Legalisierung empfohlen: Heftige Debatte um Abtreibung
Grundrecht oder Straftat? :Abtreibung: Experten empfehlen Legalisierung
von Dorthe Ferber
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Abtreibung ist in Deutschland illegal - noch. Experten empfehlen in einem Gutachten, das nun vorgestellt wird, die Legalisierung. Dennoch dürfte sich so schnell nichts ändern.
Es ist ein emotionales Thema, das viele umtreibt: alle Fragen rund um Abtreibung. Bislang ist ein Abbruch in Deutschland in den ersten 12 Wochen zwar nicht legal, aber straffrei.15.04.2024 | 1:34 min
Nicht legal, aber straffrei: Die Regelung zum Schwangerschaftsabbruch in Deutschland ist in Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs festgehalten. Der soll geändert werden, empfiehlt eine Expertenkommission. Heute hat sie den Bericht offiziell vorgestellt.
Vor einem Jahr hatte die Bundesregierung die Kommission eingesetzt, um die Regelung zum Abtreibungsrecht überprüfen zu lassen. Laut Paragraf 218 ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig ist, aber bleibt straffrei, wenn der Abbruch bis zur 12. Woche nach einer Pflichtberatung erfolgt.
Immer mehr Länder liberalisieren das Abtreibungsrecht
Der Paragraf 218 ist seit 1995 in Kraft - ein Zeitraum, in dem sich international manches geändert hat. Immer mehr Länder haben das Abtreibungsrecht liberalisiert. Sogar katholische Länder wie Irland und Spanien. Frankreich hat jüngst sogar das Recht auf Abtreibung in der Verfassung verankert.
Auf eine europa- und völkerrechtlich veränderte Rechtslage bezieht sich die Expertenkommission auch in ihrem 628 Seiten starken Bericht, der am Montag offiziell vorgestellt wurde. Das Papier steckt voller juristischer Details und gibt eine klare Empfehlung:
Heftige Debatte um Abtreibungsrecht entbrannt
Die Empfehlung sickerte schon vor der offiziellen Vorstellung des Berichts durch, nun ist eine heftige Debatte entbrannt. Zwar ist völlig unklar, wie die Ampel mit der nicht bindenden Empfehlung umgehen will, aber die Union ist strikt gegen jede Änderung des Paragrafen 218 und warnt, die Liberalisierung des Abtreibungsrechts voranzutreiben.
CDU-Chef Friedrich Merz sieht einen "gesellschaftlichen Großkonflikt" aufziehen und die familienpolitische Sprecherin der Partei hält es für möglich, im Falle einer Liberalisierung das Bundesverfassungsgericht anzurufen.
Die Union bekräftigt ihren Widerstand gegen eine mögliche Liberalisierung des geltenden Abtreibungsrechts. "Der Schutz des Lebens muss berücksichtig werden", so die Unionsfraktionsvize Dorothee Bär (CSU).10.04.2024 | 5:31 min
Die CSU bezweifelt die Unabhängigkeit der Expertenkommission, die schließlich von der Ampel selbst eingesetzt worden sei: "Wie bestellt, so geliefert", kommentiert Fraktionsvize Dorothea Bär. Familienministerin Lisa Paus von den Grünen hält dagegen, man habe sich bewusst für eine wissenschaftliche Kommission entschieden, die sich politischen Einflüssen entzieht, um die Debatte zu versachlichen. Und SPD-Fraktionsvize Katja Mast appelliert an die Union, Polarisierung und Zuspitzung zu vermeiden - das helfe niemandem.
Ungünstiger Zeitpunkt für die Ampel
Für die Ampel kommt der Bericht der Kommission zu keinem günstigen Zeitpunkt. In gut einem Jahr steht die nächste Bundestagswahl an. Die Zeit dürfte zu knapp sein, um bei dem komplexen Thema ein Gesetz auf den Weg zu bringen. Andererseits könnte das Abtreibungsrecht im Wahlkampf genutzt werden. Die AfD wirft der Ampel vor, einen Kulturkampf in die Gesellschaft zu tragen: "Wenn die den Kulturkampf führen wollen, dann führen sie den mit uns", droht Fraktionsvize Beatrix von Storch.
Über eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts in Deutschland ist neuer Streit entbrannt. Experten schlagen der Bundesregierung die generelle Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen innerhalb der ersten zwölf Wochen vor.10.04.2024 | 1:42 min
Abtreibung könnte bis nach der Bundestagswahl Thema bleiben
Auch wenn sich kurzfristig beim Abtreibungsrecht kaum etwas ändern dürfte, könnte das Thema auch nach den Bundestagswahl im nächsten Jahr bleiben. Denn bei gleichbleibender Zahl von Schwangerschaftsabbrüchen hat sich die Zahl der Ärztinnen und Ärzte, die die Abbrüche durchführen, in den vergangenen zwanzig Jahren halbiert. Viele von ihnen gehen zudem demnächst in Rente, nur kommen kaum Jüngere nach:
Die Versorgungslage für Frauen in Konfliktsituationen wird zunehmend schlechter - die Debatte um das Abtreibungsrecht wird da wohl andauern.