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Initiatoren wollen Debatte:Wird das AfD-Verbot Thema im Bundestag?
von Nicole Diekmann
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Kommende Woche soll ein Antrag auf ein AfD-Verbot im Bundestag beraten werden. Die Initiatoren geben sich optimistisch. Zurecht?
Der Antrag zielt darauf ab, dass der Bundestag die Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens gegen die AfD beschließt. (Symbolbild)
Quelle: dpa
In der Pressemitteilung der Initiatoren klingt es, als sei schon alles klar: "Der Gruppenantrag auf Entscheidung des Bundestages über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD wird auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Bundestages gesetzt und beraten werden", heißt es.
Fragt man bei der Bundestagsverwaltung nach, klingt das allerdings anders: "Noch steht dieser Punkt nicht auf der Tagesordnung", sagt eine Pressesprecherin dem ZDF. "Aber kommenden Dienstag sitzen die Parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen zusammen und beraten über die Tagesordnung. Dann kann die Debatte natürlich noch aufgesetzt werden."
124 Abgeordnete befürworten Antrag
So ist das normale Prozedere. Das die Abgeordneten hinter dem Antrag natürlich kennen. Marco Wanderwitz aus der CDU. Martina Renner von der Linken und andere sind erfahrene Parlamentarier. Dass sie die Debatte über ihren Vorstoß als Behauptung formulieren, darf man als Optimismus auffassen. Womöglich sogar als Zweckoptimismus.
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Vorbehalte in den Fraktionen
Und: Die Vorbehalte ziehen sich auch durch die Fraktionen, aus deren Reihen Wanderwitz und andere Unterstützung erfahren. Als der Antrag im November vorgelegt wurde, ließen etwa CDU-Fraktionschef Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt keinen Zweifel daran, was sie von der Initiative halten: nichts.
"Ich bin mir ziemlich sicher, dass radikale und auch extremistische Elemente in der AfD vorhanden sind", sagte Dobrindt damals auf einer Pressekonferenz. "Ich will aber unter keinen Umständen der AfD eine zusätzliche Möglichkeit geben, sich als Opfer zu inszenieren." Man müsse die AfD mit besserer Politik kleinkriegen und nicht mit einem Verbotsantrag.
Auf die Frage, wie er das sehe, antwortet der neben Dobrindt stehende Merz: "Genauso." Auch der Kanzler: dagegen. Es sei seine persönliche Überzeugung, "dass man bei einem Verbotsverfahren sehr vorsichtig sein muss", sagte Scholz Anfang Dezember. "Das Schlimmste wäre ein Verfahren, das man beantragt, das mehrere Jahre dauert, und wo es dann vielleicht am Ende schiefgeht."
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Hohe Hürden für ein Parteiverbot
Die Hürden für ein Parteiverbot liegen in Deutschland hoch. Anschieben kann es der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung. So regelt es Artikel 21 im Grundgesetz. Beschließen aber kann es nur das Bundesverfassungsgericht - nach einer intensiven Prüfung. An deren Ende die Entscheidung stehen könnte: Es reicht nicht für ein Verbot. So ist es gleich zweimal im Falle der NPD passiert. Auch deshalb herrscht bei Vielen Zurückhaltung.
Zudem sind sich auch Juristen nicht einig in der Frage, wie wahrscheinlich ein AfD-Verbot dann am Ende wirklich wäre. Allerdings sprechen sich immer mehr öffentlich für ein Verfahren aus: Vor rund zwei Wochen forderten 200 Juristen in einem offenen Brief ein Verbotsverfahren.
Und im November schätzten 17 Verfassungsrechtler in einer rechtswissenschaftlichen Stellungnahme an den Bundestag die Erfolgsaussichten eines Verbotsantrages ebenfalls als hoch ein.
Das Parteiverbot ist in Artikel 21 des Grundgesetzes geregelt. Dessen Absatz 2 gibt vor: "Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig."
Zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung gehören etwa:
- Das Recht des Volkes, durch Wahlen selbst seine Vertretung zu bestimmen
- Das Rechtsstaatsprinzip, verwirklicht u.a. durch unabhängige Gerichte
- Die Achtung der Menschenrechte, allen voran der Menschenwürde
Über die Verfassungswidrigkeit einer Partei entscheidet allein das Bundesverfassungsgericht. In der Geschichte der Bundesrepublik gab es bislang zwei Parteiverbote:
- 1952 gegen die Sozialistische Reichspartei (SRP), einer Nachfolgepartei der NSDAP
- 1956 gegen die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)
Wanderwitz: Verbotsantrag "alternativlos"
Marco Wanderwitz bezeichnet den Schritt, den Antrag zu stellen, als "alternativlos. "Bei ihrer ständigen weiteren Radikalisierung äußert die AfD immer unverhohlener auch geschichtsrevisionistische Positionen, wie jüngst Frau Weidel, dass Hitler Kommunist gewesen sei", so Wanderwitz.
Damit bezieht er sich auf das vielbeachtete Gespräch zwischen der AfD-Kanzlerkandidatin und Elon Musk auf dessen Plattform X, vormals Twitter, vor rund zwei Wochen. Tatsächlich hatte Weidel dort die unter Rechtsextremisten gängige Behauptung aufgestellt.
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Experten bezeichnen dies als den Versuch, Rechtsradikalismus salonfähig zu machen. Ob sich genug Abgeordnete Wanderwitz’ Sichtweise anschließen - und ob dies in der kommenden Woche überhaupt deutlich wird, ist völlig unklar.
Denn noch ist nicht mal gesichert, dass der Antrag zur Abstimmung kommt. Und bis zur Neuwahl gibt es dann im Februar nur noch zwei Sitzungstage im Bundestag. Der Bedarf an Zweckoptimismus ist also hoch.
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