Scheidender US-Präsident:Wovor Biden in seiner Abschiedsrede warnt
von Anna Kleiser, Washington D.C.
|
Joe Bidens Abschiedsrede ist ein Liebesbrief an das alte Amerika, das Versprechen der Möglichkeiten. Und eine Warnung vor einer Oligarchie, die genau diese Demokratie bedrohe.
In seiner Abschiedsrede rief US-Präsident Joe Biden seine Landsleute dazu auf, für die Seele der Nation und die Demokratie zu kämpfen.
Quelle: AP
Ein letztes Mal wendet sich US-Präsident Joe Biden an die Nation. Nach über fünfzig Jahren in der Politik beschreibt er in seiner Abschiedsrede das, was für ihn Amerika ausmacht, weniger seine Politik.
Die Freiheitsstatue ist das Bild mit dem Biden Amerika beschreibt. Sie symbolisiere die Seele der Nation: Erbaut von Migranten aus aller Welt, schwanke und bewege sich, um dem Wetter zu trotzen - aber sie falle nicht, sondern halte die Fackel der mächtigsten Idee der Weltgeschichte hoch:
Als einen Liebesbrief an das Land beschreibt der demokratische Politikberater David Axelrod die Rede. Es ist allerdings auch eine Warnung.
Biden warnt Amerika vor einer Oligarchie
Indem Biden die Bedeutung demokratischer Institutionen, der freie Presse und der Gewaltenteilung betont, richtet er sich indirekt auch an den künftigen Präsidenten Donald Trump und seine Unterstützer, nennt sie jedoch nicht namentlich.
Biden warnt seine Landsleute vor einer gefährlichen Oligarchie der Superreichen, welche die "Grundrechte und Freiheiten und eine faire Chance für jeden, voranzukommen" bedrohe.
In der neuen Regierung sollen gleich mehrere Milliardäre ein Amt übernehmen. Der bekannteste dabei sicherlich der reichste Mann der Welt, Elon Musk. In den vergangenen Wochen hatten sich neben Musk auch Meta-Boss Mark Zuckerberg und Amazon-Chef Jeff Bezos Trump angenähert. Biden warnt vor einem technisch-industriellen Komplex, vor Desinformation und KI.
Donald Trump und die milliardenschwere Tech-Elite aus dem Silicon Valley planen einen radikalen Umbau Amerikas. Macht und Populismus rütteln an den Grundfesten der Demokratie.21.11.2024 | 15:51 min
Biden fordert tiefgreifende demokratische Reformen
Um die Amerikaner vor Machtmissbrauch zu schützen, brauche das Land Steuerreformen, die Milliardäre dazu bringe, "ihren gerechten Anteil zu zahlen", so Biden.
Der 82-jährige Demokrat, der für den Erhalt der Institutionen kämpft, ruft nun auch zu tiefgreifenden Reformen auf. Biden erneuert die Forderung das Oberste Gericht zu reformieren, die Amtszeit der Richter zu begrenzen, strenge Ethikregeln einzuführen. Und er sagte:
Die Macht von Präsidenten sei nicht absolut und das solle sie auch nicht sein, so Biden. Doch all diese Forderungen dürften unter Präsident Trump keine Chance haben.
Biden: Braucht Zeit, bis Errungenschaften spürbar sind
Er weiß, dass viele sie noch nicht spüren. Seine Beliebtheitswerte sind zum Ende seiner Amtszeit auf einem Tiefpunkt angelangt. So bleibt ihm nichts als die Hoffnung, dass in der Rückschau milder auf seine Amtszeit geblickt wird.
Der neuen Regierung wünsche er Erfolg, "denn ich möchte, dass Amerika Erfolg hat", so Biden. Deshalb habe er sich einem friedlichen Machtwechsel verpflichtet - ein weitere Hieb zu Trump, der Biden den friedlichen Machtwechsel verwehrt hatte.
US-Präsident Joe Biden hat Wahlsieger Donald Trump im Weißen Haus empfangen, um die Übergabe der Amtsgeschäfte zu besprechen. Trump gab erste Besetzungen seines Kabinetts bekannt.13.11.2024 | 1:36 min
Biden bittet Amerikaner, wehrhaft zu sein
Seine Abschiedsrede ist auch eine Erinnerung daran, dass er es nicht geschafft hat, rechtzeitig den Platz für die nächste Generation freizuräumen. Anfang Januar antwortete er auf die Frage, ob er noch ganze vier Jahre als Staatsoberhaupt regieren hätte können. "Ich weiß es nicht". Er ist sich noch immer sicher, er hätte Trump besiegen können, sagte er jedoch auch.
Es kam bekanntermaßen anders. Nun bleibt ihm nichts anderes übrig als die Mitbürger aufzurufen, sich zu engagieren, der Nation zu dienen. Er bittet sie, seine hoffnungsvolle Vision für das Land weiterzutragen, auch wenn es anstrengend sein könne: "Jetzt sind Sie an der Reihe, Wache zu halten."
Anna Kleiser ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington.
Quelle: ZDF
Sie wollen stets auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie bei unserem ZDFheute-WhatsApp-Channel genau richtig. Egal ob morgens zum Kaffee, mittags zum Lunch oder zum Feierabend - erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Mini-Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Melden Sie sich hier ganz einfach für unseren WhatsApp-Channel an: ZDFheute-WhatsApp-Channel.