Nach Bundestagswahl: Wie viel Macht hat AfD im Parlament?

    Interview

    Politologe zum Umgang mit Partei:Wie viel Macht hat die AfD im Parlament?

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    Die AfD ist zweitstärkste Fraktion im neuen Bundestag. Wie viel Macht hat sie damit? Politologe Christian Stecker zu den Optionen im Umgang mit der in Teilen rechtsextremen Partei.

    Alice Weidel und Tino Chruppala
    Nach der Bundestagswahl hat die AfD mehr Rechte im Parlament. Politikwissenschaftler Christian Stecker rät dazu, die AfD "am demokratischen Spiel" zu beteiligen.25.02.2025 | 13:28 min
    Mit 20,8 Prozent hat die AfD ihren Stimmenanteil im Vergleich zur letzten Bundestagswahl verdoppelt. Im Parlament kommt sie als größte Oppositionsfraktion jetzt auf 152 Sitze - und hat dadurch mehr Einfluss. Künftig steht ihr zum Beispiel deutlich mehr Redezeit zu. Auch für Posten im Bundestagspräsidium und in den Ausschüssen kommen AfD-Abgeordnete in Frage. Ein automatischer Anspruch besteht aber nicht. In der vergangenen Legislaturperiode waren AfD-Politiker am Widerstand der anderen Parteien gescheitert.
    Wie wird sich die parlamentarische Arbeit durch die AfD verändern? Sollte man ihr mehr zugestehen oder Vertreter der in Teilen als rechtsextrem eingestuften Partei weiter ausschließen? Bei ZDFheute live zeigt Politikwissenschaftler Christian Stecker von der TU Darmstadt Optionen im Umgang mit der AfD auf.
    Sehen Sie das komplette Interview mit Christian Stecker oben im Video oder lesen Sie es hier in Auszügen:

    Welchen Einfluss hat die AfD im neuen Bundestag?

    Zwar hat die AfD in Zukunft mehr Abgeordnete - auf bestimmte Minderheitenrechte habe sie aber keinen direkten Zugriff, erklärt Stecker. Die Fraktion kommt auf 24,1 Prozent der Sitze. Um aber einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, brauche es 25 Prozent. Ebenso wie für eine "abstrakte Normenkontrolle" vor dem Bundesverfassungsgericht. Über dieses Instrument sei der von der Ampel-Koalition beschlossene Nachtragshaushalt für das Jahr 2021 für nichtig erklärt worden, so Stecker, woran auch die Ampel ein Stück weit zerbrochen sei. Aber: Die AfD könne "natürlich eine ganze Menge anderer Dinge machen".

    Sie wird mehr Einfluss auf die Tagesordnung haben. Sie wird mehr Redezeit haben.

    Christian Stecker, Politikwissenschaftler

    Stecker erklärt, es sei "gelebte demokratische Tradition", dass alle Fraktionen auch einen Vizepräsidentenposten im Präsidium hätten. Den habe die AfD bisher nicht besetzen dürfen bzw. können, weil Kandidaten bei einer Abstimmung nie die Mehrheit erreicht hätten. Allerdings sollten die anderen Parteien als Demokraten versuchen, die AfD auch am "demokratischen Spiel" zu beteiligen, rät Stecker.

    Denn dafür ist sie auch von ihren Wählerinnen und Wählern legitimiert.

    Christian Stecker, Politikwissenschaftler

    Maximilian Krah am 25.02.2025.
    Die umstrittenen Abgeordneten Krah und Helferich werden Teil der neuen AfD-Fraktion. 25.02.2025 | 0:23 min

    Wird die AfD-Fraktion mit Mitgliedern wie Krah und Helferich radikaler auftreten?

    Innerhalb der AfD gebe es zwei Entwicklungen, sagt der Politikwissenschaftler. Einerseits versuche die Partei - zumindest optisch - zu moderieren. Die Trennung von der Jungen Alternative könne so gelesen werden. Andererseits gebe es "mindestens rhetorische Bekenntnisse zu einer weiteren Radikalisierung". Ein Hinweis darauf sei die Aufnahme von Matthias Helferich in die Fraktion. "Zur Erinnerung", sagt Stecker: "Helferich bezeichnet sich selbst als das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus."

    Da darf man dann schon der Ansicht sein, dass sich diese Partei nicht moderiert, sondern eher weiter radikalisiert.

    Christian Stecker, Politikwissenschaftler

    Ein anderes Beispiel: Der frühere Europa-AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah. Der sei mit sehr radikalen, teil extremistischen Äußerungen, etwa über die Waffen-SS, aufgefallen. Auch Björn Höcke sei mittlerweile von der Vorsitzenden Alice Weidel akzeptiert und werde von ihr als "ministrabel" gehalten - also befähigt für einen Ministerposten.
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    Wie wird die AfD künftig im Parlament agieren?

    In einem Forschungsprojekt untersucht Stecker, wie die AfD in Landtagen und im Bundestag agiert. Dabei beobachtet er, dass viele Reden nicht unbedingt fürs Plenum gehalten werden. Vielmehr gehe es um versendbare Schnipsel für TikTok und andere Social-Media-Plattformen. Das sei dann oft zugespitzt, die AfD feiere sich für Ordnungsrufe und die Empörung der anderen Parteien. Der Politikwissenschaftler konstatiert:

    Das Bohren von dicken Brettern ist nicht unbedingt die absolute Priorität der AfD im Parlament.

    Christian Stecker, Politikwissenschaftler

    Bei Auftritten in Parlament gehe es AfD-Abgeordneten oft darum, die etablierte Politik vorzuführen und sich selbst so als Anwalt der kleinen Leute darzustellen.
    Das Interview mit Christian Stecker führte ZDF-Moderatorin Victoria Reichelt. Zusammengefasst hat es ZDF-Redakteurin Michèle Mertes.

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