Die Bahn sucht klimafreundliche Alternativen zu rußigen Dieselloks. Möglich sind Antriebe mit Wasserstoff, Batterie oder Pflanzenöl - alle haben einen Haken. Doch es gibt Lösungen.
Züge und Loks, die per Oberleitung fahren sind laut Experten die beste Alternative zum umweltschädlichen Diesel.
Quelle: dpa
Bei der Suche nach klimafreundlichem Ersatz für qualmende Dieselloks auf dem Schienennetz der Deutschen Bahn ist nach Einschätzung von Bahn-Fachleuten die vertraute Oberleitung die beste Lösung.
Alternative Antriebe wie Wasserstoff, Batterie und Pflanzenöl sind demnach erheblich teurer. Darüber hinaus steht vor allem bei Wasserstoff und Pflanzenöl die Ökobilanz in Zweifel.
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In Deutschland sind laut der Allianz pro Schiene lediglich 62 Prozent des bundeseigenen Schienennetzes elektrifiziert. Europaweites Vorbild ist die Schweiz, denn dort ist das gesamte Bahnnetz elektrifiziert.
Teure Wasserstoffzüge
Bayern will im Herbst den lang geplanten Testbetrieb von Wasserstoffzügen im Allgäu aufnehmen. Doch gerade die Hightech-Wasserstoffzüge gelten Skeptikern als politische Prestigeprojekte. "Wasserstoff ist die teuerste Lösung und hat einen schlechteren Wirkungsgrad als Diesel", sagt Bahntechnikprofessor Hecht. Die Brennstoffzellen erzeugen nicht nur Wasser und Strom, sondern auch viel Abwärme.
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Deshalb sei bei Wasserstofffahrzeugen die Kühlung ein großes Problem. Im Sommer müsse man stark kühlen und brauche auch Strom für die Klimaanlagen zur Kühlung der Fahrgasträume, so der Wissenschaftler.
Der Berliner Professor steht mit seiner Einschätzung nicht alleine: So verglich die TU Dresden 2017 und 2020 in Gutachten für die Bayerische Eisenbahngesellschaft die jeweiligen Vor- und Nachteile alternativer Antriebe. Wasserstoff schnitt dabei schlechter ab als Batterien, auch in Bezug auf die CO2-Bilanz.
Niedersachsen hat bereits Wasserstoff getestet - und sich anschließend dafür entschieden, über 100 Batteriezüge zu kaufen, da Akku-Antrieb im Betrieb günstiger ist. "Auch Batteriezüge sind betrieblich viel teurer als die reinen Elektrotriebwagen", sagt Hecht. Der Wirkungsgrad sei schlechter, die Fahrzeuge schwerer. Die Batterie habe nur eine endliche Lebensdauer, müsse im Winter gewärmt und im Sommer gekühlt werden.
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"Daher können Batteriezüge auch nur geringe Distanzen fahren, heute sind es üblicherweise 80 Kilometer. Dann muss wieder eine Zwischenladestrecke kommen", sagt Hecht.
Eine Lösung sind Hybridzüge: Stromabnehmer und Batterie kombiniert. Diese Züge können leere Batterien auf Streckenabschnitten mit Oberleitung wieder aufladen.
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Wie klimafreundlich HVO ist, steht allerdings in Zweifel. "Bei der Verbrennung von HVO entweicht am Auspuff ebensoviel CO2 wie bei Diesel", sagt Hecht. "Der Umweltvorteil entsteht nur durch die Zertifizierung des HVO-Brennstoffes. Damit ist nachzuweisen, dass der Brennstoff aus biologischem Material stammt."
Doch dabei gebe es zwei große Pferdefüße: Die Zertifikate könnten gefälscht sein, und man wisse nicht, was mit dem Material sonst passiert wäre.
Praktische Bedenken gibt es auch. "HVO hat zwar einen Umweltvorteil, ist aber derzeit noch circa 30 Prozent teurer als herkömmlicher Diesel", sagt ein Sprecher des niedersächsischen Verkehrsministeriums. "Weiterhin müssen die Motoren für den neuen Kraftstoff freigegeben werden, und die ausreichende Verfügbarkeit muss sichergestellt werden."
Dauerhafte Lösung: Elektrifizierung
Der Fahrgastverband Pro Bahn sieht HVO als Übergangslösung.
Im Vergleich zu Wasserstoff sei HVO aber die sinnvollere Übergangslösung, erklärt Lukas Iffländer, bayerischer Landesvorsitzender und im Hauptberuf Informatikprofessor der Dresdener Hochschule für Technik und Wirtschaft.
Mit zunehmender Elektrifizierung des Bahnnetzes wird Hybridantrieb mit Batterie und Stromabnehmern nach Einschätzung Iffländers auch im Güterverkehr eine praktikable Lösung sein. "Daher gehen wir davon aus, dass sich der vollelektrische Antrieb durchsetzen wird."
Auch im Juni kamen zahlreiche Züge der Deutschen Bahn verspätet an. Extremwetterlagen hätten für einen "massiven Pünktlichkeits-Dämpfer" gesorgt - das fällt auch im Ausland auf.