Ungarn: Orban verschärft Maßnahmen gegen LGBTQIA+-Community

Orban verschärft Maßnahmen:Ungarn: Proteste gegen Pride-Verbot

von Ansgar Wendt, Wien
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Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán greift zunehmend zu repressiven Maßnahmen. Zuletzt wurde die Pride-Parade der LGBTQI-Bewegung verboten. In Budapest regt sich Protest.

Demonstranten in Budapest am 1. April 2025 gegen die Bemühungen der Regierung, die Versammlungsfreiheit einzuschränken und ihre Überwachungsbefugnisse auszuweiten.
In Ungarn kam es zu Protesten, nachdem Viktor Orbán die Einschränkung von LGBTIQIA-Rechten ankündigte.
Quelle: Attila Kisbenedek

Mehr als 10.000 Menschen protestierten in Budapest. Die Proteste richten sich gegen das von der ungarischen Regierung verhängte Verbot der Budapester Pride Parade am 28. Juni, der wichtigsten LGBTQI-Demonstration.
Unter ihnen auch Luca Dudits, Vorstandsmitglied der Háttér Society Organisation, die sich für LGBTQI-Rechte einsetzt. Dudits nimmt seit 2015 an der Budapester Pride teil, zehn Jahre später steht die Veranstaltung vor dem Aus. Im ZDFheute-Interview zeigt sie sich vom Widerstand der ungarischen Bevölkerung überzeugt:

Es ist gut, dass wir viele Menschen auf der Straße sehen. Niemand hat erwartet, dass die Pride verboten wird.

Luca Dudits, Vorstandsmitglied Háttér Society

Tasusende protestieren in Budapest gegen das beschlossene Verbot der jährlichen Pride-Parade. Eine gelb gekleidete Frau ruft vermutlich einen Slogan.
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LGBTIQ-Bewegung als Feindbild

Das Verbot basiert auf einem am 11. März ratifizierten Gesetz der ungarischen Regierung, das LGBTQI-Versammlungen verbietet. Die Einschränkung wird als Jugendschutz begründet. Im ungarischen Parlament führte die Entscheidung zu heftigem Protest: oppositionelle Politiker zündeten während der Abstimmung Rauchbomben. Verhindern konnten sie das Gesetz damit nicht.
Die Pride Parade ist direkt vom Verbot betroffen - Orbán erklärte schon im Februar, sie wäre dieses Jahr "verschwendete Zeit und Geld". Verstöße sollen mit bis zu 500 Euro Bußgeld geahndet und auch per Gesichtserkennung verfolgt werden. Circa 100 Abgeordnete des EU-Parlaments kündigten an, dennoch an der Pride teilnehmen zu wollen, direkte Kritik durch EU-Staatschefs an der Entscheidung blieb hingegen aus.
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Das Verbot der Pride ist nur ein Teil in einer Reihe von Entscheidungen der Regierung Orbáns gegen die LGBTQI-Bewegung. 2021 wurde ein Gesetz verabschiedet, das Kindern den Zugang zu LGBTQI-Themen einschränkt. Im Februar dieses Jahres wurde eine Änderung der ungarischen Verfassung angekündigt, die die alleinige Existenz zweier Geschlechter festschreibt: männlich und weiblich.
Dudits zufolge ist es nicht das erste Mal, dass Orbáns rechts-konservative Regierung Minderheiten marginalisiert:

Obdachlose, Migranten und jetzt die LGBTQI-Bewegung: Er nutzt sie als Sündenböcke.

Luca Dudits, Vorstandsmitglied Háttér Society

Orbán innenpolitisch unter Druck

Die politische Rhetorik in Ungarn hat sich in den letzten Monaten verschärft. So diffamierte Orbán am 15. März, dem ungarischen Nationalfeiertag, politische Gegner als "Wanzen". Allerdings zeigt die Eskalation auch: Orbáns Regierung steht innenpolitisch unter Druck. Der Mitte-rechts Politiker Péter Magyar, Vorsitzende der Partei TISZA, liegt in jüngsten Umfragen vor Orbán. 2026 wird in Ungarn gewählt.
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Zuspitzung des Konflikts mit der EU

Währenddessen spitzt sich der Machtpoker zwischen Budapest und Brüssel zu: Die EU nutzt eingefrorene Fördergelder für Ungarn, um fehlende Rechtsstaatsreformen anzumahnen.
Orbán wiederum verwendet das grundsätzliche Veto-Recht der EU-Mitglieder bei Entscheidungen als Druckmittel: Im Dezember letzten Jahres drohte er beispielsweise an, den neuen EU-Haushalt zu blockieren, sollten EU-Fördergelder für Ungarn nicht freigegeben werden.
Die EU erscheint angesichts der zunehmenden ungarischen Repressionen ratlos wie machtlos. Das Pride-Verbot und andere Maßnahmen gegen die LGBTQI-Bewegung werden hintenangestellt, um Orbán nicht zu verärgern - und ihn außenpolitisch kompromissbereit zu stimmen.
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Quelle: dpa

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