Backgroundcheck:Was ein AfD-Wahlsieg für Schulen bedeuten kann
von F. Lukaschik, N. Metzger, K. Schubert
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Bei den Landtagswahlen hofft die AfD auf starke Ergebnisse. Reicht das für eine Regierungsbeteiligung, könnte die Partei vor allem die Bildungspolitik umkrempeln. Die Hintergründe.
Laut Umfragen würde fast ein Drittel der Menschen in Thüringen der AfD ihre Stimme geben. Was wenn die AfD an einer Landesregierung beteiligt wäre?13.08.2024 | 17:44 min
In Sachsen, Thüringen und Brandenburg stehen Landtagswahlen an. Und die Chancen der AfD, dort stärkste Kraft zu werden, stehen - je nach Bundesland - nicht schlecht. Das aktuelle Politbarometer extra sieht die AfD sowohl in Sachsen als auch in Thüringen bei 30 Prozent. In Thüringen liegt die AfD damit sogar auf dem ersten Platz - neun Prozentpunkte vor der zweitplatzierten CDU.
Mit solchen Wahlergebnissen könnte die AfD in Zukunft theoretisch auch an einer Landesregierung beteiligt sein. Björn Höcke, der Landesvorsitzende in Thüringen, verheimlicht nicht, was er als Ministerpräsident umsetzen würde: Ob Menschen "remigrieren", die Bildungspolitik neu ausrichten oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen - Höcke hat viele Pläne. Aber wie realistisch sind solche Szenarien?
ZDFheute hat die AfD-Vorhaben in einem Backgroundcheck überprüft. Den gesamten Check finden Sie oben im Video (17:44 Minuten). Hier schauen wir explizit auf die Schulpolitik der Partei. Denn: Bildungspolitik ist Ländersache. Lehrpläne, Schulabschlüsse, Unterrichtsmaterial - das bestimmen die jeweiligen Kultusministerien, weshalb die AfD hier besonders großen Spielraum hätte.
Laut ZDF-Politbarometer erhalten AfD und BSW hohe Zustimmung im Osten. Wird es erstmals eine BSW-Regierungsbeteiligung geben? Die Analyse bei ZDFheute live09.08.2024 | 31:15 min
Wie würde die AfD die Schulen reformieren?
Rechtsextremist Höcke, der früher selbst Geschichte und Sport unterrichtet hat, sagte 2023 im MDR-Sommerinterview:
Unter anderem müssen wir das Bildungssystem befreien von Ideologieprojekten, beispielsweise der Inklusion, beispielsweise auch dem Gender-Mainstream-Ansatz.
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Björn Höcke, AfD-Landesvorsitzender Thüringen
Das bedeutet konkret: keine Regelschulen für Menschen mit Behinderung. Fortschritte in dem Bereich könnten rückgängig gemacht werden, Inklusion könnte sogar ganz abgeschafft werden.
Aber auch inhaltlich dürfte sich einiges ändern.
Keine Partei wolle mit der AfD zusammenarbeiten, so ZDF-Reporterin Melanie Haack in Erfurt. Wenn sie mehr als ein Drittel der Sitze bekäme, hätte sie trotzdem politischen Einfluss.09.08.2024 | 6:57 min
Mögliche Folgen für den Biologieunterricht
Die AfD spricht sich immer wieder für ein "traditionelles Familienbild" aus - also Mama, Papa, Kinder. Die Juristin Anna-Mira Brandau vom Verfassungsblog befürchtet, "dass der Sexualaufklärungsunterricht einfach gar nicht mehr im Biologieunterricht auftaucht - oder nur noch ein ganz spezielles Familienbild propagiert wird." Frauen könnten vom Staat zunehmend auf ihre Rolle als Mutter reduziert werden, und nicht mehr darauf hinarbeiten, ihnen gleiche Chancen bei beruflichen Karrieren oder öffentlichen Ämtern zu ermöglichen.
Expertinnen und Experten befürchten, dass queere Menschen zunehmend aus der Öffentlichkeit verdrängt würden. Die Gleichstellung könnte leiden, Diskriminierung gefördert werden.
Sechs Wochen vor der Europa-Wahl hatte die AfD ein Problem: Gegen ihre Spitzenkandidaten gibt es Spionage- und Bestechungsvorwürfe. Es geht um Verbindungen nach China und Russland. 25.04.2024 | 63:18 min
Mögliche Folgen für den Geschichtsunterricht
Juristin Brandau sorgt sich auch, dass die Behandlung der "nationalsozialistischen Schreckensherrschaft" im Geschichtsunterricht zu kurz kommen könnte. Würde stattdessen umfangreicher und vor allem positiver das Kaiserreich behandelt, könnte das zur Verklärung der deutschen Vergangenheit bei einer jungen Generation beitragen. Die Erfahrungen der NS-Zeit und was daraus für die Gegenwart gelernt werden kann, würde im Geschichtsunterricht an den Rand gedrängt.
Immer wieder haben AfD-Politiker in der Vergangenheit mit geschichtsrevisionistischen Aussagen für Aufsehen gesorgt - auch Björn Höcke. Bereits 2017 sorgte er für Empörung, als er in einer Rede das Holocaust-Mahnmal in Berlin als "Denkmal der Schande" bezeichnete. Höcke beklagte damals auch, dass Schüler zu selten mit großen Persönlichkeiten der deutschen Geschichte - Philosophen, Musikern, Entdeckern und Erfindern - in Berührung kämen. "Anstatt unsere Schüler in den Schulen mit dieser Geschichte in Berührung zu bringen, wird die Geschichte, die deutsche Geschichte, mies und lächerlich gemacht."
Mögliche Folgen für die politische Bildung
In einem "Bildungspolitik"-Flyer fordert die AfD in Sachsen unter anderem, jegliche politische Einflussnahme aus den Schulen herauszuhalten. Was erst einmal harmlos klingt, versetzt Sabine Achour in Alarmstimmung. Die Professorin für politische Bildung an der Freien Universität Berlin sieht in dem AfD-Vorhaben einen gefährlichen Eingriff in die Mündigkeit von Schülerinnen und Schülern.
Es gehe nicht um politische Einflussnahme auf Kinder, sondern darum, dass Kinder lernen, eine eigene politische Meinung zu bilden. Mündiges, kritisches Denken unterbinden zu wollen, "macht tatsächlich den autoritären Gedanken, der dahintersteht, noch mal - meines Erachtens - ziemlich deutlich."
Wenn politische Bildung in der Schule nicht vorkomme, sagt Achour, stelle sich die Frage, "wo erleben junge Menschen eigentlich die gesellschaftliche Kontroversität und möglicherweise auch andere Positionen auszubilden".
Wie einfach wäre es, all das zu ändern?
Laut Juristin Anna-Mira Brandau wäre es "ein leichtes" für einen Ministerpräsidenten, die Bildungspolitik zu ändern. Ein Hebel könnten die Landeszentralen für politische Bildung sein, die unter anderem Unterrichtsmaterial zur Verfügung stellen. Eine AfD-geführte Landesregierung könnte die Landeszentrale entweder inhaltlich beeinflussen - "oder einfach abschaffen, weil sie keine gesetzliche Grundlage hat".
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