COP16 in Kolumbien: Bitteres Ende der Weltnaturkonferenz
COP16 in Kolumbien:Bitteres Ende der Weltnaturkonferenz
von Elisa Miebach, Cali, Kolumbien
|
Nach einem Verhandlungsmarathon musste die Weltnaturschutzkonferenz abrupt abgebrochen werden. Die Bilanz: trotz kleiner Erfolge eine riesige Lücke beim wichtigsten Thema.
Die Weltnaturkonferenz im kolumbianischen Cali ist abrupt zu Ende gegangen. Bis zum Schluss blieb die Frage der Finanzierung offen. Umweltschützer sprechen von einer "Blamage".02.11.2024 | 2:17 min
Es waren lange Verhandlungen, durch die Nacht und wieder bis in den Morgen. Doch der finale Abschlusshammer im kolumbianischen Cali fiel nicht. Die Konferenz war so weit in die Verlängerung gegangen, dass die wichtigste Entscheidung der Konferenz zur Finanzierung des Naturschutzes nicht getroffen werden konnte.
"Diese COP endet mit zwei Gesichtern. Wir haben eine schöne COP erlebt, die viel Momentum für den Naturschutz geschaffen hat", sagt Jannes Stoppel, der die Konferenz für Greenpeace beobachtet.
Diese Frage brachte die Weltgemeinschaft vor Ort um den Schlaf. Es ging ums Geld, besonders darum, wie Finanzmittel dort ankommen, wo sie gebraucht werden. Diese Frage zieht sich durch alle Konferenzen, in Kolumbien wurde sie aber zum Hauptpolitikum.
Bei der COP16 in Kolumbien ringen die teilnehmenden Staaten um die Umsetzung des Weltnaturvertrags. Dieser soll bis 2030 rund 30% der Land- und Meeresflächen unter Schutz stellen.01.11.2024 | 1:36 min
Wichtigstes Naturschutz-Abkommen auf dem Spiel
Es sollten auch klare Standards beschlossen werden, wie überprüft werden soll, dass Länder die Ziele zur Biodiversität auch in nationales Recht umsetzen. Auch dieses Thema konnte nicht verabschiedet werden.
In Cali sollte das bisher wichtigste Abkommen zum Naturschutz überhaupt umgesetzt werden: das Montreal-Abkommen, beschlossen auf der vergangenen Weltnaturkonferenz 2022 in Kanada. Es ist vergleichbar mit dem Paris-Abkommen zum Klimaschutz. Das wichtigste Ziel: 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen.
Auf der Weltnaturkonferenz COP16 ist eine Einigung auf eine Finanzierung des globalen Artenschutzes immer unwahrscheinlicher. "Es sind noch etliche Fragen offen", so Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne).01.11.2024 | 6:05 min
700 Milliarden Dollar nötig für den Naturschutz
Doch damit Gebiete nicht abgebaggert, abgeholzt oder in Monokulturen umgewandelt werden, fehlt es gerade im globalen Süden an Geld. Der Bedarf wurde im Abkommen von Montreal auf rund 700 Milliarden Dollar geschätzt. 500 Milliarden Dollar sollen aus dem Abbau von umweltschädlichen Subventionen kommen, die momentan etwa noch für Pestizide oder fossile Brennstoffe eingesetzt werden.
200 Milliarden Dollar sollen aus öffentlichen Kassen und von Unternehmen stammen. Es geht darum, dass die reichen Industrieländer, die schon viel von ihrer Natur zerstört haben, die ärmeren Länder dabei unterstützen, die intakten Ökosysteme der Welt noch zu erhalten. 20 Milliarden Dollar sollen die Industrieländer eigentlich ab 2025 an den globalen Süden zahlen.
Bei der diesjährigen Weltnaturkonferenz in Kolumbien soll verhandelt werden, wie Staaten die biologische Vielfalt und die Lebensgrundlage der Menschen erhalten können.21.10.2024 | 1:37 min
Es fehlt eine Entscheidung zur Finanzierung
Das Geld ist lange nicht zusammen. Doch auf dieser Konferenz sollte eigentlich erst einmal geklärt werden, wie es ausgezahlt wird. Die Industrieländer hatten einen Fonds bevorzugt, der schon 1991 eingerichtet wurde, die sogenannte Globale Umweltfaszilität (GEF). Doch die Entwicklungsländer kritisierten die Machtstrukturen und Ineffizienz dieses alten Fonds und forderten einen neuen. Es blieb ein harter Konflikt, der nicht gelöst werden konnte.
Ein weiterer neuer Fonds konnte aber beschlossen werden. Dort soll Geld von Unternehmen einfließen, die Gensequenzen von Pflanzen, etwa aus dem Regenwald, für Medikamente, Kosmetik oder Geschmacksverstärker verwenden und damit hohe Gewinne einfahren. Für die Nutzung dieser Sequenzen soll jetzt Geld an die Herkunftsländer der Pflanzen fließen. "Der Fonds ist allerdings sehr schwach", sagt Beobachter Jannes Stoppel. Denn die Einzahlung bleibt freiwillig.
„Es wird schwierig, die gesteckten Ziele zu erreichen“, sagt ZDF-Experte Andreas Stamm. Es fehle an genügend fertigen Konzepten - und Geld. „Es geht um unsere Lebensgrundlagen.“ 02.11.2024 | 3:26 min
Auch bewegende kleine Erfolge
Kleinere Erfolge konnte die Konferenz aber vorweisen. Mit Standing Ovations bejubelt wurde etwa die Stärkung der Rechte der Indigenen, die nun einen offizielles Teilorgan der Biodiversitätskonvention gründen. "Diese international festgeschriebenen Rechte zeigen den Regierungen, welche Maßnahmen sie gemeinsam mit indigenen Gemeinschaften ergreifen müssen", sagt Nohora Alejandra Quiguntar, Angehörige des Stammes der Pasto.
Auch die Stärkung des Meeresschutzes und eine bessere Verzahnung von Natur- und Klimaschutz stehen im Abschlusspapier. "Alles andere muss dann warten bis Yerewan, Armenien", sagt die Präsidentin der Biodiversitätskonvention, Astrid Schomaker, gegenüber ZDFheute. Dort findet 2026 die nächste Weltnaturschutzkonferenz statt.
NANO vom 30.10.: Bedrohte Arten zu schützen, kostet Geld. Biodiversitäts-Zertifikate könnten Gelder für den Naturschutz mobilisieren. Doch noch gibt es Risiken und offene Fragen.
30.10.2024 | 27:49 min
Die deutsche Jugenddelegation bewertet die COP in Cali aber trotz der Lichtblicke insgesamt als Enttäuschung, auch mit Blick auf die UN-Klimakonferenz, die in der kommenden Woche in Aserbaidschan beginnt.
Elisa Miebach arbeitet in der ZDF-Umweltredaktion.