Berlinale-Eklat: "Künstler haben Gastrecht ausgenutzt"

    Interview

    Eklat um Berlinale-Äußerungen:"Künstler haben Gastrecht ausgenutzt"

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    Der Antisemitismusbeauftragte der Regierung, Felix Klein, hat die Äußerungen von Künstlern auf der Berlinale als "nicht akzeptabel" kritisiert. Er macht auch der Leitung Vorwürfe.

    Ben Russell bei der Berlinale mit Palästinensertuch
    Die 74. Berlinale stand ganz im Zeichen der politischen Botschaften. Das Filmfest begann mit Protest gegen Rechtsextremismus und endete nun mit einem Eklat.25.02.2024 | 2:39 min
    ZDFheute: Bei der Berlinale-Preisverleihung am Samstagabend haben sich Preisträger und Beteiligte zum Gaza-Krieg geäußert. Dabei erhoben sie auch Vorwürfe gegen Israel. Wie bewerten Sie das?
    Felix Klein: Die Äußerungen, die auf der Berlinale gefallen sind, sind sehr einseitig und nicht akzeptabel. Die Künstler, die sich so geäußert haben, haben ihr Gastrecht schändlich ausgenutzt. Das israelische Leid ist völlig außen vor geblieben. Die Terrorattacke der Hamas ist nicht erwähnt worden. Gerade von Menschen, die sich filmisch mit dem Konflikt auseinandersetzen, muss man erwarten, dass sie differenzieren können.
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    ZDFheute: Sie kritisieren auch die Leitung des Festivals. Warum?
    Klein: Die Leitung der Berlinale hätte den Eklat sehen und verhindern müssen, denn die Äußerungen geschahen ja nicht im luftleeren Raum. Die Berlinale hätte sofort widersprechen müssen.

    Die Künstler können ja ihre Meinung haben, aber seitens der Berlinale hätte es sofort das Statement geben müssen, dass wir in Deutschland die Dinge anders sehen.

    Felix Klein

    Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus
    Quelle: dpa

    Felix Klein, geboren 1968 in Darmstadt, ist seit Mai 2018 Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus.

    ZDFheute: Die Leitung der Berlinale hat sich doch distanziert und auch die Situation der israelischen Geiseln angesprochen - reicht Ihnen das nicht?
    Klein: Ich begrüße sehr, dass die Leitung das in ihrem ursprünglichen Statement gemacht hat. Aber man muss den Berlinale-Machern vorwerfen: Das war einfach zu wenig. Man hat als Veranstalter immer die Möglichkeit, unmittelbar einzuschreiten.
    Wir verlangen ja auch von der Zivilgesellschaft, dass sie einschreitet im Kampf gegen Antisemitismus, wenn man ihn im Alltag mitbekommt - in den Betrieben, im Fußballstadion, im Restaurant.

    Wenn es schon Veranstaltenden im Kulturbereich nicht gelingt einzuschreiten, dann ist es für uns politisch Handelnde ja noch schwieriger, das von der Gesellschaft einzufordern.

    Felix Klein

    ZDFheute: Kritik gibt es auch an Kulturstaatsministerin Claudia Roth (B'90/Grüne). Der CSU-Generalsekretär moniert, sie sei nicht eingeschritten, obwohl sie anwesend war am Samstagabend. Teilen Sie die Kritik?
    Klein: Nein, die Kritik teile ich nicht. Hätte Claudia Roth als Vertreterin der Bundesregierung aufstehen und einschreiten müssen während der Preisverleihung? Das wäre möglicherweise als Zensur aufgefasst worden. Sie hat ja angekündigt, den Vorfall untersuchen zu wollen. Das begrüße ich.
    ZDFheute: Generell gesprochen: Hat der Kulturbetrieb ein Problem mit Antisemitismus? Ist das linker Antisemitismus?
    Klein: Ja, dieses Problem hat der Kulturbetrieb. Das ist ein Antisemitismus, der von links kommt. Besonders gravierend finde ich, dass Vertreterinnen und Vertreter dieser antisemitischen Richtungen sich als moralisch überlegen fühlen. Sie meinen, sie stünden auf der richtigen Seite, obwohl sie die Dinge oft sehr verzerrt sehen. Sie sehen das israelische Leid nicht und negieren das Selbstverteidigungsrecht Israels völlig.
    Antisemitismus in Deutschland
    An Universitäten kommt es zu Störungen von Vorlesungen und zu verbalen und körperlichen Angriffen von propalästinensischen Aktivisten. Linker Antisemitismus macht sich breit.18.02.2024 | 4:08 min
    ZDFheute: Ist die Kritik der Künstler völlig unberechtigt? Der UN-Nothilfekoordinator hat Israels geplante Militäroffensive auf Rafah im Süden des Gazastreifens kritisiert und gesagt, er befürchte ein Gemetzel von Menschen in Gaza.
    Klein: Inhaltlich kann man viel kritisieren. Auch ein Selbstverteidigungsrecht muss, auch wenn es völkerrechtsmäßig ist, verhältnismäßig sein. Das findet sicher auch nicht immer statt. Im Einzelnen kann ich die einzelnen Vorgänge nicht bewerten, aber natürlich muss man schauen, ob es verhältnismäßig ist, was die Israelis tun.
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    Man kann nicht von Genozid sprechen, denn das hieße ja, dass die Menschen von den Israelis getötet werden, nur weil sie Palästinenser sind. Das ist nicht der Fall. Die Menschen werden von Hamas-Terroristen als menschliche Schutzschilde genommen und kommen dabei leider zu Tode. Da muss die israelische Armee sich fragen lassen, ob sie besonders darauf achtet, dass möglichst keine zivilen Opfer zu beklagen sind.
    ZDFheute: Kein Genozid, sagen Sie. Aber würden Sie die israelische Ankündigung kritisieren, dass eine große Offensive kommt, wenn die israelischen Geiseln nicht bis zum Ramadan frei sind?
    Klein: Ja, natürlich. Ich finde es unglaublich, dass man das militärische Vorgehen verknüpft mit muslimischen religiösen Feiertagen und Riten. Das vergiftet den Diskurs und das halte ich im höchsten Maße für kritikwürdig.
    Das Interview führte Dominik Rzepka, Redakteur im ZDF-Hauptstadtstudio

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