Proteste in Biberach: Hofreiter sieht "Grenze überschritten"
Grüne sagen Aschermittwoch ab:Grenze bei Protesten "weit überschritten"
von Kristina Hofmann
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Entsetzen über den Abbruch der Aschermittwoch-Veranstaltung in Biberach. Die Grünen sind alarmiert. Ministerin Faeser auch. Eine "rote Linie" sei damit "überschritten".
Die Stimmung ist von Anfang an bedrohlich. "Ideologie macht nicht satt" und "Bündnis 90/Grüner Mist" steht auf Plakaten, ein Misthaufen brennt, Bengalos werden gezündet. Traktoren versperren die Zufahrtswege, und Straßen werden mit Pflastersteinen verbarrikadiert.
In der Stadthalle von Biberach soll eigentlich am Vormittag der politische Aschermittwoch der Grünen beginnen. Parteichefin Ricarda Lang, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und Ministerpräsident Winfried Kretschmann sollen sprechen. Doch die Sicherheitsbehörden raten ab: zu gefährlich.
Die Berliner Autoflotte kommt durch das Spalier der wütenden Bauern kaum durch, ein Wagen wird beschädigt. Kretschmanns Kolonne dreht gleich ganz ab. Die Polizei setzt Pfeffergas und Schlagstöcke ein, Polizisten werden verletzt. Als bekannt wird, dass die Veranstaltung abgesagt wird, johlt die Menge.
Vor allem die Grünen sind alarmiert. Aber nicht nur sie.
Grüne: Parteien müssen sich von Gewalt distanzieren
Der Bauernprotest habe sich zum Teil in "höchst bedenkliche Richtung" radikalisiert, sagt Grünen-Politiker Anton Hofreiter zu ZDFheute. "Wer versucht, freie Meinungsäußerungen mit Gewalt zu unterbinden, verlässt die Ebene des demokratischen Diskurses." Hofreiter:
Wenn Versammlungen demokratischer Parteien abgesagt werden müssen, weil Leib und Leben der Anwesenden in Gefahr ist, ist eine Grenze weit überschritten.
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Anton Hofreiter, Grünen-Bundestagsabgeordneter
Er erwarte, dass sich alle demokratischen Parteien "klar von solchen Gewalttaten distanzieren", sagt Hofreiter.
Baumstämme auf der A2, blockierte Hafenzufahrten in Bremerhaven und Proteste gegen Medienunternehmen. Eskalieren die Bauernproteste?09.02.2024
Grünen-Chefin Lang fordert alle Demokratinnen und Demokraten auf, sich gegen diejenigen einzusetzen, "die die Demokratie infrage stellen". Jürgen Trittin, der ebenfalls in Biberach war, kritisiert das Vorgehen der Polizei. "Ich glaube, dass sich die Polizei in Baden-Württemberg ernste Fragen stellen lassen muss, warum sie nicht in der Lage war, eine Veranstaltung des eigenen Ministerpräsidenten so abzusichern, dass sie durchgeführt werden kann", sagt er der Zeitung "taz".
Bundesinnenministerin Nancy Faeser nennt im ZDF die Gewalt "inakzeptabel", damit sei "eine rote Linie" überschritten worden. Es müsse nun aufgearbeitet werden, was genau passiert sei. Sie empfehle aber allen, "verbal abzurüsten" und sich zu überlegen, "in welcher Sprache spricht man über die politische Konkurrenz".
Wir wissen: Aus verbalen Attacken werden Gewaltattacken.
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Nancy Faeser, Bundesinnenministerin (SPD)
So verlief der politische Aschermittwoch der AfD.14.02.2024 | 39:16 min
Linnemann: Vernünftig im Ton, aber hart in der Sache
Die Ampel-Koalition hatte im Zuge des Sparpakets nach dem Haushaltsurteil erst den Landwirten die Subventionen für den Agrardiesel und die Befreiung der Kfz-Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge gestrichen, dann aber nach Protesten den Plan wieder zum Teil zurückgenommen. Das schrittweise Ende der Agrardiesel-Subventionen soll aber bleiben. Seitdem sind die Bauern auf den Barrikaden.
Die Union, Freie Wähler und AfD kritisieren das Hin und Her der Ampel heftig, auch bei ihren Aschermittwoch-Veranstaltungen. Doch was jetzt in Biberach passiert ist, geht auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann "gegen den Strich", wie er ZDFheute sagt.
Streitereien gehörten zum politischen Geschäft dazu, so Linnemann. "Doch hier werden einfach Grenzen überschritten." Die Landwirte, die "anständig demonstrieren", tue man damit keinen Gefallen.
Wir müssen hart in der Sache streiten. Aber es kann nicht sein, dass Straftaten in Kauf genommen werden. Der Rechtsstaat muss die Grenzen aufzeigen, und zwar schnell, egal von wem eine Straftat erfolgt.
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Carsten Linnemann, CDU-Generalsekretär
War der Ton in den vergangenen Wochen auch aus der Union vielleicht zu scharf? In der Zeit der Großen Koalitionen, so Linnemann, habe man gesehen: Ohne Streit verwischen die Positionen, Proteste gab es trotzdem. "Deswegen müssen wir vernünftig im Ton, aber hart in der Sache streiten", sagt Linnemann.
Özdemir befürchtet US-Verhältnisse
Landwirtschaftsminister Özdemir hat in Biberach trotz der Absage der Veranstaltung mit den demonstrierenden Bauern gesprochen, trotz aller "Buh"- und "Schande"-Rufe. Er "bedauere sehr", sagt er hinterher, dass es "diese unschönen Bilder" gibt. Die vor der Stadthalle so aggressiv demonstrierten, repräsentierten nicht die deutsche Landwirtschaft, ist Özdemir überzeugt.
Es sei richtig, dass sich Politik der Kritik stelle, das habe er auf vielen Bauerndemos getan, so Özdemir. Die Proteste in Biberach jedoch zeigten die Gefahr, "in US-amerikanische Verhältnisse abzurutschen. Das nutzt niemandem."
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