Walfang in Island: So steht es um den letzten Walfänger
Parlament contra Unternehmer:Steht der Walfang in Island vor dem Ende?
von Winnie Heescher, Jürgen von Heymann
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Island erlaubt noch kommerziellen Walfang. Dem Parlament liegt nun ein Gesetzentwurf vor, der das stoppen will. Aber der Gegenspieler ist mächtig: der letzte Walfänger Islands.
Kristján Loftsson jagt Finnwale und exportiert sie nach Japan. In Island selbst wird Finnwal nicht mehr gegessen. Stattdessen wird im Parlament ein Walfangverbot diskutiert.29.01.2024 | 1:59 min
Island ist neben Japan und Norwegen eines der Länder, das weiterhin kommerziellen Walfang erlaubt - mit Fangquoten und Lizenzen. Beantragt niemand eine Lizenz, herrscht quasi ein Walfang-Stopp. So wie derzeit, denn: "Für das Jahr 2024 sind bislang keine Bewerbungen für Walfanglizenzen eingegangen", heißt es aus dem Fischereiministerium. Das gilt allerdings unter Vorbehalt. Und dieser Vorbehalt hat auf Island einen Namen: Kristján Loftsson.
Jagd auf Wale mit Lizenz
Kristján Loftsson ist Walfänger und weltweit ein gehasster Mann, denn er ist der letzte auf der Insel, der Finnwale jagt. Der Finnwal ist nach dem Blauwal eines der größten Tiere auf Erden. Finnwale können sehr alt werden. Aber nicht vor Loftssons Harpune: 148 Tiere ließ er 2022 töten, 24 im vergangenen Jahr. Alles mit dem Segen der Regierung: 161 Finnwale durften pro Saison von 2019 bis 2023 gejagt werden. Immer war es Loftsson, der diese Lizenzen beantragt hatte.
Tierschutz: Walfang immer Tierquälerei
Seit 2022 gelten zwar schärfere Regeln für den Walfang, aber: "Es ist unmöglich, einen Wal auf humane Art und Weise zu töten", sagt Patrick Ramage vom Tierschutzfonds IFAW (International Fund for Animal Welfare). "Es ist brutal, es ist unnötig, weil kein Isländer mehr Walfleisch isst. Loftsson exportiert nach Japan und hat finanziell große Einbußen." Loftsson selbst hat in mehreren Interviews bestritten, viel Geld verloren zu haben.
Dass es ihm noch um Materielles geht, glaubt ohnehin niemand mehr. Loftsson gilt als sehr vermögend - und mit seinen 80 Jahren auch als starrsinnig genug, lieber Geld zu verlieren, als seinen Gegnern nachzugeben. Er hat die Firma "Hvalur" (isländisch für "Wal") von seinem Vater geerbt, der diese nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet hatte. Bereits als kleiner Kristján war er mit auf die Jagd gefahren - das waren noch andere Zeiten.
In europäischen Atlantikgewässern leben rund 1,4 Millionen Wale, Delfine und Schweinswale, so eine Schätzung. Die Zahl ist niedriger als zuletzt - warum es dennoch Hoffnung gibt.
Nur noch eine Minderheit der Isländer unterstützt den Walfang
Island galt lange als abgelegene Insel am eisigen Rand von Europa und lebte fast ausschließlich vom Fischfang. Die Wale gehören dazu, meinten die Isländer, machten keinen Unterschied zwischen Fisch und Wal und weigerten sich lange, Artenschutzabkommen beizutreten. Auch nach dem internationalen Walfang-Moratorium von 1986 ging Islands Walfang weiter, unter dem Deckmantel "wissenschaftlicher Forschung", ab 2006 sogar wieder mit kommerziellen Fangquoten.
Heute zeigen Umfragen: Nur noch 29 Prozent der Isländerinnen und Isländer unterstützen den Walfang, 42 Prozent sind dagegen. Längst beweisen Orte wie die Kleinstadt Húsavik im Norden von Island, dass Touristen Wale nicht mehr gejagt sehen wollen, sondern sie möchten sie selbst bestaunen: Kutter und Schnellboote verlassen im Halbstundentakt im Sommer den Hafen, um auf Walsafari zu gehen. Whalewatching ist ein weltweit boomender Tourismuszweig.
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Walfangverbot liegt im isländischen Parlament auf Eis
Seit Herbst liegt dem Parlament in Reykjavik ein Gesetzentwurf für ein Walfangverbot vor. Aber die Regierung ist sich nicht einig. Loftsson selbst sagte zuletzt in einem Interview mit der britischen Zeitung "The Guardian" selbstbewusst, er glaube nicht daran, dass das Parlament je den Walfang verbiete.
"Es ist schwer zu erklären, warum ein Einzelner so großen Einfluss hat", sagt der isländische Umweltaktivist Árni Finsson von INCA (Iceland Nature Conservation Association).
Aber die Art und Weise, wie mehrere Minister für Loftssons Interessen werben, das ist seltsam.
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Árni Finsson, Umweltaktivist
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Loftsson gilt als großzügiger Spender an die konservative Unabhängigkeitspartei, die gegen ein Verbot kämpft. Und so bleibt Island ein Walfang-Land - auch wenn es nur einen einzigen Walfänger gibt: Kristján Loftsson kann tun, was nicht verboten ist.
Winnie Heescher und Jürgen von Heymann sind Redakteure im ZDF-Landesstudio Kiel und berichten auch aus Skandinavien.
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