"Viele Juden haben Angst": Antisemitismus an FU-Berlin

    Antisemitismus an der FU Berlin: "Viele Juden haben Angst": Uni in der Kritik

    Ninve Ermagan
    von Ninve Ermagan
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    An der FU nehmen seit Wochen antisemitische Ausschreitungen zu. Jüdische Studierende fordern den Rücktritt der Uni-Leitung - die hat nun reagiert und "Maßnahmen" angekündigt.

    Typical: Freie Universität Berlin
    Vertreter der Jüdischen Studierendenunion erheben schwere Vorwürfe gegen den Präsidenten der FU.
    Quelle: Imago

    Verbreitung antisemitischer Flyer, Plakate mit der Aufschrift "Israel hat über den 7. Oktober gelogen" und die Spitze des Eisbergs: Gewaltsame Rangeleien und Drohungen gegen jüdische Studierende.
    Die Auswüchse antisemitischer Vorfälle an der Freien Universität seien inzwischen so weit fortgeschritten, dass zahlreiche Juden nicht mehr alleine den Campus betreten wollen und Angst hätten, ihren Davidstern zu tragen - das berichtet der jüdische Student Lior Steiner. Gleichzeitig wird die Kritik an der Universitätsleitung immer lauter.
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    Hörsaalbesetzung durch "FU Students for a Free Palestine"

    Der Anlass für die neuesten Ausschreitungen war eine Rundmail der Universitätsleitung am 5. Dezember, die sich mit allen Opfern des aktuellen Kriegs in Nahost solidarisiert: "Wir trauern um alle unschuldigen Opfer und sprechen all denjenigen unser tiefes Mitgefühl aus, die Familienangehörige und Freunde verloren haben oder weiter um diese bangen."
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    Diese Mail sorgte für weitere Eskalationen an der Universität. So kam es am 14. Dezember an der FU zu einer Hörsaalbesetzung der Gruppe "FU Students for a Free Palestine." Die Begründung der Studierenden:

    Als Mitglieder der FU Berlin haben wir aktiv gegen die Komplizenschaft der Universität mit Israels Völkermord am palästinensischen Volk protestiert.

    FU Students for a Free Palestine

    Vortrag von "Young Struggle" zum Thema "German Guilt"

    Mehr als sechs Stunden dauerte die Aktion bis die Polizei eingriff und die Besetzung räumte. Lior Steiner erzählt im Interview mit ZDFheute, dass ihm als jüdischer Student der Zugang zu dem Hörsaal verweigert wurde. "Zionisten kommen hier nicht rein", sollen ihm pro-palästinensische Studierende entgegnet haben.
    Doch der jüdische Student erkämpfte sich den Zutritt und wurde in dem Saal ausgelacht und ausgebuht. Er verfolgte den Vortrag der linksradikalen Gruppe "Young Struggle" zu dem Thema "German Guilt und Imperialismus" (Deutsche Schuld). Sätze wie: "Beim Holocaust sind auch Kommunisten gestorben", sollen gefallen sein. Lior beklagt:

    Sie verloren jedoch kein einziges Wort über die ermordeten Juden.

    Lior Steiner, jüdischer Student

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    "Israel hat kein Existenzrecht"

    Eine andere Rednerin betonte: "Israel hat kein Existenzrecht" und es gebe "keine israelische Nation." Lior habe daraufhin die Uni-Leitung mehrfach aufgefordert, die Aktion zu beenden: "Die Uni verwies jedoch auf die Meinungsfreiheit".
    Auch vor dem Hörsaal kam es zu mehreren Rangeleien. Pro-israelische Studierende versuchten, neben den Bildern der getöteten Palästinenser, auch Poster der Hamas-Geiseln aufzukleben.

    Plakate der Hamas-Geiseln abgerissen

    Videoaufnahmen zeigen, wie die Fotos der Geiseln gewaltsam abgerissen wurden. "Scheiß Zionisten, verpisst euch jetzt, denn das ist unsere Uni", sollen sie laut Lior geschrien haben. Auch dies sei eine neue Form des Antisemitismus:

    Sie trauen sich nicht, "Scheiß Juden" zu sagen, deshalb sprechen sie von Zionisten.

    Lior Steiner, jüdischer Student der FU

    FU Berlin: Aktion "nicht genehmigt"

    Immer wieder wurde Druck auf die Universitätsleitung ausgeübt. Die FU hatte den Polizeieinsatz dann Stunden später - "gegen 16 Uhr" veranlasst. Die Aktion sei "nicht genehmigt", hieß es in dem Statement der Universitätsleitung. Auf Anfrage von ZDFheute verurteilt die Universitätsleitung die antisemitischen Äußerungen.

    Die Besetzung wird anhand von vorliegendem Material zur Zeit auf strafrechtlich relevantes Verhalten geprüft.

    Pressestelle der Freien Universität auf Anfrage von ZDFheute

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    JSUD: "Keine Empathie mit den jüdischen Studenten"

    Nun erheben Vertreter der Jüdischen Studierendenunion schwere Vorwürfe gegen den Präsidenten der FU. In einem offenen Brief kritisiert der Vizepräsident der JSUD, Noam Petri, das Statement der FU: "Kein Eingeständnis des Kontrollverlustes, keine Empathie mit den jüdischen Studenten" wirft er der Unileitung vor.
    Zudem würde der Präsident den Antisemitismus an seiner Universität leugnen: "Das linke Schuld-Kult-Gelaber in Form von 'Free Palestine from German Guilt' ist salonfähig und wurde schon auf Plakaten auf dem Campus der FU gesichtet". Ein marxistischer Lehramtsstudent habe gemeinsam mit Kommilitonen zur Intifada "von Dahlem bis nach Gaza" aufgerufen.

    Drohungen gegen jüdische Studierende

    Und eine weitere Sorge: Die Drohungen gegen jüdische Studierende. Mit der Frage: "Schämst du dich nicht, den Davidstern zu tragen?" werden Studierende wie Lior nun zunehmend konfrontiert. Auch Drohungen auf Social Media haben zugenommen.
    Mehrere Menschen versammeln sich zu einer pro-palästinensischen Demonstration vor einer Universität. Sie tragen Plakate und die palästinensische Nationalflagge.
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    Was den jüdischen Studenten besonders schockiert: Die fehlende Verurteilung der Hamas-Gräueltaten: "Ohne den Angriff der Hamas würde es die Opfer in Gaza nicht geben. Auf beiden Seiten sind das alles Opfer der Hamas." Der jüdische Student gibt zu verstehen:

    Ich fühle mich unwohl, durch gewisse Orte der Universität zu laufen. Viele Juden haben Angst und trauen sich nicht mehr alleine in die Uni.

    Lior Steiner, jüdischer Student der FU

    Forderung des Rücktritts der Universitätsleitung

    Andere würden die Uni überhaupt nicht mehr betreten. Im Gespräch mit ZDFheute bekräftigt Petri die Forderung des Rücktritts der Universitätsleitung und die Exmatrikulierung antisemitischer Studenten. Neben linksextremistischen Gruppierungen beunruhigen ihn auch islamistische Akteure wie "Realität Islam", die Flyer gegen Israel auf dem Uni-Gelände verteilen.

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    Demonstranten mit Plakaten, darunter eines mit der Geisel Noa Argamani

    Uni-Präsident: Hausverbote werden geprüft

    Am Abend - kurz nach Erscheinen dieses Artikels - wies Universitätspräsident Günter Ziegler Kritik zurück und kündigte Maßnahmen an. "Wir tun 'ne Menge, wir sind unterwegs, wir müssen aber auch darüber reden", sagte Ziegler in der RBB-"Abendschau". Er kündigte auch einen zentralen Beauftragten für Betroffene von Antisemitismus an. "Da wird eine Menge aufgebaut."
    Der Uni-Präsident sagte weiter: "Wir zeigen an, wo es notwendig ist. Hausverbote werden geprüft, Strafanzeigen sind etliche schon gefallen und da werden auch noch zusätzliche kommen nach allem, was ich sehen kann." Er betonte außerdem: "Das Existenzrecht Israels steht nicht in Frage."
    Quelle: mit Material von dpa

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