Die Regierung will die Aktienmärkte als neue Finanzquelle erschließen. Das Generationenkapital soll bald kommen. Ist das eine gute Idee oder nicht?
Rentner-Ehepaar - kann das schwedische Modell das deutsche Rentensystem retten?(Archivfoto)
Quelle: Imago
Bislang ist es nur ein Gesetzentwurf. An dessen Ende aber soll nichts Geringeres als die Absicherung des jetzigen Rentenniveaus stehen.
Der Grundgedanke lautet: 45 Jahre Beitragszahlung sollen weiterhin dazu führen, eine Rente von 48 Prozent des Durchschnittseinkommens zu erhalten. Diese sogenannte Haltelinie mitfinanzieren soll künftig die Aktienrente.
Staat will an Aktienmärkten investieren
Im Regierungsjargon wird sie allerdings Generationenkapital genannt, wahrscheinlich weil es weniger nach Spekulation klingt. Wie auch immer man nun die neuen Pläne nennt: Der Staat will künftig selbst an den Aktienmärkten investieren. Und zwar so, wie man es jedem Kleinanleger erst mal nicht rät. Nämlich finanziert über Schulden. Bis 2035 soll so ein Kapitalstock von 200 Milliarden Euro aufgebaut werden.
Kein Wunder, dass es da mahnende Stimmen gibt. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, etwa wettert:
Aktien auf Pump zu kaufen, bringt kaum Rendite und ist extrem risikoreich. Die gesetzliche Rentenversicherung ist denkbar ungeeignet, um damit an der Börse zu spekulieren.
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Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands
Nicht ganz zu verstehen ist zudem, dass das Prinzip "keine neuen Schulden machen" ausgerechnet für eine Aktienrente außer Kraft gesetzt wird, nicht aber für Bildung oder eine gute Infrastruktur.
Rentenexperten: Kapital müsste längst verfügbar sein
Zudem glauben viele Rentenexperten, dass man mit der Aktienrente zu spät dran ist. Jetzt, am Vorabend der großen Baby-Boomer-Verrentung, müsste der Kapitalstock eigentlich längst zur Verfügung stehen, um das künftige Missverhältnis zwischen Beitragszahlern und Empfängern ausgleichen zu können.
"Einen Paradigmenwechsel in der Rentenpolitik" – das verspricht die Bundesregierung mit ihrem Rentenpaket II. Sie will die gesetzliche Rente künftig durch Aktien mitfinanzieren.
05.03.2024 | 2:32 min
Daneben hört man immer wieder Kritik an der Summe selbst. Die sei viel zu gering. Auch Jens Boysen-Hogrefe, vom Institut für Weltwirtschaft, tadelt: "Die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung liegen bei jährlich fast 400 Milliarden Euro. Selbst bei einem eher günstig angenommenen Nettoertrag von 5 Prozent (Aktienrenditen über Zinsausgaben) bräuchte es einen Kapitalstock von acht Billionen Euro (zwei Mal das BIP), um die Rente komplett auf Kapitaldeckung zu bringen."
Davon sind die aktuellen Pläne sehr weit entfernt.
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Jens Boysen-Hogrefe, Institut für Weltwirtschaft
Was spricht also für das Generationenkapital?
Zunächst einmal scheint die Befürchtung, dass schuldenfinanzierte Aktien für Deutschland problematisch seien, bei näherer Betrachtung übertrieben. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, meint dazu:
Der Staat hat eine so gute Bonität, dass er geringere Zinsen zahlen muss als das Aktienportfolio als Ertrag abwirft.
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Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank
Heißt: der Gewinn aus den Aktien wird wohl die Zinslast für Deutschland in der Regel deutlich übertreffen. Zudem ist klar, dass Beiträge und Steuerzuschüsse das System in seiner jetzigen Form nicht mehr lange tragen können.
Experte: Aktien werden in Deutschland zu Unrecht kritisch gesehen
Umso positiver ist deshalb zu sehen, dass über neue Renten-Finanzierungsmöglichkeiten nachgedacht wird. Auch, wenn es sich bei der neuen Finanzierungsform um Aktien handelt und diese in Deutschland fast schon traditionell kritisch gesehen werden. Jens Boysen-Hogrefe glaubt, zu Unrecht:
Es werden einzelne Krisen erinnert, aber nicht die langfristig gute Entwicklung und die positiven Beispiele von anderen Staatsfonds.
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Jens Boysen-Hogrefe, Institut für Weltwirtschaft
Dabei lohnt ein Blick ins Ausland. In Schweden ist man deutlich weiter. Dort legen die Beschäftigten seit Ende der 1990er Jahre 2,5 Prozent ihres Lohnes am Kapitalmarkt zu einem großen Teil in Aktien an. Der dortige Såfa-Fonds, der von mehr als fünf Millionen Schweden für die Prämienrente genutzt wird, hat in den vergangenen 20 Jahren eine Rendite von jährlich knapp zehn Prozent erwirtschaftet.
Dennoch muss man realistisch bleiben. In seiner jetzigen, deutlich kleineren Ausprägung als in Schweden, kann das Generationenkapital kein Gamechanger sein. Die Aktienrente ist deshalb höchstens Teil der Lösung und nicht die Lösung selbst.
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