Geheim-Chat: US-Regierung lädt aus Versehen Journalisten ein

    "Kriegspläne über Signal":US-Regierung lädt offenbar Journalist in Geheimchat ein

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    Ein Luftschlag im Jemen, ein Gruppenchat der US-Regierung und ein Journalist, der offenbar alles mitliest - eine mutmaßliche Sicherheitspanne sorgt in den USA für Aufregung.

    Donald Trump und Verteidigungsminister Pete Hegseth im Oval-Office.
    Bei einer Sicherheitspanne in den USA sollen Pläne für Luftangriffe im Jemen geteilt worden sein. Ein Journalist war versehentlich zu einem geheimen Gruppenchat hinzugefügt worden.25.03.2025 | 1:26 min
    Der Chefredakteur des US-Magazins "The Atlantic", Jeffrey Goldberg, wurde nach eigenen Angaben versehentlich in einen geheimen Gruppenchat der US-Regierung aufgenommen, in dem offenbar hochsensible Militärpläne erörtert wurden.
    Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Brian Hughes, bestätigte, dass der Chatverlauf höchstwahrscheinlich authentisch sei. Er kündigte eine interne Prüfung an. Einer der mutmaßlichen Teilnehmer, Verteidigungsminister Pete Hegseth, bestritt den "Atlantic"-Bericht später vehement.
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    In dem veröffentlichten Artikel schildert Journalist Goldberg ausführlich, wie er Mitte März über die verschlüsselte Messenger-App Signal laut eigenen Angaben stiller Zeuge einer brisanten Unterhaltung wurde.
    In dem Gruppenchat besprachen offenbar führende Mitglieder der Regierung von US-Präsident Donald Trump konkrete Angriffspläne gegen die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen.

    Einladung über Signal: Goldberg zunächst misstrauisch

    Den ersten Kontakt gab es Goldberg zufolge am 11. März: Ein Signal-Nutzer mit dem Namen von Trumps Nationalem Sicherheitsberater, Michael Waltz, habe ihm eine Kontaktanfrage geschickt, schreibt der Journalist.
    Zunächst sei er misstrauisch gewesen. Er habe vermutet, dass es sich nicht wirklich um den Regierungsvertreter handele. In der Hoffnung, es tatsächlich mit Waltz zu tun zu haben, habe er die Anfrage dennoch angenommen.
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    Zwei Tage später folgte dann die Einladung in den besagten Gruppenchat. Diesem traten nach und nach weitere Nutzer bei: einige unter Klarnamen, andere mit Kürzeln, die auf Mitglieder der US-Regierung schließen ließen.

    Goldberg ging von Täuschungsaktion aus

    Zu diesem Zeitpunkt war Goldberg nach eigenen Angaben weiterhin alles andere als überzeugt, dass es sich um eine echte Regierungskommunikation handelte. Die Vorstellung, dass Waltz ausgerechnet ihn in einen solchen Chat einladen würde, erschien ihm absurd.

    Ich hatte starke Zweifel an der Echtheit dieses Gruppenchats.

    Jeffrey Goldberg, Chefredakteur von "The Atlantic"

    Er habe außerdem nicht glauben können, "dass die führende Sicherheitsriege der Vereinigten Staaten ihre bevorstehenden Kriegspläne über Signal kommunizieren würde". Er hielt es eher für möglich, dass es sich um eine gezielte Täuschungsaktion eines ausländischen Geheimdienstes handeln könnte.
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    Goldberg: Im Chat mit Vance, Hegseth und Rubio

    Goldberg beschreibt in seinem Artikel detailliert den Austausch zwischen den Beteiligten - mit exakten Uhrzeiten, Originalzitaten und teils informellem Ton. So habe etwa Waltz Emojis eingesetzt, um Zustimmung und Kampfgeist zu signalisieren: eine geballte Faust, die Flagge der USA und ein Flammen-Symbol.
    Ausschnitt aus dem Chat um JD Vance
    Diesen Screenshot, der den Chat zeigen soll, veröffentlichte "The Atlantic".
    Quelle: "The Atlantic"

    Demnach waren unter anderem Vizepräsident J.D. Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth, Außenminister Marco Rubio sowie weitere Kabinettsmitglieder und hochrangige Regierungsbeamte Teil des Chats. Diskutiert wurden sowohl die militärische Taktik als auch die politische Kommunikation rund um den geplanten Schlag gegen die Huthi.
    Der Containerfrachter «Ever Greet» liegt im Waltershofer Hafen am Containerterminal Burchardkai (CTB, l) der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA). Im Hintergrund liegt ein Containerfrachter am Containerterminal von Eurogate.
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    Brisante Details zu Angriffen auf Huthi-Miliz

    Zwei Stunden vor dem Start der Angriffe am 15. März postete laut Goldberg Hegseth selbst in den Chat detaillierte Angaben zu Zielen, Waffensystemen und dem zeitlichen Ablauf der Operation. Kurz darauf begannen tatsächlich Luftschläge gegen Huthi-Stellungen im Jemen.
    Als die ersten Explosionen gemeldet wurden, war Goldberg eigenen Angaben zufolge schließlich überzeugt, dass die Unterhaltung real war - und doch kein Fake. Er verließ sie wenig später unaufgefordert. Rückfragen zu seiner Anwesenheit gab es seinem Bericht zufolge nicht.
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    Hegseth: "Niemand hat Kriegspläne getextet"

    Pentagon-Chef Pete Hegseth bestritt den Bericht später. "Niemand hat Kriegspläne getextet", antwortete auf eine Reporter-Frage. Der frühere TV-Moderator verunglimpfte Goldberg als "betrügerischen und diskreditierten sogenannten Journalisten", der es sich zum Beruf gemacht habe, eine Kampagne gegen die Regierung zu fahren und immer wieder Falschmeldungen zu verbreiten.
    Der Minderheitsführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, forderte eine Untersuchung des Vorfalls. Schumer sprach in der Kongresskammer von einem "der krassesten Verstöße gegen die militärische Geheimhaltung", von denen er seit langer Zeit gelesen habe. Nun sei eine "umfassende Untersuchung" nötig, um herauszufinden, wie es zu diesem "Debakel" habe kommen können - auch andere US-Demokraten, aber auch Republikaner, übten scharfe Kritik.
    Quelle: dpa

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