Sanktionierte Firmen: Afghanischer Investor unter Verdacht

    Sanktionierte Firmen im Ländle:Was wird aus millionenschweren Immobilien?

    von Johannes Bauer, Marta Orosz und Salim Sadat
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    Der afghanische Ex-Abgeordnete Rahmani hat nach ZDF-frontal-Recherchen rund 200 Millionen Euro in Deutschland investiert. Die USA werfen ihm Korruption vor. Rahmani dementiert.

    Screenshot: Ajmal Rahmani
    Der ehemalige afghanische Abgeordnete Ajmal Rahmani hat rund 200 Millionen Euro in deutsche Immobilien investiert. Nun steht er auf der Sanktionsliste der USA. 28.06.2024 | 14:44 min
    Auf dem ehemaligen IBM-Gelände in Ehningen, Baden-Württemberg, sollte ein Prestigeprojekt entstehen. Die Gemeinde wollte zusammen mit dem Immobilieninvestor Ajmal Rahmani und seiner Ozean Group einen Tech- und Wohncampus namens Quantum Gardens errichten. Im vergangenen April eröffnete hier Ministerpräsident Winfried Kretschmann ein erstes Technologiezentrum - zusammen mit Ajmal Rahmani.
    Ajmal Rahmani schneidet mit Winfried Kretschmann (Ministerpräsident Baden-Württemberg) symbolisch das Band durch
    Eröffnung des QAX-Zentrums auf dem ehemaligen IBM-Gelände in Ehningen.
    Quelle: Annette Nüßle

    Doch acht Monate später beginnen die Sorgen. Ende 2023 setzten die USA Ajmal Rahmani und seinen Vater auf eine Sanktionsliste. US-Behörden werfen den beiden Korruption bei der Beschaffung von Treibstoff vor. Der Verdacht: Sie sollen Angebote manipuliert, Steuern hinterzogen und Sprit abkassiert haben, der nie geliefert wurde, heißt es in der Begründung des US-Finanzministeriums.
    Vater und Sohn Rahmani gehen nun gegen die US-Sanktionen gerichtlich vor. In einer Klage weisen sie die Verdächtigungen zurück. Sie bestreiten "kategorisch jede Beteiligung an einem Korruptionssystem bei der Kraftstoffbeschaffung" und alle weiteren Vorwürfe. Vater Mir Rahmani legt Wert darauf, dass er nie Geschäfte mit Alliierten der Nato gemacht habe. Also alle Vorwürfe unbegründet?
    Ajmal Rahmani startet 2005 Geschäfte mit den westlichen Alliierten in Afghanistan. Truppen der Nato belieferte er mit Treibstoff. Drei Jahre vor der Machtübernahme der Taliban sicherte sich Ajmal Rahmani einen Sitz im afghanischen Parlament. Zu dieser Zeit gründete er auch den Großteil seiner Unternehmen in Deutschland - nicht als afghanischer Staatsbürger, sondern mit einem sogenannten Goldenen Pass aus Zypern.

    Auch Investitionen in Frankfurter Immobilien

    Nach Recherchen von ZDF frontal investierte er zwischen 2018 und 2022 rund 200 Millionen Euro in deutsche Immobilien. Das ehemalige IBM-Gelände in Ehningen erwarb eine Firma Rahmanis für 50 Millionen Euro, für ein weiteres Objekt in München zahlte die Firmengruppe 27 Millionen Euro. Objekte im Sanierungsverfahren übernahm die Ozean Group in Baden-Württemberg zum Teil direkt von Städten und Gemeinden.
    Große Pläne gibt es nicht nur in Ehningen: Auf einem 66-Millionen-Euro Grundstück im Frankfurter Europaviertel plant die Ozean Group ein 18-stöckiges Hochhaus. Das Grundstück am Rebstockpark hat er von Konten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten überwiesen.
    Die Gesamtsumme will Ajmal Rahmani auf ZDF-Nachfrage nicht bestätigen. Der zypriotische Pass sei eine pragmatische Entscheidung gewesen, schließlich wolle er seine Geschäfte rechtstaatlich abwickeln.

    Warnsignale schon vor der Sanktionierung

    In Deutschland sind Notare und Banken grundsätzlich verpflichtet, verdächtige Immobiliengeschäfte bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zu melden.
    Nach Einschätzung des Finanzexperten Stephan Ohme von Transparency International gelte das generell, wenn es sich dabei um eine politisch exponierte Person handele, ein zypriotischer Pass vorgelegt werde und Überweisungen aus Dubai erfolgen.

    Zypern ist oftmals der Hort für Geldwäsche bzw. der Sitz von Interessenten, die darüber dann Zugang zum europäischen Raum bekommen möchten. Überweisungen aus den Vereinigten Emiraten sind auch suspekt.

    Stephan Ohme, Leiter der Arbeitsgruppe Finanzwesen bei Transparency International

    Auf ZDF-Nachfrage wollte die FIU nicht bestätigen, ob die Behörde entsprechende Meldungen vor dem Kauf der Immobilien erhielt. Auch Notare und eine Bank verweisen auf ihre Verschwiegenheitspflichten.
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    Deutschland gilt als Paradies für Geldwäsche. Interne Fälle aus Deutschlands Anti-Geldwäsche-Einheit zeigen, was schief läuft. Was plant Finanzminister Lindner dagegen?16.05.2023 | 12:12 min

    Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt wegen Verdacht auf Geldwäsche

    Für die Investitionen interessiert sich die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Die bestätigt, dass sie im Zusammenhang mit den Immobilienkäufen "... seit Mai 2023 Vorermittlungen geführt und schließlich im November 2023 Ermittlungen gegen Unbekannt wegen des Verdachts der Geldwäsche aufgenommen hat." Was aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wird ist offen.
    Auch weil deutsche Gerichte für mögliche Korruptionsvorwürfe in Afghanistan nicht zuständig seien. Ajmal Rahmani lässt wissen, er nehme die Ermittlungen ernst und unterstütze die Staatsanwaltschaft bei ihren Untersuchungen. Konkrete Straftaten seien nach seinen Informationen bisher nicht festgestellt worden. Die Landesregierung teilt mit, auf private Immobilienkäufe habe sie keinen Einfluss. Sie könne nicht jeden überprüfen, dem der Ministerpräsident persönlich gratuliere.
    Aktualisierung vom 11. Juni 2024:
    Die Staatsanwaltschaft Stuttgart teilte am 11. Juni mit, sie habe ihre Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen Unbekannt im Zusammenhang mit einer Vielzahl von Investitionen in hochpreisige Immobilien im gesamten Bundesgebiet eingestellt. Auch Auskünfte aus den USA hätten keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte für eine kriminelle Herkunft der investierten Gelder ergeben. Demnach gebe es keinen hinreichenden Tatverdacht für weitere Ermittlungen.

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    :Immobilien-Leak enthüllt Geldwäsche im Emirat

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    von C. Huppertz und H. Munzinger
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