Wie die AfD das Bauhaus und damit Kunst und Kultur bekämpft

    Debatte um Kulturschule:Wie die AfD das Bauhaus attackiert

    von Hagen Mikulas
    |

    2025 feiert die weltbekannte Kunst- und Architektur-Schule in Dessau ihr 100-jähriges Jubiläum. Einst von Nazis geschlossen, greift heute die AfD das Bauhaus an.

    Rekonstruierte Fassade des Bauhauses Dessau
    Das Bauhaus Dessau ist in Deutschland eine historische und kulturelle Instanz. Jetzt sieht es sich attackiert - ausgerechnet von rechts. (Symbolbild)
    Quelle: picture alliance/imageBROKER

    100 Jahre Bauhaus in Dessau: Dieses Jubiläum nimmt die in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD zum Anlass, um einen "Kulturkampf" um dieses UNESCO-Weltkulturerbe auszurufen.
    Mitte Oktober bezeichnet ein (abgelehnter) Antrag der AfD-Landtagsfraktion das Bauhaus als "Irrweg der Moderne". Und fordert, im Jubiläum solle eine "einseitige Glorifizierung des Bauhaus-Erbes" verhindert werden. Denn die ideologische Motivation des Bauhaus-Stils umfasse Bausünden" und schaffe einen globalen "Einheitsbrei".
    "Aufstieg rechts! Wie die AfD wurde, was sie ist": Vor einem dunklen Raum sind sechs Personen angeordnet: Oben im Hintergrund die Köpfe von Bernd Lucke, Frauke Petry und Björn Höcke. Unten im Vordergrund Olaf Henkel, Alexander Gauland und André Yorulmaz.
    Bei ihrer Gründung 2013 war die AfD eine konservativ-bürgerliche Partei, gerichtet vor allem gegen die Euro-Rettungspolitik. Heute gilt sie in Teilen als gesichert rechtsextrem. 08.10.2024 | 43:48 min

    Kalkulierte Aufregung ums Bauhaus

    Die empörten Reaktionen, die darauf folgen, waren wohl kalkuliert. "Schamlos", nennt Sachsen-Anhalts Kulturstaatsminister Rainer Robra (CDU) das AfD-Papier zum Bauhaus. Wer das Bauhaus verunglimpfe, "schadet nicht nur der Erinnerungskultur, sondern auch der kulturellen und wirtschaftlichen Zukunft unserer Region".






    Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne), sagt der "Süddeutschen Zeitung", "dass jetzt die AfD mit erschreckend ähnlichen Argumenten und Formulierungen wie einst die NSDAP versucht, gegen das Erbe des Bauhaus heute vorzugehen, ist in höchstem Maße alarmierend und absolut inakzeptabel".
    Solche NS-Vergleiche weist Sachsen-Anhalts AfD-Fraktionsvize Hans-Thomas Tillschneider als "Ladenhüter aus der Hitlerei" zurück. Der AfD ginge es lediglich um eine kritische Begleitung des Bauhaus-Jubiläums.
    Verspiegelte Außenwand des neuen Museumsgebäudes
    Schnörkellose Strenge und klare Formen – das ist Bauhaus. Nach zweieinhalb Jahren Bauzeit öffnete 2019 das Bauhaus Museum Dessau.06.09.2019 | 2:47 min

    AfD-Strategie mit Folgen

    Das weltbekannte Bauhaus sei die ideale Bühne für die "rechtsextreme Kulturkampf-Agenda" der AfD, analysiert der Magdeburger Soziologe und Experte für Rechtsextremismus, David Begrich. Dahinter stehe die Strategie, "Schneisen im Diskurs zu schlagen, um die Normalisierung rechtsextremer Inhalte in jedem nur möglichen Politikfeld zu festigen und voranzutreiben", so Begrich.
    Dyck - Ausstellungshoehepunkte 2019 - Bauhaus
    Archiv: Architekt Walter Gropius steht am 15.05.1933 in Berlin neben einer Zeichnung des "Chicago Tribune"-Gebäudes
    Das Bauhaus-Logo, 1922 entworfen von Oskar Schlemmer
    Rekonstruierte Fassade des Bauhauses Dessau
    Bauhaus Universität Weimar
    Tischlampe von Wilhelm Wagenfeld
    Bauhaus - Teeextrakt Kännchen
    Der Meisterhaus-Neubau auf dem Fundament des Meisterhauses von Walter Gropius in der Meisterhaussiedlung in Dessau-Roßlau
    Wassily Sessel (1925) von Marcel Breuer
    Eine Wandmalerei des Bauhaus-Künstlers Oskar Schlemmer in der Bauhaus-Universität Weimar
    Ölgemälde "Komposition VIII" des Bauhaus-Künstlers Wassily Kandinsky im Guggenheim Museum in New York
    Die Weißenhofsiedlung in Stuttgart
    Crown Hall, Illinois Institute of Technology, Chicago
    Tel Aviv - Wohnhaus Bauhaus Stil
    Die Fassade des Bauhaus-Museums in Weimar
    Das Bauhaus-Archiv in Berlin
    In der Kunsthalle "Harry Graf Kessler" in Weimar wird Kunst und Design der Bauhaus-Universität Weimar gezeigt

    Mehr als Design

    In knapp 14 Jahren seines Bestehens revolutionierte das Bauhaus das gestalterische Schaffen. Nun feiert die legendäre Kunstschule ihr 100. Jubiläum - am 1. April 1919 war Gründung.

    Quelle: dpa


    Auf die Folgen weist vor wenigen Wochen Die Linke mit einer Kleinen Anfrage im Bundestag hin. Sie sieht eine "Zunahme rechtsextremer Angriffe" auf die Kulturszene, die Sachbeschädigung, Störungen von Veranstaltungen, Brandanschläge, Morddrohungen und versuchte Körperverletzung sowie Hassmails umfassten.
    Sie seien keine "Einzelfälle", sondern Folge einer wachsenden Akzeptanz rechtsextremer Positionen in der Gesellschaft. Das führe dazu, dass sich Täter ermutigt fühlten und versuchten ein Klima der Angst zu schaffen. Zum Schutz der Meinungs- und Kunstfreiheit müssten Bund und Länder deshalb rechtsextreme Strukturen und Netzwerke bekämpfen sowie Personen und Einrichtungen schützen.
    Alice Weidel und Björn Höcke links im Bild, ZDF-Korrespondentin Nicole Diekmann rechts im Bild
    Im Bundestag macht ein Antrag auf ein AfD-Verbot die Runde. Wer hinter dem Antrag steckt – und welche Risiken damit verbunden sind.12.10.2024 | 12:07 min

    Kulturverständnis der AfD

    Seit Jahren schon nimmt die AfD Theater und andere Kultur-Einrichtungen gezielt ins Visier. 2021 fordert die AfD-Sachsen-Anhalt im Wahlprogramm, Geld für das IMPULS-Festival für Neue Musik zu streichen und die staatliche Theaterförderung zu halbieren. Ziel sei es, - so steht es im Wahlprogramm - "nur solche Kunst zu fördern, die ihrer eigenen deutschen Kultur bejahend gegenübersteht."
    Was die AfD unter "deutscher Kultur" versteht, wird selbst in ihrem Grundsatzprogramm nicht deutlich. Als zentral für eine "neue Kulturpolitik" nennt die Partei die angebliche "Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus", die "zugunsten einer erweiterten Geschichtsbetrachtung aufzubrechen" sei.
    Bauhaus 100 Jahre
    Schnörkellos, funktional und mit sozialreformerischem Impuls: 1919 entsteht in Weimar die bekannteste Kunstschule des 20. Jahrhunderts. Das Bauhaus bricht mit Konventionen, will Kunst und Handwerk vereinen. Bis heute inspiriert es Kreative weltweit.16.01.2019 | 2:58 min

    "Völkische Kultur als Ziel"

    Die jüngste Kritik der AfD am Bauhaus sei pauschal und politisches Kalkül, sagt Barbara Steiner, Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau dem ZDF. Wer das Bauhaus attackiere, erhalte große Sichtbarkeit - an einen ernsthaften Diskurswunsch glaube sie nicht.

    Was die AfD zum Ziel hat, ist eine völkische Kultur. Und das hat dann viel mit Reinigung, mit Bereinigung zu tun und am anderen Ende steht dann schon etwas wie Säuberung. Menschen, die nicht hierher passen und auch Kunst, die nicht hierher passt.

    Barbara Steiner, Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau

    Die AfD und rechtsextreme Parteien in den Nachbarländern hätten die Kultur als Feld entdeckt, "weil man dort die Emotionen, die Herzen der Menschen erreicht". Das habe die AfD früher erkannt, als andere. Das wiederum sei Aufgabe für alle anderen das Feld der Kultur zu stärken.
    Hagen Mikulas ist Redakteur im ZDF-Landesstudio Sachsen-Anhalt.

    Mehr Nachrichten zur AfD