Automobilbranche: Weg aus der Krise gesucht

    Eckpfeiler der Wirtschaft:Autoindustrie: Weg aus der Krise gesucht

    von Stefanie Reulmann und Karl Hinterleitner
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    Lange war sie das Aushängeschild der deutschen Wirtschaft, jetzt steckt die Autoindustrie in einer schweren Krise. Doch wer trägt die Verantwortung dafür?

    Im letzten Jahr gab es so wenig Neuzulassungen wie nie zuvor. Grund: Corona und Lieferengpässe, aber auch die großen Transformationen hin zu mehr E-Mobilität.
    Im letzten Jahr gab es so wenig Neuzulassungen wie nie zuvor. Grund: Corona und Lieferengpässe, aber auch die großen Transformationen hin zu mehr E-Mobilität.
    Quelle: dpa

    Die Autoindustrie habe den Anschluss verpasst und sich "viel zu lange auf ihren eigenen Lorbeeren ausgeruht", sagt Andreas Knie, Mobilitätsforscher an der TU Berlin. "Die Schlüsselmärkte haben klare Signale gegeben, und die deutsche Autoindustrie hat gezögert, verzögert, immer wieder nach hinten alles zurückgestellt." Seit knapp 20 Jahren hätten sie gewusst, dass "batterieelektrische Autos die Zukunft sind", sagt Knie im ZDF.

    VDA: Standort Deutschland ist nicht wettbewerbsfähig

    Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, weist den Vorwurf entschieden zurück: "Jedes zweite Elektroauto, das weltweit gebaut wird, kommt aus Deutschland." Deutschland habe eine "starke Marktposition", sagt sie und betont, dass die Autoindustrie "gigantische Summen" investiere, um "klimaneutrale Mobilität in den Markt zu bringen".
    Die Ursachen für die aktuelle Krise lägen ganz woanders.

    Wir haben kein Problem der Automobilindustrie, wir haben ein Problem der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes insgesamt.

    Hildegard Müller, VDA-Präsidentin

    Die Energiekosten seien zu hoch, das Steuer- und Abgabensystem nicht wettbewerbsfähig und zudem sei man "völlig überreguliert", sagt sie. Hohe Personalkosten und fehlende Fachkräfte seien weitere Probleme.
    florian-neuhann
    Ende September beriet Wirtschaftsminister Habeck mit der Industrie beim "Autogipfel" über die Krise der Branche. Es ging "um ein Abtasten, um zu hören, was potenziell möglich sei", so ZDF-Wirtschaftsexperte Neuhann.23.09.2024 | 3:00 min

    Verbrenner-Verbot ab 2035 sinnvoll?

    Seit Jahren hat die deutsche Automobilindustrie am Markt zu kämpfen. Die Umsätze bei E-Autos sind zurückgegangen, um 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das liegt zum einen am Wegfall der Förderung für E-Autos, zum anderen brechen die Absatzzahlen auf dem chinesischen Markt dramatisch ein. Die großen Konzerne wie BMW, Mercedes und VW müssen zuschauen, wie sich die Konkurrenz aus China zunehmend am Markt etabliert.
    Angesichts der aktuellen Lage werden nun vermehrt Forderungen laut, das von der EU beschlossene Verbrenner-Verbot zu kippen. Demnach sollen, um das Ziel der Klimaneutralität in der EU bis 2050 zu erreichen, ab 2035 keine neuen Autos zugelassen werden, die mit Benzin oder Diesel betankt werden.

    Berlin direkt mit Diana Zimmermann
    Quelle: ZDF

    Mehr über die Krise der Automobilindustrie sehen Sie heute um 19.10 Uhr bei Berlin direkt - mit Diana Zimmermann.

    FDP: Verbrenner mit E-Fuels betreiben

    Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will trotz der Krise am Verbrenner-Verbot festhalten, anders als die FDP. Fraktionsvize Lukas Köhler fordert im ZDF, man müsse "dringend weg von diesem Verbrenner-Verbot". Wegen des europäischen Emissionshandels bringe es nichts für das Klima, sorge aber dafür, dass die Automobilhersteller "unter massivsten Druck geraten, diese Vorgaben zu erfüllen".
    Produktion von Autos
    780.000 Menschen beschäftigt die deutsche Autoindustrie - 120.000 allein bei VW, viele bei Zulieferern wie Bosch, Continental und ZF. Auch hier sind Stellenkürzungen geplant. 04.09.2024 | 0:45 min
    Stattdessen müsse auf moderne Technologie gesetzt werden, sagt Köhler. Verbrennungsmotoren in Deutschland und Europa hätten eine "Spitzentechnologie", so dass sie klimaneutral, etwa mit E-Fuels, betrieben werden können. Deutschland müsse sich daher auf europäischer Ebene dafür einsetzen, das Verbrenner-Verbot wieder abzuschaffen, sagt der FDP-Politiker, auch, damit die Automobilbranche nicht weiter "geknechtet" werde.

    Dobrindt: Verbrenner ist "Garant für Wachstum und Wohlstand"

    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisiert, man habe sich in der Vergangenheit "technologisch zu stark verengt" und einseitig auf die Elektromobilität gesetzt, die dann aber nicht den erhofften Zuspruch erhalten habe. Den Verbrennungsmotor als erfolgreiche Technologie, die "jahrzehntelang Garant für Wachstum und Wohlstand" gewesen sei, habe man aufgegeben.
    Nun bestehe die Gefahr, dass andere, wie etwa China, den Verbrenner weiterentwickeln.

    Der Verbrenner wird sich mit dem Wohlstand nach China verlagern, das kann nicht unser Interesse sein.

    Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef

    "Das Verbrenner-Verbot muss weg", sagt Dobrindt. Stattdessen müsse in Innovationen beim Verbrenner investiert werden und auch der Elektromobilität müsse man zu neuem "Schwung" verhelfen. Die deutsche Automobilbranche brauche "ein klares Wachstumsprogramm", um sie wieder wettbewerbsfähig zu machen.
    EU-Strafzölle für China
    Heute hat die EU Strafzölle auf importierte Elektroautos aus China beschlossen. Deutschland hatte sich zuletzt noch für eine Verhandlungslösung eingesetzt.04.10.2024 | 1:43 min

    Warnungen vor Handelsstreit mit China

    Dobrindt fordert darüber hinaus, man müsse "China in den Griff bekommen". Allerdings sei der Weg über Strafzölle, wie es die EU jetzt beschlossen hat, nicht der richtige.

    Es ist ein fataler Fehler, einen Handelskrieg mit China beginnen zu wollen.

    Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef

    Auch VDA-Präsidentin Müller warnt vor einer "Eskalationsspirale" und fordert Gespräche mit China, um den Handelsstreit beizulegen. Die Autoindustrie sei eine "globale Industrie". "Wir leben von offenen Märkten und einem gemeinsamen Verständnis."

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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    Quelle: ZDF

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