Die Ampel: Stationen einer Koalition

Direkt nach der Bundestagswahl ist erst einmal nicht klar, ob Olaf Scholz (SPD) Kanzler in einer Ampel-Regierung wird. Oder Armin Laschet (CDU) in einer Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen.

Doch die SPD wird stärkste Kraft und leitet daraus den Regierungsauftrag ab. Laschet ist nach seinem historisch schlechten Ergebnis nicht mehr tragbar in der Union. In der FDP gibt es viele Stimmen, die sich für eine Ampel aussprechen. Auch, weil es der FDP neue Machtoptionen jenseits der Union verspricht.

Die Ampel war zuvor bereits erprobt. In Rheinland-Pfalz etwa waren Malu Dreyer (SPD) und Volker Wissing (FDP) beteiligt. Ende 2021 verhandeln beide dann die Ampel auf Bundesebene mit.

"Die Ampel steht", verkündet Olaf Scholz. Am 7. Dezember 2021 unterzeichnen SPD, Grüne und FDP den Koalitionsvertrag mit dem Titel "Mehr Fortschritt wagen". Digitalisierung und gesellschaftspolitische Themen bilden den Kitt der Ampel.

Voraussetzung für die Ampel ist eine Annäherung zwischen Grünen und FDP. Sinnbildlich geworden für diese "Zitruskoalition" ist ein Selfie von Annalena Baerbock, Robert Habeck, Christian Lindner und Volker Wissing. Sie schreiben dazu auf Instagram:

Bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags schwärmt FDP-Chef Lindner geradezu vom neuen Kanzler: "Wir haben während der Verhandlungen Olaf Scholz neu kennengelernt. Wir haben ihn erlebt als eine starke Führungspersönlichkeit." Spätestens aus heutiger Sicht ist klar: Die Einigkeit war zumindest in Teilen auch inszeniert.

Im Februar 2022 greift Russland die Ukraine an. Dieses Ereignis wird die gesamte Ampel-Zeit überlagern und die Agenda der Koalition bestimmen.

Kanzler Scholz verkündet im Bundestag ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für Verteidigung. In seiner Rede fällt dann der Satz, der seine Kanzlerschaft prägen dürfte:

Die Befürworter der Ampel sagen, die Koalition ist besser als ihr Ruf. Tatsächlich arbeitet die Ampel durchaus viele ihrer Vorhaben ab. Eine Bertelsmann-Analyse bescheinigt der Koalition, in vielen Punkten das Versprochene umgesetzt zu haben.

Zwei Beispiele: Die Ampel legalisiert Cannabis und verabschiedet das sogenannte Selbstbestimmungsgesetz. Demnach ist es möglich, den eigenen Geschlechtseintrag bei Ämtern einmal jährlich ändern zu lassen. Diese beiden gesellschaftspolitischen Sachthemen bleiben - trotz Kritik - auf der Haben-Seite der Ampel.

Es ist vielleicht der größte Knacks der Koalition: Robert Habecks sogenanntes Heizungsgesetz, also die Pflicht zum Einbau klimafreundlicher Heizungen. Durch eine Indeskretion wird sein Gesetzesentwurf in einem frühen Stadium öffentlich.

Habeck und die Grünen erhalten das Image der Verbotspartei. Die Beliebtheit des Vizekanzlers und der Grünen sinkt. Auch für die Ampel entsteht ein nachhaltiger Schaden. Als dann auch noch das Bundesverfassungsgericht den Haushalt der Ampel kassiert, hat die Ampel ein ernsthaftes Problem.

Im Herbst 2024 muss Robert Habeck desaströse Wirtschaftszahlen verkünden. Das zweite Jahr in Folge befindet sich Deutschland in der Rezession. Das hat es erst einmal in der Geschichte der Bundesrepublik gegeben.

Die Koalition streitet, wie sie aus der Wirtschaftskrise herauskommen kann. Habeck fordert Investitionen auf Pump. Lindner lehnt das ab und veröffentlicht ein eigenes Papier. Darin fordert er unter anderem die Verschiebung der Klimaziele.

Es folgen tagelange Krisengespräche im Kanzleramt, unter vier Augen und unter sechs Augen. Am 6. November entlässt Kanzler Scholz seinen Finanzminister. Einen Tag nach der US-Wahl.