Ukraine-Krieg: Firma beauftragt Entminung von Handelswegen

Schwarzmeer-Region in Ukraine:Getreidekonzern setzt auf private Minenräumer

Porträt von Henner Hebestreit, ZDF-Landesstudioleiter Kiel und damit zuständiger Korrespondent für Skandinavien
von Henner Hebestreit, Odessa
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Das Schwarzmeer-Abkommen soll eine Waffenruhe in der Region regeln. Ein ukrainischer Getreidekonzern beauftragt Räumteams, um blockierte Handelswege von Minen zu befreien.

Schild am Schwarzen Meer warnt vor Minen
Im Schwarzen Meer startet die Ukraine die Minenräumung, um blockierte Wasserstraßen nach einem Waffenstillstand wieder nutzbar zu machen. Dafür werden auch spezielle Taucher ausgebildet.08.04.2025 | 2:02 min
Das Schwarzmeer-Abkommen, das einen Waffenstillstand auf und um das Meer herum regeln soll, ist auch gut zwei Wochen nach seiner Vereinbarung die ganz große Unbekannte in diesem Krieg. Immer noch ist unklar, was in Saudi-Arabien eigentlich geregelt wurde. Im März trafen sich die Unterhändler aus den USA und Russland zu Gesprächen über eine mögliche Waffenruhe in der Ukraine.
Dmytro Pletenschuk, Sprecher der ukrainischen Marine in Odessa, weiß nur, dass das Abkommen bislang keine großen Veränderungen gebracht hat: "Es gilt weiter der Status quo."
Schaltgespräch zwischen Dara Hassanzadeh und Wulf Schmiese
Nur Stunden nach einem Abkommen, das die Verschiffung von Weizen aus der Ukraine ermöglichen soll, treffen Raketen den Schwarzmeer-Hafen. 23.07.2022

Waffenruhe durch Schwarzmeer-Abkommen kaum bemerkbar

Die Einheiten der ukrainischen Marine patrouillieren weiter vor Odessa. Mit ihren Ferngläsern starren sie in den Himmel, auf der Suche nach Kampfdrohnen, die in Richtung der Hafenstadt im Anflug sind.

Diesen Waffenstillstand bemerken wir kaum.

Georgiy, Marinesoldat

Georgiy ist auf einem der Boote zuständig für die Abwehr von Gefahren aus der Luft. "Erst vor ein paar Tagen gab es wieder einen feindlichen Angriff mit Shahed-Drohnen", erzählt er.
Europäische Verteidigung im Weltraum
Vor Odessa schützt die ukrainische Marine den Getreidekorridor vor russischen Angriffen. Teils veraltete Ausrüstung und neue Angriffstaktiken des Gegners komplizieren die Arbeit.01.04.2025 | 2:45 min

Hoffnung auf Wiedereröffnung des Hafens von Mykolajiw

Für die Marine also "Business as usual" - doch in den Büros des großen ukrainischen Getreideexporteurs Nibulon hat das Abkommen hektische Betriebsamkeit ausgelöst. Auch wenn Mykhailo Rizak, Direktor für Regierungsangelegenheiten bei Nibulon, einräumt, die Verhandlungen über das Abkommen befänden sich seiner Kenntnis nach in einem ungewissen Stadium:

Wir hoffen aber inständig, dass die Wiedereröffnung des Hafens von Mykolajiw Resultat der Verhandlungen und Teil der Friedensgespräche bleibt.

Mykhailo Rizak, Direktor für Regierungsangelegenheiten Nibulon

Vor der russischen Invasion wurde über Mykolajiw ein Drittel des gesamten ukrainischen Getreideexportes abgewickelt. Über die Flüsse Dnipro und Südlicher Bug hatten Lastkähne riesige Getreidemengen dorthin gebracht, wo sie dann auf die Überseefrachter verladen wurden, die vor der Küste warteten.
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Handelsweg ist vermint

Dieser Handelsweg ist durch den Krieg blockiert: Der Hafen und die Flüsse sind vermint und voller explosiver Hinterlassenschaften des Raketen- und Drohnenkriegs.
Nibulon bleibt seit drei Jahren kaum etwas anderes übrig, als das Getreide in endlosen Lastwagenkolonnen nach Odessa zu transportieren, über Straßen, die dafür nicht ausgelegt sind. Daher ist es verständlich, dass man sich bei Nibulon nach einer Reaktivierung der Wasserstraßen sehnt und sich jetzt schon darauf vorbereitet, schnell aktiv werden zu können.

In der Ukraine gibt es rund 15.000 Quadratkilometer verminter Wasserfläche, bevor die wieder für den Warentransport genutzt werden können, müssen die untersucht und geräumt werden.

Mykhailo Rizak, Direktor für Regierungsangelegenheiten Nibulon

Die Regierung sei mit der Landesverteidigung vollauf beschäftigt, für das Räumen der Wasserwege habe Kiew aktuell keine Kapazitäten, deshalb hat Nibulon mit dem Aufbau eigener Entminungsgruppen begonnen.
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Eigene Taucher werden für Entminung ausgebildet

Man hat eigens dafür ein Boot bauen lassen und bildet gerade eigene Taucher für diese gefährliche Aufgabe aus. Yewhen ist einer von ihnen. Im dunkelroten Trockentauchanzug steht er an der Reling des neuen Bootes und beschreibt, wie riskant der Job ist: "Man muss immer vorsichtig sein, mit dem, was man da unten findet, deshalb ist es gut, dass wir jetzt schon üben, bevor es ernst wird."
Bei Nibulon verfolgt man deshalb auch genau, wie die Regierungsbildung in Deutschland abläuft. Denn mit dem Bundeswirtschaftsministerium war man in Verhandlungen über eine finanzielle Unterstützung dieser Vorbereitungen auf die Selbsthilfe in Sachen Minenbeseitigung. Durch das Ampel-Aus liegen diese Gespräche erstmal auf Eis.
Aber noch ist völlig unklar, ob das Schwarzmeer-Abkommen überhaupt die Waffen dort schweigen lassen wird.
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