Kabinett: Terrorverherrlichung als Abschiebegrund

    Kabinett beschließt Entwurf:Abschiebungen: Ein Hass-Post und raus?

    von Daniel Heymann
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    Verherrlichung von Gewalt und Terror auf Social Media - das soll nach einem Entwurf des Bundesinnenministeriums künftig zu Ausweisungen führen.

    Faeser
    Wenn Menschen ohne deutschen Pass Terrorakte verherrlichen, zum Beispiel durch das Verbreiten von Hasskommentaren, sollen sie künftig leichter abgeschoben werden können. 26.06.2024 | 1:30 min
    "Wer keinen deutschen Pass hat und hier terroristische Taten verherrlicht, der muss, wo immer möglich, ausgewiesen und abgeschoben werden" - so beschreibt Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Zielrichtung eines neuen Gesetzentwurfs aus ihrem Haus. Dieser wurde am heutigen Mittwoch im Kabinett beschlossen und soll nun schnellstmöglich im Bundestag eingebracht werden.
    Damit will die Bundesregierung unter anderem auf Posts in sozialen Netzwerken reagieren, die etwa die Terrorangriffe der Hamas oder die tödliche Messerattacke auf den Polizisten Rouven Laur in Mannheim feiern.
    Diana Zimmermann
    Ausländer sollen künftig vereinfacht abgeschoben werden, wenn sie terroristische Gewalttaten, zum Beispiel im Internet, gutheißen oder billigen. Diana Zimmermann berichtet. 26.06.2024 | 1:18 min

    Änderungen im Aufenthaltsgesetz geplant

    Der Entwurf sieht Änderungen im Aufenthaltsgesetz vor, in dem die Ausweisung und Abschiebung von Ausländer geregelt ist. Für eine Ausweisung ist immer erforderlich, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise einer Person gegenüber ihrem Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegt.
    Im Rahmen dieser Abwägung gibt es im Aufenthaltsgesetz festgeschriebene Fallgruppen, bei denen das Ausweisungsinteresse oder das Bleibeinteresse besonders schwer wiegt.
    Nancy Faeser (SPD, l-r), Bundesministerin für Inneres und Heimat, Andy Grote (SPD), Innensenator von Hamburg, Joachim Herrmann (CSU), Innenminister von Bayern, Michael Stübgen (CDU), Innenminister von Brandenburg.
    Forderung der Innenminister: Schwerkriminelle und islamistische Gefährder aus Afghanistan und Syrien sollen künftig dorthin abgeschoben werden.21.06.2024 | 1:24 min
    Das Bundesinnenministerium schlägt vor, in Paragraf 54 des Aufenthaltsgesetzes einen weiteren Tatbestand für ein besonders schwer wiegendes Ausweisungsinteresse zu schaffen, nämlich für Hass-Postings auf Social Media.
    Die Besonderheit: Auf eine rechtskräftige Verurteilung, die ansonsten in den meisten Fallgruppen des Paragrafen 54 des Aufenthaltsgesetzes als Voraussetzung genannt ist, soll es nicht ankommen. Vielmehr soll es genügen, wenn der Tatbestand der Belohnung und Billigung von terroristischen Straftaten (Paragraf 140 Strafgesetzbuch) erfüllt sei - aber eben ohne Urteil. Paragraf 140 des Strafgesetzbuches sieht für solche Taten eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vor.
    Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen, Olaf Scholz (SPD), Bundeskanzler, und Boris Rhein (CDU)
    Die Bundesregierung will weiter prüfen, inwieweit Asylverfahren in Staaten außerhalb der EU ausgelagert werden können. Das ist das Ergebnis der Bund-Länder-Runde mit Bundeskanzler Olaf Scholz.21.06.2024 | 2:04 min

    Einzelfallprüfung bleibt ausschlaggebend

    Sollte der Entwurf Gesetz werden, könnte in Zukunft bereits ein Hass-Posting für eine Ausweisung genügen - zwingend ist das aber nicht. Denn am Ende muss immer "unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls" entschieden werden, und zwar auch wenn ein besonders schwer wiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.
    Außerdem bedeutet Ausweisung nicht gleich Abschiebung. Denn: Die Abschiebung ist der Vollzug der Ausweisung, wenn die ausreisepflichtige Person der Aufforderung zur Ausreise nicht freiwillig nachkommt. Hier bestehen die gleichen Hürden, die für Abschiebungen immer bestehen: Wer Opfer politischer oder sonstiger Verfolgung ist, darf nie abgeschoben werden - das gilt sogar bei verurteilten Straftätern.
    Euro2024 - Vorbereitung von Bund und Ländern
    Die Messerattacke in Mannheim hat die Debatte über die Abschiebung von gefährlichen Straftätern weiter angefacht. "Die Abschiebungsdebatte ist notwendig, aber löst nicht die Probleme", so NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).04.06.2024 | 4:46 min

    Gesetzentwurf auch politisches Signal

    Selbst wenn also in Zukunft auch Hasskommentare in sozialen Netzwerken eine Ausweisung begründen können, führt das nicht unbedingt zu vermehrten Abschiebungen. Gerade bei Ländern mit angespannten Sicherheitslagen und kritischen politischen Verhältnissen dürften Abschiebungen schwierig bleiben - so wie zum Beispiel im Fall von Afghanistan und Syrien, die zuletzt häufig im Fokus der öffentlichen Debatte standen.
    Bundesinnenministerin Faeser betont vor diesem Hintergrund auch die politische Signalwirkung des Reformvorschlags:

    Wir gehen hart gegen islamistische und antisemitische Hasskriminalität im Netz vor.

    Nancy Faeser, Bundesinnenministerin

    Ihr gehe es auch darum, auf das Debattenklima in sozialen Netzwerken einzuwirken, um "diese immer neuen Wellen das Hasses zu stoppen". Die aufgeheizte Stimmung befeuere weitere Gewalttaten.
    Bundestag
    Bundeskanzler Olaf Scholz will die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen. "Solche Straftäter gehören abgeschoben - auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan stammen", sagte Scholz im Bundestag.06.06.2024 | 2:43 min
    Anfang Juni hatte bereits Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Regierungserklärung im Bundestag eine harte Linie gegen die Billigung terroristischer Gewalt angekündigt: "Wer Terrorismus verherrlicht, wendet sich gegen alle unsere Werte und gehört auch abgeschoben."
    Daniel Heymann ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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