Wie sich Armut anfühlt:"Geld reicht zum Überleben, nicht zum Leben"
von Leonie Peschke
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Susanne Buchweitz ist "Aufstockerin" und lebt an der Armutsgrenze. Wie gehen sie und ihre Familie damit um? Und was müsste sich für weniger Armut ändern?
Bis zu zwei Millionen Menschen nehmen das Hilfsangebot der Tafeln regelmäßig in Anspruch.
Quelle: dpa
Pommes im Freibad, ein neues Paar Schuhe kaufen: Was für viele Menschen selbstverständlich ist, muss sich Susanne Buchweitz genau überlegen. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern, neun und 13 Jahre alt, an der Armutsgrenze.
Buchweitz arbeitet im Pflegebereich und ist Alleinverdienerin, seit ihr Mann krank geworden ist und nicht mehr arbeiten kann. Ob er je wieder einen Job findet, weiß die 43-Jährige nicht. Um mehr zu verdienen, macht sie derzeit eine Ausbildung zur Pflegefachfrau - neben der Betreuung von zwei Kindern.
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2.700 Euro pro Monat für vier Personen
Das Ausbildungsgehalt der 43-Jährigen beträgt 1.200 Euro im Monat. Hinzu kommen etwa 1.000 Euro Bürgergeld und 500 Euro Kindergeld - 250 Euro pro Kind. Zusätzlich kann Buchweitz die Kosten für Bildung und Teilhabe in Höhe von 15 Euro pro Monat für ihre Kinder in Anspruch nehmen, zum Beispiel für Sportvereine und Kultur.
Insgesamt rund 2.700 Euro hat die vierköpfige Familie im Monat also zur Verfügung. Buchweitz ist eine sogenannte Aufstockerin - ihr Einkommen deckt den Lebensunterhalt nicht, deshalb kann sie es mit Bürgergeld ergänzen. Aber von den 2.700 Euro muss die Familie auch ihre Fixkosten bezahlen: Strom, Gas und Miete.
An der Schwelle zur Armut
Als armutsgefährdet galten in Deutschland im Jahr 2023 nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren, wenn sie inklusive staatlicher Transferleistungen ein Haushaltseinkommen von weniger als 2.620 Euro pro Monat haben. Zum Vergleich: Bei Alleinerziehenden mit einem Kind unter 14 Jahren lag die Armutsgefährdungsschwelle im Jahr 2023 bei 1.622 Euro.
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An der Schwelle von 2.630 Euro ist Familie Buchweitz nah dran. "Das Geld reicht zum Überleben, aber nicht zum Leben." Buchweitz selbst war noch nie im Urlaub, ihren Kindern kann sie zumindest eine Auszeit bei ihren Eltern ermöglichen, die in Ostfriesland leben.
Kauft die 43-Jährige ihren Kindern im Freibad mal eine Pommes, steckt sie selbst zurück und verzichtet aufs Essen. Die 260 Euro für die Klassenfahrt ihrer Tochter muss Buchweitz vorlegen, bevor es aus dem Topf für Bildung und Teilhabe bezahlt wird.
Betroffene haben Sorgen und Scham
Wie Familie Buchweitz geht es auch vielen anderen Menschen in Deutschland, weiß Andreas Steppuhn, Vorsitzender der Tafel Deutschland. Doch die wenigsten gingen offen mit ihrer Armut um, die Scham sei groß.
Die Eltern wüssten nicht, wie sie aus der Situation herauskommen können, obwohl sie den ganzen Tag arbeiten.
Andreas Steppuhn, Vorsitzender von Tafel Deutschland, sieht die ehrenamtliche Hilfe an der Grenze ihrer Möglichkeiten.
Quelle: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Peter Gercke
Organisationen und Vereine wie die Tafel können zwar Unterstützung bieten, doch nur begrenzt, sagt Steppuhn. Die Ehrenamtlichen würden längst an ihre Grenzen stoßen. 1,6 bis zwei Millionen Menschen kommen regelmäßig zur Tafel, um sich gerettete Lebensmittel abzuholen. "Da ist kein großes Wachstum mehr möglich", sagt Steppuhn. Er sieht die Politik in der Pflicht, um den Teufelskreis der Armut zu durchbrechen.
Tafelvorsitzender: Politik muss handeln
"Das Bürgergeld reicht nicht", betont Steppuhn. Das sehe man ja daran, wie viele Menschen regelmäßig zu den Tafeln kämen.
Susanne Buchweitz wird schon bald mit ihrer Ausbildung zur Pflegefachkraft fertig sein. Dann verdiene sie etwas mehr, sagt sie. Und: Weil die Mutter regelmäßig Vorurteilen begegne, wünscht sie sich mehr Anerkennung aus der Gesellschaft: "Aufstocker sind nicht einfach nur faul. Sie arbeiten - aber kriegen eben nicht mehr Geld. Und dafür können sie nichts."
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