BKA-Chef: Tat und Hintergründe schnellstmöglich aufklären

    BKA-Chef Holger Münch:"Tat und Hintergründe schnellstens aufklären"

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    Der Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, sieht einen "untypischen Täter", der nicht in ein Raster passe. Der Fall müsse jetzt in Ruhe analysiert werden.

    Hayali Münch Schaltgespräch
    "Hier haben wir allerdings keinen Hinweis auf einen islamistisch motivierten Anschlag, ganz im Gegenteil", sagt Holger Münch, Chef des BKA im Interview.21.12.2024 | 4:47 min
    Am Morgen nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg mit fünf Toten und 200 Schwerverletzten haben die Zuständigen der Länder über die Sicherheitskonzepte für Weihnachtsmärkte beraten. Beteiligt war auch das Bundeskriminalamt. Der Präsident des BKA, Holger Münch, betont im heute journal, man müsse auf der einen Seite die Sicherheit, auf der anderen aber auch die Flucht- und Rettungwege im Blick haben.
    ZDF: Guten Abend nach Bremen zu Holger Münch, seit zehn Jahren Chef des Bundeskriminalamtes.
    Holger Münch: Guten Abend, Frau Hayali. 
    ZDF: Was heißt denn die Tat nun für alle anderen Weihnachtsmärkte? Werden die Konzepte überprüft? Gibt es Verschärfungen? 
    Münch: Wir haben heute Morgen um 9 Uhr mit allen Bundesländern zusammen eine Schaltkonferenz gemacht und dann auch nochmal die Frage gestellt, ob es unmittelbare Ableitungen aus diesem Ereignis gibt. Das Ergebnis war, dass in den Bundesländern die Präsenz noch einmal hochgefahren wird, auch nochmal geguckt wird, gibt es neuralgische Punkte, die man besser absichern muss, zum Beispiel durch Einsatzfahrzeuge. Das wird jetzt getan und natürlich wird auch für die Zukunft dann ausgewertet, was das nochmal bedeutet für die Sicherheitskonzepte. 
    TOPSHOT - A Santa Claus figure is seen among flowers and candles near the site of a car-ramming attack on a Christmas market in Magdeburg, eastern Germany, on December 21, 2024, resulting in several deaths and dozens of injured. German media reports that the death toll has risen to four over night and up to 200 injured in the attack on December
    Am Tag nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg sind weiterhin viele Fragen offen. Die Zahl der Toten ist auf fünf gestiegen, mehr als 200 Menschen wurden verletzt.21.12.2024 | 2:35 min
    ZDF: Sie haben die neuralgischen Punkte angesprochen, wir haben gelernt, Fluchtkorridore muss es geben, das ist klar, aber dass die auch nicht abgesichert sind, das war irgendwie nicht richtig klar. Zum Beispiel durch absenkbare Poller, warum gab es das da nicht in Magdeburg? 
    Münch: Nun, das kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich glaube, das wird in Magdeburg jetzt intensiv auch selber beraten. Was können wir tun? Hätte man auch etwas anderes tun müssen im Vorfeld? Sie müssen aber sehen, natürlich hat ein Sicherheitskonzept viele Facetten. Es geht auf der einen Seite natürlich darum, solche Ereignisse zu verhindern, auf der anderen Seite aber auch sicherzustellen, dass man Flucht- und Rettungswege freihält.
    Und vor dem Hintergrund des heutigen Ereignisses wird man das sicherlich noch einmal überprüfen. Aber ich kann aus der Entfernung jetzt hier keine Analyse zu Magdeburg anstellen. Und das wird man, glaube ich, in Magdeburg, in Sachsen-Anhalt, jetzt auch tun. 
    Taleb A. Täter
    Wer ist der Mann, der mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gerast ist und dabei mindestens fünf Menschen getötet hat? Was man bisher weiß – eine Übersicht.21.12.2024 | 2:16 min
    ZDF: Sie haben kürzlich von einer Zeitenwende der inneren Sicherheit gesprochen. Wenn nicht jetzt, wann dann? 
    Münch: Ja, wir haben ja viele Herausforderungen aktuell und wir haben immer gesagt, das Anschlagsrisiko ist nicht weg. Hier haben wir allerdings keinen Hinweis auf einen islamistisch motivierten Anschlag, ganz im Gegenteil. Der Sachverhalt selbst, von der Tatbegehungsweise, der lässt sich so einsortieren, wie man das auch befürchten könnte. Allerdings eine völlig andere Motivationslage, ein, wenn man so will, auch untypischer Täter, der nicht in ein solches Raster passt. 
    Die Spurensicherung arbeitet an einem Auto, mit dem ein Täter in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg gefahren sein soll.
    Verschwörungstheorien, anti-islamische Äußerungen, mutmaßliche AfD-Nähe - Wer ist dieser 50-jähriger Mann aus Saudi-Arabien, der in Magdeburg einen grausamen Anschlag verübt hat? 21.12.2024 | 2:11 min
    ZDF: Aber die Motivationslage kann ja nicht der Anlass sein, jemanden nicht weiter zu beobachten. Also der Täter hat sich auf der Plattform X häufiger geäußert, hat seinen Unmut gegenüber Deutschland geäußert. Sicherheitsbehörden waren auch schon bei ihm vorstellig. Warum hatte das alles keine Konsequenzen? 
    Münch: Nun, Sie müssen immer schauen, was sind das für Auslöser und was gilt es hier zu überprüfen? Wir selbst waren einmal auch Adressat eines Hinweises aus Saudi-Arabien im November 2023. Hier ist auch ein Verfahren eingeleitet worden. Die Polizei in Sachsen-Anhalt hat dann auch entsprechende Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen. Aber das war so unspezifisch, dass man es auch am Ende hätte als eine Warnung begreifen können: In Deutschland wird etwas passieren, beantragt hier kein Asyl.
    Der Mann hat im Weiteren auch eine Unzahl von Posts im Internet veröffentlicht. Er hat auch verschiedene Behördenkontakte gehabt, Beleidigungen, auch mal Drohungen ausgesprochen. Er war aber nicht bekannt, was Gewalthandlungen angeht. Das ist immer dann auch ein Alarmsignal. Insofern, glaube ich, werden wir, wenn wir die ganzen Dinge jetzt noch mal am Tisch haben, sicherlich auch noch mal prüfen müssen, ist uns etwas durchgegangen als Sicherheitsbehörden insgesamt. Aber noch einmal, wir haben hier ein völlig untypisches Muster. Wir müssen das auch in Ruhe jetzt auch analysieren. 
    Hayali Neumann Schaltgespräch
    Der Täter von Magdeburg habe seine Wut im Vorfeld vor allem in den sozialen Netzen mitgeteilt, sagt Terrorismusexperte Peter Neumann. Man müsse auf "schwache Signale" reagieren.21.12.2024 | 3:55 min
    ZDF: Muster ist das eine, Motiv das andere, war es denn, wir sagen ja immer noch mutmaßlich Terroranschlag, also war es ein Terroranschlag, politisch, religiös, ideologisch motiviert oder war es ein Amoklauf, das sind dann eher persönlich motivierte Taten, die in der Regel durch einen psychischen Ausnahmezustand ausgelöst werden? 
    Münch: Es gab heute eine erste Vernehmung des Tatverdächtigen. Und auch danach sagt der Generalbundesanwalt noch nicht eindeutig, wie der Sachverhalt einzuordnen ist. Natürlich hat er auch islamfeindliche Einstellungen. Er hat auch sich mit rechtsextremen Plattformen beschäftigt, hat auch Interviews gegeben. Aber jetzt der Rückschluss aus dem, was er sagt, zu dem, was er getan hat, daraus zu sagen, es ist politisch motiviert, das ist heute noch nicht abschließend möglich.
    Unabhängig davon werden wir natürlich alles tun, um den Sachverhalt zu ermitteln. Der Generalbundesanwalt ist immer erst dann zuständig, wenn es eine politisch motivierte Tat ist. Wir sind jetzt auch mit einer größeren Anzahl von Beamtinnen und Beamten in Sachsen-Anhalt und werden unterstützen, wo immer es geht. Denn am Ende haben wir das Ziel, diese Tat so schnell wie möglich aufzuklären und die Hintergründe aufzuklären. 

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    Quelle: ZDF

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    Quelle: ZDF

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