Junge Alternative: Wie die AfD ein Verbot vermeiden könnte

    Junge Alternative:Wieso der AfD-Jugend ein Verbot drohen könnte

    Julia Klaus
    von Julia Klaus
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    Die AfD könnte ihre rechtsextreme Jugend enger an sich binden. Die Junge Alternative wäre vor einem Verbot dann besser geschützt. Eine Mäßigung scheint aber unwahrscheinlich.

    Brandenburg, Potsdam: Der Gasthof " Zum Alten Krug" in Potsdam-Marquardt, in dem die Wahlparty der Brandenburger AfD stattfindet.
    Eklat bei der AfD-Wahlparty in Potsdam: JA-Mitglieder sangen Abschiebe-Lieder. Die Polizei prüft den Vorfall. Wie sieht die Zukunft der Jugendorganisation aus?
    Quelle: Imago

    Wie extrem die AfD-Jugend feiern kann, ließ sich am Sonntag nach der Landtagswahl in Brandenburg beobachten. Auf der Wahlparty grölten Mitglieder der Jungen Alternative (JA) ein mithilfe von KI umgetextetes Lied: "Hey, das geht ab, wir schieben sie alle ab".
    Gesungen von der Jugend, geduldet von den älteren AfD-Kadern. Die Polizei prüft den Vorfall. Parteivorsitzender Tino Chrupalla stellte sich am Montag zwar hinter die JA: "Wir reden hier über die Jugend. (...) Und auch sie hat ein Recht, ausgelassen zu feiern."
    Tino Chrupalla AfD
    Das Ziel der AfD in Brandenburg sei gewesen, stärkste Kraft zu werden, dieses Ziel sei nicht erreicht worden, sagt der AfD-Co-Vorsitzende Tino Chrupalla. Trotzdem habe man ein "tolles" Ergebnis erzielt.22.09.2024 | 3:08 min
    Doch auf viele AfD-Funktionäre wirkt die Jugendorganisation immer schwerer kontrollierbar. Sie wollen die JA deshalb organisatorisch enger einbinden. Ihr Bundesvorsitzender Hannes Gnauck, der für die Mutterpartei AfD auch im Bundestag sitzt, spricht sich gegenüber ZDF frontal dafür aus:

    Es gibt einen unbefriedigenden Status quo – eine Möglichkeit wäre, die Junge Alternative organisatorisch enger an die Partei zu binden.

    Hannes Gnauck, Vorsitzender Junge Alternative

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    Junge Alternative: Rechtlich nur ein Verein

    Die Junge Alternative wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Seit dem Verbot des ebenfalls rechtsextremen "Compact"-Magazin - was mittlerweile allerdings vorläufig außer Kraft gesetzt wurde - sorgt man sich in der AfD-Jugend einmal mehr und will vorsorgen.
    Die Junge Alternative ist zwar die offizielle Parteijugend, rechtlich gesehen ist sie aber nur ein Verein. Denkbar ist deshalb ein Modell wie das der SPD-Jugendorganisation: Jüngere SPD-Mitglieder sind automatisch Teil der Jusos. Auch der JA-Vorsitzende Gnauck kann sich das vorstellen:

    AfD-Mitglieder, die jünger als 36 Jahre alt sind, könnten bei so einem Modell automatisch Teil der Jungen Alternative sein.

    Hannes Gnauck, Vorsitzender Junge Alternative

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    Junge Alternative könnte leichter verboten werden

    Im Fall einer engeren Anbindung wäre die JA besser vor einem Verbot geschützt, so die Parteienrechtlerin Sophie Schönberger von der Universität Düsseldorf. Sie sagt gegenüber ZDF frontal: "Vereine wie die Junge Alternative unterliegen dem Vereinsrecht und können viel leichter verboten werden als Parteien." Und weiter:

    Sollte die AfD-Jugendorganisation nach einem Juso-Modell in die Mutterpartei integriert werden, würde sie dagegen dem Parteienrecht unterliegen - die Hürden für ein Verbot sind hier viel höher.

    Sophie Schönberger, Professorin für Öffentliches Recht an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

    Die Frage wäre dann, wer künftig über Neuaufnahmen und Rauswürfe entscheidet. Aktuell hat die Jugendorganisation rund 2.200 Vollmitglieder. Rund die Hälfte von ihnen ist laut Hannes Gnauck bereits Mitglied in der AfD. Die andere Hälfte müsste erst einen Mitgliedsantrag stellen.

    JA uneinig mit Mutterpartei

    Denkbar wäre, dass die Partei hier bereits aussortieren könnte - das fürchtet zumindest ein Landesvorsitzender gegenüber ZDF frontal: "In unserem Landesverband werden JA-Mitglieder schon jetzt nicht in die AfD aufgenommen - teils nur aus persönlicher Abneigung einzelner Funktionäre gegen die Jugendorganisation." Weiter sagt er gegenüber ZDF frontal:

    Ich sorge mich um die Autonomie unserer Jugendorganisation.

    JA-Landesvorsitzender

    Die AfD könne der Jugend regelrecht "reinregieren", fürchtet er. "Es gibt kein Modell, dem ich derzeit zustimme. Für manche Landesverbände sind bestimmte Lösungen gut, für andere schlecht." Deshalb solle der Status quo beibehalten werden, bis eine bessere Lösung gefunden sei, findet der JA-Landesvorsitzende.
    Veranstaltung der Jugendorganisation der AfD.
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    Entscheidung über Junge Alternative im November?

    Felix Cassel, NRW-Vorsitzender, ist für eine engere Verzahnung, will aber ein Optionsmodell: "Eine JA-Mitgliedschaft ohne automatische AfD-Mitgliedschaft ist aus meiner Sicht sinnvoll. So können junge Menschen erst einmal eine Jugendorganisation testen, ohne direkt Parteimitglied werden zu müssen."
    Eine Richtungsentscheidung könnte die JA bei ihrem Bundeskongress im November fällen. Gnauck sagt dazu: "Wir erarbeiten in der JA gerade in enger Abstimmung mit der AfD einen Vorschlag, aber der Meinungsbildungsprozess ist noch nicht abgeschlossen."
    Im März kommendes Jahr findet der nächste AfD-Parteitag statt, auf dem theoretisch eine Satzungsänderung mit Zweidrittelmehrheit beschlossen und ein Modell festgelegt werden könnte.
    AfD-Kandidatin Lena Kortré (Wahlkreis Wandlitz/Brandenburg) mit Wahlplakat
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    Verschwörungserzählungen vom JA-Bundesvorsitzenden

    Unabhängig davon, für welches Modell sich die Partei und ihre Jugend entscheiden: Ein allzu hartes Durchgreifen wird es vermutlich nicht geben, denn die Grenze des Sagbaren hat sich in der Mutterpartei bereits stark verschoben. So behauptete Gnauck im April 2023 bei einer öffentlichen Rede: "Die Altparteienregierungen, ob Bund, Land, betreiben hier einen Bevölkerungsaustausch und sie werden nicht ruhen, bis jeder Winkel unseres Landes und jedes friedliche Dorf mit illegalen Migranten vollgestopft ist."
    Die Verschwörungserzählung vom Bevölkerungsaustausch behauptet, es gebe einen Plan, die heimische Bevölkerung mit Migranten zu ersetzen. Kein Problem für die AfD: Auf ihrem Parteitag im Juni in Essen wurde Gnauck in den AfD-Bundesvorstand gewählt, wo er nun das Thema Jugendorganisation betreut.

    Eine Person hält ein Smartphone in der Hand. Darauf ist der WhatsApp-Channel der ZDFheute zu sehen.
    Quelle: ZDF

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