Berlin: Verwaltungsreform soll "Behörden-Pingpong" beenden
Senat billigt Verwaltungsreform:Reform soll Berlins "Behörden-Pingpong" beenden
von Markus Gross
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Schluss mit dem "Behörden-Pingpong": Der Berliner Senat hat die geplante Verwaltungsreform beschlossen. "Berlin schreibt heute Zukunft", sagte der Regierende Bürgermeister Wegner.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat die geplante Verwaltungsreform zur Chefsache erklärt.
Quelle: Sebastian Christoph Gollnow/dpa
Berlin soll wieder funktionieren. Das hat Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) bei seinem Amtsantritt vor zwei Jahren versprochen. Sein Ziel: klare Verwaltungsstrukturen und mehr Service für die Bürger.
Für Wegner ist es das wichtigste Reformprojekt seiner schwarz-roten Koalition. Jetzt ist das Parlament am Zug. 2026 soll es in Kraft treten
Reform nimmt erste Hürde
Die Verwaltungsreform hat heute die erste Hürde genommen: Der Senat hat das sogenannte Landesorganisationsgesetz beschlossen. Ein erster Schritt. Kai Wegner sagte bei der Pressekonferenz überschwänglich:
Berlin schreibt heute Zukunft. Mit dieser Reform beenden wir das Behörden-Pingpong.
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Kai Wegner, Berlins Regierender Bürgermeister
Der Kern des "Übels" ist die zweigliedrige Verwaltungsstruktur - hier das Land, dort der Bezirk. Die beiden Behörden verhaken sich immer wieder. Die eine schiebt der anderen Verantwortung und Zuständigkeiten zu. "Behörden-Pingpong" nennen das die Berliner spöttisch.
Die organisierte Unzuständigkeit verzögert wichtige Planungen und sorgt für Frust. Selbst kleinste Maßnahmen wie das Aufmalen eines Zebrastreifens vor einer Schule können Jahre dauern.
Das administrative "Behörden-Pingpong" begann 1920, als aus sechs Städten und 58 Landgemeinden mit dem damaligen Kerngebiet eine neue Millionenmetropole entstand: Groß-Berlin.
Um die Skepsis vieler Eingemeindungskandidaten zu besänftigen, ersannen die Gründungsväter die duale Struktur: zentrale Verwaltungsinstanzen und 20 Verwaltungsbezirke, die in der Folge ein Eigenleben entwickelten. Alle Versuche einer Neuordnung sind bisher gescheitert.
Cannabis-Gesetz: Senat verweigerte Umsetzung
Kern der Reform ist die Entflechtung der dualen Struktur. Es wurde ein Aufgabenkatalog mit 4.000 Punkten definiert, darunter etwa 300 Aufgaben, für die sich keine Behörde - weder auf Landes- noch auf Bezirksebene - zuständig fühlt.
Zwei Beispiele: Vor einem Jahr sollte das vom Bund beschlossene Cannabis-Gesetz, das eine Teillegalisierung ermöglicht, umgesetzt werden. Monatelang passierte - nichts. Der Senat verweigerte die Umsetzung und verwies auf die zwölf Bezirksverwaltungen. Doch die protestierten und zeigten mit dem Finger auf den Senat.
Erst eine Chefrunde mit Wegner - ein halbes Jahr später - brachte den Durchbruch: die Gesundheitsverwaltung erteilt jetzt die Genehmigungen, die Bezirke kontrollieren die Umsetzung. Die Kiffer-Szene konnte aufatmen. Berlin war wieder einmal bundesweites Schlusslicht.
Cannabis per Online-Bestellung direkt nach Hause geliefert: Was klingt wie eine Kiffer-Fantasie, ist inzwischen ein boomendes Geschäftsmodell. Doch das hat seine Schattenseiten.15.01.2025 | 28:29 min
Posse um Radweg
Im vergangenen Herbst erhitzte die Posse um den Radweg in der Kantstraße die Gemüter. Der zuständige Bezirksstadtrat (CDU) fand den noch von der damaligen Verkehrssenatorin (Grüne) angelegten Pop-Up-Radweg für zu schmal - und drohte den Anwohnern mit der "Nutzungsuntersagung" ihrer Wohnungen.
Seine Begründung: Der Radstreifen neben dem Gehweg und der angrenzende Parkstreifen machten es der Feuerwehr unmöglich, im Brandfall Drehleitern aufzustellen. Nach tagelangen Diskussionen und viel Aufregung schien der Knoten gelöst. Senat und Bezirk einigten sich darauf, Parkstreifen und Radstreifen einfach zu tauschen. Passiert ist bis heute nichts.
Ein Radweg könnte in Berlin-Charlottenburg für Zwangsräumungen sorgen: Weil die Feuerwehr wegen der Verkehrsführung nicht mehr alle Wohnungen erreichen kann, droht der Bezirk nun mit der Nutzungsuntersagung für betroffene Mieterinnen und Mieter. 23.10.2024 | 2:57 min
Wegner ist unter Zugzwang
Wegner ist jetzt unter Zugzwang. Für die Umsetzung der Reform muss die Verfassung mit einer Zweidrittel-Mehrheit geändert werden. Schwarz-Rot braucht deshalb auch die Stimmen der Grünen oder der Linken. Doch die haben Bedenken: "Die klare Aufgabenverteilung zwischen Land und Bezirken wird mit der Senatsvorlage teilweise aufgegeben, und weiterem Mikromanagement wird Tür und Tor geöffnet".
Wegner will sein "Jahrhundertprojekt" unbedingt ins Ziel bringen:
Ich gehe davon aus, dass wir zu einer guten Lösung kommen werden.
„
Kai Wegner, Berlins Regierender Bürgermeister
Jetzt geht das Gesetz ins Parlament. Noch vor der Sommerpause soll es verabschiedet werden. Die Zeit drängt, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass nach den Wahlen im kommenden Jahr bei möglicherweise neuen parlamentarischen Verhältnissen keine verfassungsändernde Mehrheit mehr zustande kommt. "Jetzt oder nie" lautet die Devise.
Der schwarz-rote Senat regiert die Stadt seit knapp zwei Jahren relativ geräuschlos. Viel Vorzeigbares ist ihm bisher nicht gelungen. Ein "Big Point" für Wegner, der im nächsten Jahr wiedergewählt werden will, könnte nun die Verwaltungsreform werden.
Quelle: dpa
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