Anna Ziwiljowa: Posse um Putins Verwandte im Ministerium

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    Anna Ziwiljowa:Posse um Putins Verwandte im Ministerium

    Katja Belousova
    von Katja Belousova
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    Die Vetternwirtschaft im Kreml floriert, wie eine neue Personalie im Verteidigungsministerium zeigt. Über Putins Familie zu berichten, bleibt jedoch ein Tabu.

    Die Vorsitzende der Stiftung "Verteidiger des Vaterlandes", Anna Tsivileva, auf ein Treffen mit dem russischen Präsidenten in Moskau am 01.06.2024.
    Neue Vizeministerin im russischen Verteidigungsministerium: Anna Ziwiljowa.
    Quelle: AFP

    Kaum ein Geheimnis hütet der russische Präsident Wladimir Putin so gut wie seine Familienverhältnisse. Seit der Scheidung von seiner ehemaligen Frau Ljudmila tritt der Kreml-Chef offiziell stets als ungebundener Single-Mann in Erscheinung. Auch mit seinen zwei Töchtern aus der Ehe gibt es keine öffentlichkeitswirksamen Auftritte. Im Wort "Autokrat" steckt nicht umsonst die griechische Vorsilbe für "selbst".
    Höchstens am 9. Mai, dem "Tag des Sieges über Nazideutschland", spielt seine Familie eine Rolle. Dann erinnert er an den Kampf seines Vaters, der ebenfalls Wladimir hieß, für die Rote Armee. Ansonsten gilt Familie Putin als Tabu.
    Russlands Präsident Putin mit Verteidigungsminister Schoigu.
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    Putins Großcousine im Verteidigungsministerium

    Und was machen russische Staatsmedien, wenn eine Verwandte Putins plötzlich in ein höheres Amt befördert wird? Die Antwort zeigt sich aktuell an der Personalie Anna Ziwiljowa. Denn die Agenturen in Russland wie Interfax oder Tass erwähnen mit keinem Wort, dass es sich bei der neuen Vizeministerin im Verteidigungsministerium um Putins Großcousine handelt.
    Geboren wurde Ziwiljowa 1972 im russischen Iwanowo - Berichten unabhängiger, russischer Medien zufolge als Tochter von Putins Cousin Jewgeni Putin. Ihr Mädchenname: Putina - die weibliche Form von Putin. Über das Verwandtschaftsverhältnis berichtete 2022 die unabhängige Investigativseite "Proekt". Künftig soll sie als eine von drei neuen Vizeministerinnen und -ministern im Verteidigungsministerium für Wohnungsbau und die soziale Sicherung von Armeeangehörigen zuständig sein.

    Die 52-jährige Anna Ziwiljowa ist nach russischen Medienrecherchen über ihren Vater mit dem Kremlchef verwandt. Ihr Mann ist der russische Energieminister Sergej Ziwiljow. Beiden zusammen gehörte eine große Kohlefirma. Weil sie von der Nähe zur russischen Regierung profitiert haben, stehen sie auf den Sanktionslisten der EU, Großbritanniens und anderer Staaten. Ziwiljowa leitete zuletzt einen staatlichen Fonds zur Unterstützung der Soldaten, die im Angriffskrieg gegen die Ukraine eingesetzt werden.

    Quelle: dpa

    "Cousine" oder "angebliche Verwandte"

    In staatlichen Agenturen und Nachrichtenseiten steht lediglich die Info, dass es sich bei Ziwiljowa um die Tochter eines Chirurgen handelt. Dass dieser Chirurg Jewgeni Putin hieß und der Cousin des russischen Machthabers ist, wird jedoch mit keinem Wort erwähnt. Auch in ihrem Lebenslauf, der etwa auf der Seite der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zu lesen ist, steht dazu nichts. Einzig, dass sie mit dem Energieminister Sergej Ziwiljow verheiratet ist.
    Diese Heimlichtuerei führt dazu, dass es im Ausland unterschiedliche Versionen zum Familienverhältnis zwischen Putin und Ziwiljowa gibt: In einem Sanktionseintrag der EU wird sie 2023 als "Verwandte" von Präsident Putin bezeichnet, auf der Website der britischen Regierung steht hingegen, sie sei Putins "Cousine". Und die deutsche Nachrichtenagentur dpa nennt sie nun seine "angebliche Verwandte".
    Weil Russland keine offiziellen Informationen zum Verwandtschaftsverhältnis herausgibt, werden die Fakten unterschiedlich interpretiert und zum Teil verwischt. Das zeigt der Fall Ziwiljowa im Kleinen - und Legenden über Putins vermeintliche uneheliche Kinder und seine mutmaßliche, heimliche Beziehung zur früheren Gymnastin Alina Kabajewa im Großen.
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    Putins Misstrauen und Vetternwirtschaft im Kreml

    Machthaber Putin gilt als misstrauisch gegenüber Außenstehenden - vor diesem Hintergrund verwundert die Beförderung Anna Ziwiljowas nicht. Und sie macht deutlich, welche Vetternwirtschaft im Kreml herrscht. Der russische Machtapparat ist zum Spielbecken von Wladimir Putins Bekannten, deren Kindern - aber auch seiner Verwandten geworden.
    Ziwiljowa bedankte sich übrigens standesgemäß auf Telegram für ihren neuen Job: nicht bei ihrem Großcousin Wladimir Putin - sondern bei ihrem Präsidenten Wladimir Putin.
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