noch immer Aktien besitzt, verrät das Unternehmen nicht. Und er selbst verweigert dazu jede Auskunft. Auf konkrete Nachfrage verweist ein Sprecher des Kanzlerkandidaten der Union auf die Bundestagsseite von Friedrich Merz. "Darüber hinaus äußern wir uns nicht." Zu Aktienbesitz oder Finanzprodukten steht dort freilich nichts.
    Ein Mann lädt auf einem Gehweg leere, zusammengeklappte Kisten in sein Lastenfahrrad. Auf dem Lastenfahrrad steht der Text "foodsharing.de". Im Hintergrund ist der Eingang zu einem Lebensmittelgeschäft zu sehen.
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    Auch Lindner und Habeck bleiben vage

    Auch der Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, und FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner ließen mitteilen, dass sie sich an die Veröffentlichungspflichten des Abgeordnetengesetzes halten, ließen jedoch offen, ob sie Aktien besitzen. Der grüne Kanzlerkandidat lässt in Sachen Finanztransparenz von Mandatsträgern auf das grüne Wahlprogramm verweisen. Dort steht, transparente Politik stärke das Gemeinwohl.
    "Dafür müssen mögliche finanzielle Interessen offengelegt und Karenzzeiten für ausscheidende Regierungsmitglieder erhöht werden." Eine grüne Forderung, der Habeck schon vor der Wahl nachkommen könnte. Als Finanzminister war FDP-Mann Lindner offener mit seinen Finanzen und hatte erklärt, "seine Instrumente" seien "passiv gemanagte Indexfonds" (auch als ETFs bekannt) und "die Immobilie".
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    Lückenhafte Regeln zur Offenlegung von Aktienbesitz

    Die Fünf-Prozent-Hürde zur Offenlegung von Aktienbesitz steht seit Jahren in der Kritik. Die sogenannte GRECO-Staatengruppe des Europarats hatte Deutschland schon vor Jahren zu einer Verschärfung der Regeln empfohlen. "Bei sehr großen oder wertvollen Unternehmen kann es auch bei einer kleinen Beteiligung um große Summen gehen", sagt der Geschäftsführer der Bürgerbewegung Finanzwende, Gerhard Schick.

    Politische Entscheidungen können das Aktienpaket leicht deutlich mehr wert werden lassen. Interessenkonflikte kann es deshalb auch bei prozentual kleinen Beteiligungen geben.

    Gerhard Schick, Bürgerbewegung Finanzwende

    Ein Beispiel: Die 150.000 Stadler-Aktien von Friedrich Merz würden, wenn er sie noch besäße, nur 0,15 Prozent aller Stadler-Aktien ausmachen. Er müsste sie nicht angeben - obwohl sie mehrere Millionen wert wären.

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    Frankreich - Vorbild für mehr Transparenz

    Sarah Schönewolf, Sprecherin der Organisation Abgeordnetenwatch, kritisiert Merz’ Umgang mit seinen Einkünften:

    Sollte er Regierungsverantwortung übernehmen, könnten seine persönlichen finanziellen Interessen politische Entscheidungen - insbesondere im Verkehrsbereich - beeinflussen.

    Sarah Schönewolf, Abgeordnetenwatch

    Abgeordnetenwatch fordert eine verpflichtende Offenlegung des Vermögens von Regierungsmitgliedern nach französischem Vorbild.
    Mann fährt mit Lastenfahrrad eine Straße entlang. Er trägt eine rote Jacke und einen Helm.
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    In Frankreich sind Kabinettsmitglieder gesetzlich verpflichtet, ihre Vermögenswerte zum Zeitpunkt ihrer Ernennung und fünf Jahre rückwirkend anzugeben.
    Alice Weidel, die Spitzenkandidatin der AfD, ließ die Anfrage unbeantwortet - genauso wie Sahra Wagenknecht (BSW), die in der Vergangenheit öffentlich ausgesagt hatte, keine Aktien zu besitzen. Jan van Aken, der mit Heidi Reichinnek für die Linke als Spitzenduo antritt, gibt an, nur zwei Aktien zu besitzen: von dem Rüstungskonzern Rheinmetall, um dort auf Aktionärsversammlungen sprechen zu können.

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