Zukunftsgipfel der UN:Wie kommt die Weltgemeinschaft aus der Krise?
von Susanne Lingemann, New York
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In New York treffen sich rund 130 Staats- und Regierungschefs zur jährlichen Generaldebatte. Dabei soll der Zukunftsgipfel der Weltgemeinschaft neuen Auftrieb verleihen.
António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, begrüßt Olaf Scholz in New York zum UN-Zukunftsgipfel.
Quelle: dpa
Die Vereinten Nationen stehen vor ihrer wohl größten Glaubwürdigkeitskrise. Kriege in der Ukraine, in Gaza und im Sudan, der Klimawandel, ein mögliches Scheitern der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und wachsende Ungleichheit in der Welt zeigen das. Besonders auch in der Corona-Pandemie und beim Umgang mit Künstlicher Intelligenz aber wird klar, dass grenzüberschreitende Probleme nur gemeinsam gelöst werden können.
2021 forderte UN-Generalsekretär Antonio Guterres, den Multilateralismus neu zu beleben und die Vereinten Nationen mit zeitgemäßen Strukturen und Zielen fit für die Zukunft zu machen.
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"Pakt für die Zukunft" muss konsensfähig sein
Namibia und Deutschland beauftragte Guterres damit, ein Reformpaket vorzulegen. Eine große Herausforderung für UN-Botschafterin Antje Leendertse und ihren namibischen Kollegen: Denn der "Pakt für die Zukunft" soll Ziele und Strukturen für die Weltgemeinschaft aufzeigen, die von allen 193 Staaten per Konsens verabschiedet werden können.
Fünf Kapitel hat das Dokument: Nachhaltige Entwicklung, Frieden, Wissenschaft, Jugend und globale Institutionen. Ein Digital-Pakt fordert Leitlinien für den Umgang mit Technologierevolutionen, Cybercrime und Cybersicherheit sowie Künstlicher Intelligenz.
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UN-Plan: Änderungen bis zuletzt - Inhalte teils verwässert
Bis zuletzt wurden an dem rund 30-seitigen Dokument mit über fünfzig Maßnahmen noch Änderungen vorgenommen, kontroverses gestrichen und Ziele verwässert, um Konsens herbeizuführen. Richard Gowan von der International Crisis Group der UN sieht beim "Pakt für die Zukunft" Herausforderungen:
"Die Eröffnung des Dokuments enthält einige gute Worte zum Multilateralismus. Sie hat einige gute Ideen zur Stärkung der UN - aber sie ist nicht transformativ", so Gowan weiter.
Kritik am Timing des Gipfels
Diplomaten in New York glauben, das Timing des Zukunftgipfels sei schlecht, erklärt Gowan. Es gäbe so viele Meinungsverschiedenheiten, dass es für die UN-Mitglieder nicht möglich sei, sich auf grundlegende Zukunft-Reformen zu einigen. Auch sei das Abschluss-Dokument zum Zukunftspakt für die Weltgemeinschaft nicht bindend, oft sehr verwässert und vage.
Achim Steiner, Leiter des UN-Entwicklungsprogramms sieht dennoch in vielen Themen, die im Pakt stehen einen "Weg nach vorne".
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Der Globale Süden lässt seine Muskeln spielen
Die "Gruppe der 77", ein Zusammenschluss von Entwicklungsländern innerhalb der Vereinten Nationen, hat im Zukunftspakt wichtige Zugeständnisse erreicht - auch weil der Westen dem Einfluss Chinas entgegensteuern will. Weltbank und IWF haben das Mandat, Schritte zur Eindämmung der Überschuldung, zum Ausbau der Kreditvergabekapazitäten der Entwicklungsbanken zu finden.
Entwicklungsländern sollen verstärkten Zugang zu privaten Finanzmitteln zu besseren Konditionen erhalten. Nur so können Entwicklungsländer die Klimakrise bewältigen und auf erneuerbare Energien umstellen.
Reform des Sicherheitsrats
Auch in der Diskussion um die Reform des Sicherheitsrats hat der Globale Süden einen Etappensieg erzielt. Das nach dem Zweiten Weltkrieg entstandene Gremium mit den vier Siegermächten und China als ständige Mitglieder mit Vetorecht spiegelt schon lange nicht mehr die Realität der Welt wider: Afrikanische Staaten haben bislang am großen Tisch kaum Platz gefunden. Auch Deutschland bewirbt sich um einen ständigen Sitz in einem reformierten Sicherheitsrat.
Bundeskanzler Olaf Scholz eröffnet zusammen mit dem namibischen Präsidenten Nangolo Mbumba den Zukunftsgipfel.
"Mit dem Pakt wird kein neues Zeitalter beginnen, aber vielleicht werden wir ein Licht darauf werfen, wo wir in Zukunft nach Wegen suchen müssen, um wieder Gemeinsamkeiten zu finden," meint Achim Steiner vom UN-Entwicklungsprogramm. "Denn im Augenblick zerstören wir mehr Zukunft als wir gestalten."
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