Bundestagswahl 2025: So stehen die Parteien zur Kernenergie
Kernenergie in Wahlprogrammen:Welche Parteien AKWs reaktivieren wollen
von Laura Ozdoba, Berlin
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Bei Union und AfD steht Kernenergie ganz hoch im Kurs. Eine Reaktivierung von AKWs wollen sie mindestens prüfen oder direkt umsetzen. Dabei sind die Betreiber selbst dagegen.
Die Union fordert ein Comeback von Atomkraftwerken. Das Problem: Neue AKWs produzieren zwar vergleichsweise klimaschonend Energie, für die Entsorgung neuen Atommülls ist eine langfristige Lösung aber nicht in Sicht.07.12.2024 | 3:48 min
Die Energiepolitik ist in den Programmen der Parteien zur Bundestagswahl eines der zentralen Wahlkampfthemen. Sicher soll die Versorgung sein, günstig und effizient - so weit herrscht Einigkeit. Auseinander driften die Haltungen besonders bei einem Punkt: der (anhaltenden) Debatte um eine Wiedereinführung der Kernenergie.
"Die Atomkraft in Deutschland ist stillgelegt und das ist gut so", heißt es etwa von Seiten der SPD. Während Grüne und Linke ihre Positionen als Atomkraft-Gegner festigen, schreiben Union und AfD in ihren Programmen, an der Option Kernenergie festhalten zu wollen. Die FDP hatte einen Wiedereinstieg bei einem Bundesparteitag im April 2024 zuletzt abgelehnt. In ihrem Wahlprogramm setzt die Partei nun doch auf die Förderung von Kernkraftwerken der "neuen Generation" und will die Entscheidung über eine Wiederinbetriebnahme den Betreibern überlassen.
Das BSW will zwar die Erforschung von Kernkrafttechnologien fördern, lehnt aber den Neubau konventioneller Atomkraftwerke ab. Parteichefin Sahra Wagenknecht stellte klar, dass sie die Option Kernenergie als Lösung für die nächsten Jahre für "Unsinn" hält.
Die FDP hat bei ihrem Bundesparteitag einen Antrag zum Wiedereinstieg in die Atomkraft knapp abgelehnt. Generalsekretär Djir-Sarai stimmte die Partei auf die Europawahl ein.28.04.2024 | 0:22 min
Union und AfD sehen AKW-Abschaltung als Fehler
Die AfD will die Kernenergie ausbauen, Forschungszentren und neue Kernkraftwerke schaffen sowie bestehende Kraftwerke so schnell wie möglich in Betrieb nehmen. Auch die Union will schnellstmöglich prüfen lassen, "ob angesichts des jeweiligen Rückbaustadiums eine Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke unter vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand noch möglich ist".
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kritisierte die Stilllegung der letzten AKWs zuletzt als "schweren strategischen Fehler". Mit sachlichen Entscheidungen habe das nichts zu tun gehabt.
Die letzten drei Meiler - "Emsland" in Niedersachsen, "Isar 2" in Bayern und Neckarwestheim 2" in Baden-Württemberg - wurden im April 2023 stillgelegt und befinden sich nun im Rückbau. Die Abschaltung erfolgte auf Basis des Atomgesetzes, welches den schrittweisen Atomausstieg bis Ende 2022 vorgesehen hat. Aufgrund einer Strommangellange infolge des Ukraine-Kriegs wurde die Laufzeit der letzten drei AKWs um 3,5 Monate verlängert. Die politischen Entscheidungen rund um diese Laufzeitverlängerung werden derzeit in einem Untersuchungsausschuss geprüft.
Hoffnung auf neue Technologien
CDU und CSU schreiben der Kernenergie mit Blick auf die Klimaziele und die Versorgungssicherheit eine "bedeutende Rolle" zu. Dabei setze man auf die Forschung zu Kernenergie der vierten und fünften Generation, Small Modular Reactors und Fusionskraftwerken.
Bill Gates hofft auf eine neue Zukunft der Kernenergie im Kleinformat: Mini-Atomkraftwerke in Serienproduktion. Sind Mini-AKWs die Lösung? Und wann kommen sie auf den Markt?15.04.2024 | 8:16 min
Die Argumente der Atomkraft-Befürworter sind nicht neu: Versorgungssicherheit unabhängig von Wetterbedingungen, Nachhaltigkeit, CO2-Reduktion, Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und deren Import - verbunden mit der Hoffnung, dass neue Reaktortypen und Technologien die Kernenergie effizienter und sicherer machen.
Dem gegenüber stehen etwa die ungelöste Atommüll-Problematik, die Risiken durch potenzielle Atomunglücke und Fragen von Wirtschaftlichkeit und Umsetzbarkeit einer Rückkehr zur Kernenergie.
152 Castor-Behälter aus dem ehemaligen Versuchsreaktor in Jülich sollen umgelagert werden. Die Genehmigung für das Zwischenlager ist bereits ausgelaufen. Jetzt sollen sie nach Ahaus gebracht werden.03.12.2024 | 2:00 min
Betreiber lehnen Atomkraft-Kehrtwende ab
Unabhängig von der brodelnden politischen Debatte ist es laut AKW-Betreibern für eine Wiederaufnahme des Betriebes zu spät. "Der Rückbau-Status unserer fünf Kernkraftwerke ist praktisch gesehen irreversibel", erklärte der Energieversorger EnBW ZDFheute. Auch einen Neubau von Atomkraftwerken, der nach eigenen Angaben mindestens zehn Jahre dauern würde, lehnt das Unternehmen ab.
Ähnlich deutlich äußerte sich PreussenElektra-Chef Guido Knott im November 2024 gegenüber ZDFheute. Auch RWE lehnte damals schon den Wiederbetrieb ab, verweist nun auf erneute Anfrage zudem auf "hohe regulatorische, technische und personelle Hürden", die damit verbunden wären und stellt die Wirtschaftlichkeit infrage.
Der Rückbau der abgeschalteten deutschen AKW würde sofort gestoppt, wenn es nach der CDU/CSU-Bundestagsfraktion geht. Vor dem Jahrestag des Ausstiegs fordert sie ein Moratorium.16.04.2024 | 7:29 min
Erneuerbare Energien sind die günstigere Alternative
Es würde sich nicht lohnen, Aufwand und Ertrag stünden in keinem Verhältnis, ist sich die Wirtschaftsprofessorin Claudia Kemfert sicher.
Und Mathias Mier vom ifo-Institut meint: "Der Neubau von Atomkraftwerken macht keinen Sinn."
Erneuerbare Energien seien deutlich preiswerter, könnten zur Versorgungssicherheit beitragen und positive wirtschaftliche Entwicklung schaffen, so Kemfert. Entgegen Merz' Äußerungen hält Kemfert die Abschaltung nicht für einen Fehler oder Ideologie und argumentiert, dass die CDU den Atomausstieg selbst beschlossen und die Rahmenbedingungen dafür geschaffen habe. "Ohne weiteres hätten sich die Atomkraftwerke über das bereits verlängerte Datum hinaus nicht verlängern lassen, da Sicherheitsaspekte, das Atomgesetz und energiewirtschaftliche Aspekte es nicht ermöglicht haben."
Von dem Bewusstsein über die Verantwortung seiner Partei für den Atomausstieg lässt Friedrich Merz wenig durchblicken, räumte während seiner Rede im Rahmen einer Wahlkampfveranstaltung aber auch ein:
CSU-Chef Söder lehnt eine schwarz-grüne Koalition weiterhin ab - wegen Unterschieden bei Migrations- und Wirtschaftspolitik. Alle News hier im Wahlkampf-Ticker.
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Quelle: ZDF
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