Waffenlieferung an Israel: Scholz erklärt seinen Standpunkt
Analyse
Waffenlieferungen an Israel:Scholz kontert Merz: "Entscheidungen getroffen"
von Mathis Feldhoff
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Mit einer ungewöhnlichen Aktion offenbart Olaf Scholz, dass die Regierung bereit ist, weiter Waffen an Israel zu liefern. SPD-Fraktionschef und Außenministerin mahnen zur Vorsicht.
Israel bombardiert die Hisbollah im Libanon, Iran schießt Raketen bis nach Tel Aviv – die Welt hält den Atem an. Wie leben die Menschen in der von Konflikten zermürbten Region?09.10.2024 | 6:36 min
Es ist eine ungewöhnliche Szene am Morgen im Bundestag - Bundeskanzler Olaf Scholz steht von seinem Platz auf der Regierungsbank auf, wechselt symbolisch den Hut, um als Abgeordneter Scholz dem Vorwurf des Oppositionsführers Friedrich Merz, die Bundesregierung verweigere Waffenlieferungen an Israel, zu widersprechen.
"Wir haben Waffen geliefert und wir werden Waffen liefern", sagt Olaf Scholz vom Platz seines Fraktionsvorsitzenden aus, der Minuten vorher noch begründet hatte, warum es bei derartigen Lieferungen eben auch Einschränkungen geben müsse. Aber von vorne.
Der Bundestag hat mit einer Gedenkminute an die mehr als 1200 Opfer des terroristischen Überfalls der Hamas auf Israel und das fortdauernde Leid der Angehörigen erinnert.10.10.2024 | 1:30 min
In einer teils hitzigen Debatte hatten CDU-Fraktionschef Merz und sein Stellvertreter, Alexander Dobrindt, der Ampel-Regierung vorgeworfen, es mit der deutschen Staatsräson nicht wirklich ernst zu meinen.
Man wisse von konkreten Fällen aus der Rüstungsindustrie.
Im Kampf gegen die Hisbollah-Miliz weitet Israel seine Bodenoffensive im Libanon auf den Südwesten des Landes aus. Ziel seien Hisbollah-Stellungen südlich des Litani-Flusses.08.10.2024 | 0:23 min
Annalena Baerbock: "Einklang mit dem Kriegsvölkerrecht"
In seiner Replik hatte der eigentlich nicht auf der Rednerliste stehende SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich dem Oppositionsführer eine "Grenzüberschreitung" vorgeworfen. Weil hier vermeintlich Staatsgeheimnisse aus dem Bundessicherheitsrat genutzt werden. In diesem Gremium der Bundesregierung, das auch über Exportgenehmigungen entscheidet, ist Merz allerdings nicht Mitglied.
Mützenich erweckt auch den Eindruck, als ob Israel gelieferte Waffen für Menschenrechtsverletzungen in Gaza und im Libanon einsetzt. "Das Material muss genutzt werden, um das Kriegsvölkerrecht zu beachten", so Mützenich.
Außenministerin Annalena Baerbock hatte zuvor ähnlich argumentiert als sie einen "Einklang mit dem humanitären Völkerrecht" bei den Kriegshandlungen der Israelischen Armee einforderte. "Israel kann nur auf Dauer in Frieden leben, wenn auch seine Nachbarn auf Dauer in Frieden leben können", so Baerbock.
Im Bundestag findet heute eine vereinbarte Debatte mit dem Titel "7. Oktober: Ein Jahr nach dem terroristischen Überfall der Hamas auf Israel" statt. Mima-Reporter Roman Leskovar zeigt, wie sich jüdisches Leben in Berlin verändert hat. 10.10.2024 | 2:44 min
Robert Habeck: Waffenlieferung "ist zurückhaltender geworden"
Tatsächlich ist die Einschätzung, ob sich Israels Armee bei seinen Aktionen im Gaza-Streifen oder bei den Luftangriffen auf Beirut immer an das Kriegsvölkerrecht hält, derzeit international hoch umstritten. Vizekanzler Robert Habeck bestätigt sogar bei einem Auftritt Michel Friedmans am Montag in Teilen eine Änderung bei der Unterstützung Israels.
Die Lieferung von Waffen oder Munition "ist an einer Stelle zurückhaltender geworden", so Robert Habeck. Mehr führt er mit Verweis auf die strengen Regeln des Bundessicherheitsrates nicht aus.
Im Gespräch mit dem Berliner Publizisten Michel Friedman erklärt Wirtschaftsminister Robert Habeck, jede Waffenlieferung Deutschlands "ist immer eine Einzelfall-Entscheidung".10.10.2024 | 0:55 min
Ähnliches hatte schon in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des BSW gestanden. Seit März seien demnach keine Exportgenehmigungen mehr nach Israel positiv beschieden worden. Warum erweckt Kanzler Scholz heute bei seinem ungewöhnlichen Auftritt einen anderen Eindruck? Hat er etwa öffentlich eine anderslautende Beschlusslage des Bundessicherheitsrates korrigiert? Das bleibt zunächst im Dunkeln.
Friedrich Merz: "Risse in der Solidarität"
Eins scheint für die politischen Beobachter nach diesem denkwürdigen Schlagabtausch zwischen Kanzler und Oppositionsführer übrig zu bleiben. Der Vorwurf, die deutsche Staatsräson gegenüber Israel sei eine reine Chimäre und würde in der Verweigerung von Exportgenehmigungen quasi ins Gegenteil verkehrt, ist für die Ampel politisch hochgefährlich.
Merz hatte der Ampel "Risse in der Solidarität" attestiert. So erklärt sich auch die klare und unzweideutige Reaktion des Kanzlers auf Friedrich Merz am Morgen.
Auf eine Einschränkung, auf einen Bezug auf das Kriegsvölkerrecht, verzichtet der Kanzler dabei.
Durch den Hamas-Überfall auf Israel ist der Nahost-Konflikt eskaliert - das israelische Militär reagiert mit Militäroperationen. Aktuelle News und Hintergründe im Liveblog.