Bürgergeld: Jobcenter Kassel besucht Bürgergeld-Empfänger

    Arbeitspflicht für Erwerbsfähige:Bürgergeldempfänger: Wo das Jobcenter klingelt

    ZDF-Reporterin Susana Santina
    von Susana Santina
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    Sie wird heiß diskutiert - eine Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger. Die Stadt Kassel zeigt, dass es auch andere Wege gibt, um Bürgergeldempfänger wieder in Arbeit zu bringen.

    Jobcenter-Hausbesuche
    In Kassel macht das Jobcenter seit zwei Jahren Hausbesuche bei Bürgergeldempfängern, die nicht auf Anschreiben reagieren. Die meisten brauchen Hilfe und sind dankbar dafür. Wenige wollen nur Geld kassieren.15.06.2024 | 5:27 min
    Schwerin hat sie bereits eingeführt - als erste Stadt in Deutschland eine Arbeitspflicht für erwerbsfähige Empfänger von Bürgergeld. Und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann würde sie gerne im gesamten Bundesgebiet in Kraft setzen. "Jeder, der in Deutschland Bürgergeld bezieht und arbeiten kann, muss arbeiten gehen. Ansonsten darf es keine Sozialleistungen mehr geben", so Linnemann.
    Berlin: Eine Frau tippt auf einem Tablet auf einen Link zum Beantragen des Bürgergeldes im Kundenbereich im Jobcenter Berlin Mitte. Archivbild
    Das Bürgergeld stieg mithilfe der Union. Jetzt will sie es wieder abschaffen und eine „Neue Grundsicherung“ einführen. Die wichtigsten Zahlen im Überblick.21.12.2024 | 9:20 min

    Jobcenter Kassel: Hausbesuche bei Bürgergeldempfängern

    Derweil geht das Jobcenter in Kassel seit mehr als zwei Jahren einen eigenen Weg, um Leistungsempfänger, die arbeiten könnten, wieder in Arbeit zu bringen. Mehrere Mitarbeiter statten den Bürgergeldempfängern Hausbesuche ab, wenn die sich lange nicht gemeldet haben.
    Die Idee für die aufsuchende Beratung hatte Teamchefin Cornelia Hellmer. "Vor allem junge Bürgergeldempfänger waren kaum noch erreichbar, nachdem der Gesetzgeber die Sanktionsmöglichkeiten eingeschränkt hatte", sagt Hellmer, "das wollten wir hier nicht hinnehmen". Und man sei sehr erfolgreich.
    Mehr als 1.000 Hausbesuche habe man in den letzten zwei Jahren gemacht, rund zwei Drittel der Menschen hätten positiv reagiert, so Hellmer. Es gebe natürlich auch Totalverweigerer, sagt sie, aber die seien klar in der Minderheit.

    Nur insgesamt 36 von 1.007 aufgesuchten Personen wollen mit dem Jobcenter nichts zu tun haben. Das sind die politisch beschriebenen Totalverweigerer, die sagen, wir wollen nur das Geld vom Staat, also relativ eine verschwindend geringe Zahl.

    Cornelia Hellmer, Teamchefin im Jobcenter Kassel

    Thorsten Frei
    Ist eine Streichung des Bürgergelds rechtlich möglich? CDU-Politiker Thorsten Frei im Gespräch mit Markus Lanz.13.11.2024 | 0:52 min

    Leistungskürzungen bei Totalverweigerern

    Wenn die aufsuchenden Berater die Bürgergeldempfänger nicht erreichen, hinterlassen sie ihnen im Briefkasten eine Nachricht mit einem weiteren Terminvorschlag. Maximal sechs Monate, manchmal auch früher, versuchen sie es noch, danach drohen Leistungskürzungen.
    Die Möglichkeiten dafür seien ein wenig eingeschränkt worden, sagt Hellmer, aber bei den Totalverweigerern sei ihnen wichtig, hart durchzugreifen.

    Das ist unser Auftrag und das ist für uns auch ganz wichtig, nochmal zu betonen. Es gibt den Paragrafen 2 im Sozialgesetzbuch, was unser Hausgesetz ist, der beschreibt das Fordern und Fördern. Wir verwalten ja auch Steuergelder.

    Cornelia Hellmer, Teamchefin im Jobcenter Kassel

    Am Puls - Arbeitslos mit Sarah-Tacke
    Deutsche Unternehmen klagen über fehlende Arbeitskräfte. Gleichzeitig gibt es 2,8 Millionen Arbeitslose. Wie kann das sein? Wollen diese Menschen nicht arbeiten, oder können sie es nicht?01.05.2024 | 53:36 min

    Arbeitsmarkt: Mangelnde Qualifizierung als Hauptproblem

    In Deutschland beziehen etwa 5,5 Millionen Menschen Bürgergeld. Zwangsmaßnahmen würden dazu führen, dass diese Menschen nicht lange in den vermittelten Jobs bleiben würden, sagen einige Experten. Zudem könnten nur 1,7 Millionen der Bürgergeldempfänger überhaupt arbeiten, so Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

    Mehr zum Thema Bürgergeld, Sozialstaat und Arbeitsmarkt heute Abend in der Sendung "Wie geht’s Deutschland" - um 20:15 im ZDF.

    "Die oft genannte Zahl von 5,5 Millionen Bürgergeld-Empfängern klingt zwar nach viel. Dazu zählen aber auch fast zwei Millionen Kinder, mehr als 800.000 Aufstocker, sowie Alleinerziehende, chronisch Kranke oder solche, die Angehörige in Vollzeit pflegen." Die wahre Arbeitslosenquote sei relativ niedrig. Und es gebe vor allem das Problem der mangelnden Qualifizierung. Zwei Drittel bis drei Viertel hätten keine Qualifikation oder keinen Berufsabschluss.
    Metzger Volkmar Woite  zeigt auf ein orangenes Plakat rechts.
    Die Stimmung ist schlecht. Steigende Preise belasten die Geldbörsen, Geringverdiener kommen kaum über die Runden. Gleichzeitig wird das Bürgergeld immer mehr zum Streitpunkt.24.03.2024 | 30:08 min

    Bürgergeld: Viele Empfänger dankbar für Hausbesuche

    Bei ausländischen Bürgergeldempfängern kommt hinzu, dass die Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen oft zu lange dauere. Unter anderem weil ein bestimmtes Sprachniveau Voraussetzung für den Antrag sei. Außerdem müssen Zeugnisse über die Abschlüsse im Heimatland vorliegen. In manchen Fällen gibt es die aber nicht mehr, weil sie durch Krieg oder auf dem Fluchtweg zerstört wurden.
    Cornelia Hellmer und ihr Team der Aufsuchenden Beratung im Jobcenter Kassel sind sehr zufrieden mit ihrem eigenen Weg. Sie haben festgestellt, dass die meisten Bürgergeldempfänger, die sie aufsuchten, am Ende dankbar waren. Denn ihr Team bietet auch kompetente Beratung und Hilfe an, die viele bräuchten.
    Susana Santina arbeitet im ZDF-Landesstudio Hessen.
    Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag
    Rolf Mützenich hat in Aussicht gestellt, dass die SPD Abstriche beim Bürgergeld vornehmen würde. Es sei richtig, nicht durchgehen zu lassen, wenn jemand das System ausnutze.28.12.2024 | 0:18 min

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    Quelle: dpa

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