Marode Brücken: Kann man einen Brückeneinsturz vorhersehen?

    FAQ

    Forschungsprojekt aus Sachsen:Mit Sensoren gegen marode Brücken

    von Stefan Kelch
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    Heute wird in Bautzen eine Brücke übergeben, deren Daseinszweck letztendlich ihre eigene Zerstörung ist. Geopfert wird sie für andere Brücken, die so gerettet werden sollen.

    Forschungsbrücke in Bautzen
    Die Spannbeton-Versuchsbrücke in Bautzen soll Brücken in Zukunft sicherer machen. Durch gezieltes Monitoring der Veränderungen im Material soll die Lebensdauer der Brücken verlängert werden.
    Quelle: TU Dresden

    Prominentestes Beispiel für marode Brücken in Deutschland: die Dresdner Carolabrücke, teilweise zusammengebrochen nach einem plötzlichen Temperatursturz. In ihrem Inneren waren die sogenannten Spannstähle schon seit Jahren unbemerkt gebrochen. Doch auch der Rest der Brücke bleibt ein Sorgenkind. Die beiden noch stehenden Brückenzüge sind akut einsturzgefährdet.
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    Was ist eine Spannbetonbrücke?

    Im Inneren besteht eine solche Brücke aus vielen Stahldrähten, die zwischen vier und acht Millimeter dick sind. Sie werden zu Bündeln zusammengefasst. Die Bündel sind ummantelt mit Beton. Man dachte in den 70er Jahren, damit seien sie für alle Zeiten geschützt vor Korrosion und jeder anderen Art von Zerstörung.
    An jedem Brückenzug halten 160 Bündel mit jeweils 24 einzelnen Drähten das Bauwerk zusammen, also insgesamt 3.840. Die Bündel werden mit einem Zugverfahren vorgespannt, so dass sie äußerst fest sind, die gesamte Konstruktion aber noch immer sehr schlank ist. Um die Stahlseil-Bündel herum wird dann das eigentliche Brückenbauwerk gebaut.
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    Woher weiß man, dass der Stahl bricht?

    Man hört es. Doch wie kann man unterscheiden, ob da ein Laster Steine verliert, ob ein Motorrad drüberknattert oder ob tatsächlich eine Spannstahllitze bricht? In einer Brücke gibt es hunderte unterschiedliche Geräusche.
    Der Brückenexperte Steffen Marx von der TU Dresden und sein Team haben dazu geforscht, im Labor tausende Versuche durchgeführt - in diesem Fall an ausgebauten Spannbetonbauteilen aus dem Rückbau von Brücken. Sie haben Drähte künstlich brechen lassen und die entstehenden Schallsignale aufgezeichnet

    Und die unterscheiden sich von ihrer Charakteristik her extrem von allen anderen Signalen, sodass wir sehr sicher über künstliche Intelligenzverfahren rausfiltern können, was ist ein Drahtbruch und was ist ein Störgeräusch.

    Steffen Marx, TU Dresden

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    Bei welcher Last könnte eine Brücke zusammenbrechen?

    Diese Frage stellen sich Wissenschaftler und der Bautzner Brückenbauer Hentschke. Genau weiß das noch niemand. Deshalb wird heute eine Forschungsbrücke in Betrieb genommen. Entstanden ist ein 45 Meter langer Brückenbau auf dem Werksgelände der Baufirma.
    Eine Spannbeton-Versuchsbrücke - freigegeben zum Zerstören. In ihrem Inneren sind viele hundert Sensoren unterschiedlichster Art verbaut. Sie melden jede Veränderung - und zwar selbständig. Ziel des Ganzen: Ein digitaler Zwilling der Brücke. Eine Datensammlung, von der man auf andere Brücken schließen kann.

    Das Problem ist, dass wir häufig an die Bauwerke gehen und erst dabei die Schäden feststellen. Dann ist es im Grunde schon zu spät. Wir wollen hin zu einer vorausschauenden Instandhaltung.

    Max Herbers, TU Dresden

    Was geschieht mit und an der Forschungsbrücke?

    Sie wird auf alle erdenkliche Art belastet. Vor allem mit einem Wagen, der auf Schienen bis zu 30 Mal täglich darüberfährt. Mit ihm soll Verkehr simuliert werden. Man kann sie aber auch hydraulisch anheben oder eine seitliche Last wie bei Hochwassern einbringen.
    Es gibt Beschleunigungssensoren und solche, die jede Art von Neigung oder Verformung registrieren. Eineinhalb Kilometer faseroptische Sensoren durchziehen die Brücke wie ein Nervensystem. Über ein Jahr lang wird die Last nun kontinuierlich erhöht - im schlimmsten Fall bis zum Zusammenbruch der Brücke.
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    Wie lassen sich die Erkenntnisse auf andere Brücken anwenden?

    Zum Beispiel indem man etwa gleich das Monitoring für die Lebensdauer in eine Brücke einbaut, um immer zu wissen, was im unzugänglichen und nicht sichtbaren Bereich der Brücke vor sich geht.
    Das Team will auch herausfinden, was es an Sensorik braucht, um auf der sicheren Seite zu sein. Wichtig dabei: Wo genau sollten in der Brücke welche Art von Sensoren angebracht werden, um ein zuverlässiges Schadensbild zu erhalten?
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    Was, wenn die Brücke Alarm auslöst?

    Die Anlage meldet sich selber, wenn sie kritische Schallsignale empfängt, weil wir einen automatisierten Bewertungsprozess dahinter liegen haben über KI-Verfahren.

    Steffen Marx, TU Dresden

    Dadurch können Signale, die ein Risiko bedeuten, herausgezogen und kontrolliert werden. Ingenieure vergleichen charakteristische Merkmale der empfangenen Signale mit Grunddaten, die sie zu Spanndrahtbrüchen bereits haben.

    Ist Spannbeton out?

    Nein. Mit dieser Brückenbauweise kann man weiterhin sehr schlanke Brücken bauen. Zeitgemäß ist diese Bauweise einerseits durch den geringeren Materialaufwand - aber andererseits auch wegen der Optik.
    Stefan Kelch ist Korrespondent im ZDF-Landessudio in Sachsen.

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    Quelle: dpa

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