Bundestagswahl: Warum Linke und AfD bei Jungen punkten

    Bundestagswahl 2025:Warum die Linke bei Jungen so durchstartet

    von Caroline Drees
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    Junge Menschen haben bei der Bundestagswahl vor allem auf Linke und AfD gesetzt. Woher der Erfolg kommt und warum er nicht so überraschend ist.

    Heidi Reichinnek (Mitte), Spitzenkandidatin der Partei "Die Linke, reagiert zusammen mit den beiden Vorsitzenden Jan van Aken (Mitte) und Ines Schwerdtner (2-L) auf erste Ergebnisse während der Wahlveranstaltung in Berlin
    CDU- und CSU kommt auf 28,52 Prozent und ist damit stärkste Kraft. Auf Platz zwei steht die AfD. Stefan Leifert, ZDF-Politbarometer, blickt auf die Zahlen.24.02.2025 | 3:32 min
    Okay, viele Stimmen für Union und AfD, keine Überraschung, meint Anna, eine junge Passantin in Düsseldorf, als sie sich die Hochrechnungen zur Bundestagswahl auf einem Tablet anschaut. Unerwartet findet sie etwas anderes: "Dass die Linke noch so viel rausholen konnte, hätte ich nicht gedacht." Damit ist sie wohl kaum alleine.
    Nach dem vorläufigen Ergebnis der Bundestagswahl liegt die Linke bei 8,77 Prozent, hat es also locker über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft. Bei den 18- bis 24-Jährigen ist sie laut Forschungsgruppe Wahlen mit 26 Prozent sogar stärkste Kraft. Wie hat die gerade noch tot geglaubte Partei solch eine Auferstehung hinbekommen?
    Grafik: Bundestagwahl 2025 - Junge Wähler
    Quelle: ZDF/ Forschungsgruppe Wahlen

    Linke mit klarer Gegenposition zur AfD

    "Die Linke fand ich sehr, sehr stark, weil sie auf uns eingegangen ist und wirklich Druck gemacht hat", sagt Julia Gahlert aus Augsburg. Die 19-jährige Letizia Anzano hat die Linke aus dem Wunsch nach einer liberaleren Migrationspolitik gewählt. Auch Anika Busch freut sich:

    Ich wünsche mir, dass es ärmeren Leuten besser geht und dass Wohnungen günstiger werden.

    Anika Busch

    In den vergangenen Wochen wurde vor allem die Spitzenkandidatin der Partei, Heidi Reichinnek, immer wieder als das Erfolgsrezept benannt. Ihre Videos auf TikTok haben Klicks in Millionenhöhe. Eine erfolgreiche Social-Media-Strategie spiele zwar eine Rolle, sei aber nicht der primäre Grund für den Wahlerfolg, sagt Jasmin Riedl, Politikwissenschaftlerin an der Universität der Bundeswehr in München.
    Der Linken-Vorsitz zum Ergebnis der Bundestagswahl
    "Die Linke ist wieder da", sagt Jan van Aken, Spitzenkandidat der Linken. Linken-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek betont: "Wir sind stärkste Partei bei den Erstwähler*innen".24.02.2025 | 7:13 min
    Vielmehr habe die Linke die deutlichste Gegenposition zur AfD geboten - einerseits zum Entschließungsantrag zur Migrationspolitik, bei dem Union und FDP gemeinsam mit der AfD abstimmten, aber auch, was sozial- und wirtschaftspolitische Themen betreffe.
    Ihre Forderungen habe sie viel pointierter formulieren können als etwa die SPD, "weil sie auch gar nicht in die Verlegenheit gekommen wäre, in eine Regierungsbeteiligung zu kommen".

    Wirtschaftliche Sorgen der Jungen

    Die Generation, die bei dieser Bundestagswahl zum ersten Mal gewählt hat, habe erlebt, "dass sich das Leben ganz schnell drehen kann", so Riedl. Sie habe die Coronakrise heftig getroffen und deswegen "unter Umständen auch ein besonderes Bedürfnis nach ökonomischer, sozialer Sicherheit".
    Wie viel kosten meine Lebensmittel oder finde ich eine Wohnung? Das seien konkrete wirtschaftliche Sorgen junger Menschen, die die Politik ernst nehmen sollte, sagt Riedl. Die Grünen haben es offenbar nicht geschafft, diese Sorgen aufzugreifen, und in dieser Altersgruppe stark verloren.
    BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht nach der Bundestagswahl
    Das BSW hat den Einzug in den Bundestag verpasst, damit ist eine schwarz-rote Koalition möglich. Gut 13.000 Stimmen haben dem BSW gefehlt. Bei der Linken gab es eine große Party.24.02.2025 | 3:46 min

    Junge wählen eher Oppositionsparteien

    Dass sich die Stimmen der jungen Menschen an den äußeren Rändern verteilen, 21 Prozent wählten die AfD, sei allerdings wenig überraschend. Riedl sagt:

    Junge Wählerinnen und Wähler tendieren eher dazu, eine Partei zu wählen, die nicht in der Regierung war.

    Jasmin Riedl, Politikwissenschaftlerin

    Junge Menschen seien zudem weniger an klassische Parteien gebunden als ältere Generationen: SPD und CDU/CSU kommen bei ihnen jeweils nur auf 11 beziehungsweise 13 Prozent.
    Lilli aus Düsseldorf meint, der Erfolg der AfD liege auch daran, dass sich der Wahlkampf so auf das Thema Migration fokussiert habe, auf die Taten in München, Aschaffenburg oder Solingen. Die Menschen wollten eine Veränderung.
    Zudem habe die AfD eine erfolgreiche Social-Media-Kampagne geführt, betont Politologin Riedl. Zum einen wegen ihres jahrelangen Vorsprungs, zum anderen, weil Algorithmen rechtspopulistische Inhalte bevorzugten.
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    Die AfD betont, dass sie bereit für Gespräche mit dem Wahlsieger CDU ist. Was bedeutet die "ausgesteckte Hand" inhaltlich?24.02.2025 | 5:58 min

    Polarisierung der Generationen

    Das Wahlergebnis zeigt eine deutliche Polarisierung der Generationen. Die Jungen machen aber nur eine kleine Gruppe aus, ihre Position sei deshalb schwach, sagt Riedl.
    Der 19-jährige Maximilian Helmecke aus Augsburg bleibt dennoch optimistisch: "Wir sind die nächste Generation, deswegen denke ich schon, dass es an uns liegt, etwas zu verändern."
    Caroline Drees ist Redakteurin im ZDF-Landesstudio Bayern.

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