Oreschnik: Warum Putins Rakete eher Propaganda ist
Analyse
Putins Rakete:Warum die Oreschnik mehr PR als Waffe ist
von Christian Mölling und András Rácz
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Russlands Präsident Putin preist die Oreschnik-Rakete als neue, innovative Waffe. Doch das ist sie offenbar gar nicht. Sie dient eher als Propaganda-Instrument, zum Ängste schüren.
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Am 21. November hat Russland eine zuvor nicht gesehene ballistische Rakete gegen die ukrainische Stadt Dnipro abgefeuert. In offiziellen russischen Quellen wurde sie als Oreschnik (Haselstrauch) bezeichnet, und dieser Name wurde auch von ukrainischen und westlichen Medien übernommen.
Seitdem erwähnte der russische Präsident Wladimir Putin in seinen Reden regelmäßig die Oreschnik-Rakete. Er bezeichnete sie als Symbol des russischen technologischen Fortschritts und erwähnte wiederholt die Fähigkeit der Waffe, jeden Punkt der Ukraine zu erreichen.
Wunderwaffe weder neu - noch kampfbereit
Am 19. Dezember schlug er sogar ein "technologisches Duell" zwischen westlichen Luftabwehrsystemen und der Oreschnik vor. Die Ukraine solle all ihre modernen Luftabwehrsysteme um Kiew herum aufstellen, um dann zu sehen, ob die Rakete noch in der Lage sei, die Stadt zu treffen.
Putin betonte mehrfach, dass die Rakete sogar nukleare Sprengköpfe tragen könne - und nutzte die Nachrichten über die neue Rakete als Teil seines rhetorischen nuklearen Säbelrasselns. Die Realität ist jedoch eher ernüchternd. Anstelle einer neuen, einsatzfähigen Wunderwaffe scheint Oreschnik weder neu noch kampfbereit zu sein.
Quelle: DGAP
... leitet das Programm "Europas Zukunft" für die Bertelsmann Stiftung in Berlin. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.
Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Existiert eine bewaffnete Oreschnik überhaupt?
Erstens: Die auf Dnipro abgefeuerte Rakete hatte keine explosiven Sprengköpfe. Sie setzte nur Projektile frei, die in Größe, Form und Gewicht den echten Gefechtsköpfen entsprachen. Also Vorrichtungen, die üblicherweise für Testflüge, aber nicht für Kampfeinsätze verwendet wurden. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit der Rakete verursachten selbst diese Übungsgeschosse aufgrund ihrer kinetischen Energie Schäden am Boden, die jedoch nicht besonders groß waren.
Zweitens: Obwohl seither mehr als ein Monat vergangen ist, wurden keine weiteren Oreschniks abgefeuert. Nach dem Stand der Dinge am 26. Dezember ist es zweifelhaft, ob eine bewaffnete Oreschnik überhaupt existiert. Es ist auch nicht klar, wann die scharfen Sprengköpfe fertig sein werden oder wann Moskau in der Lage sein wird, mit der Serienproduktion zu beginnen.
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Propagandaeffekt durch Rakete?
Der Abschuss einer im Grunde "leeren" Rakete ist irritierend und möglicherweise sogar kontraproduktiv. Russland hat mit dem Verschießen der Rakete deren Fähigkeiten offengelegt. Man gibt so dem Gegner Zeit, Gegenmaßnahmen vorzubereiten.
Dennoch beschloss Russland, die Waffe am 21. November abzufeuern und setzt sie seitdem als Informationsinstrument ein. Es sieht so aus, als ob Moskau der Informationskomponente des Einsatzes Vorrang vor den operativen Sicherheitserwägungen einräumte, also die Rakete ungewöhnlich früh enthüllte, um einen Propagandaeffekt zu erzielen.
Dies führt zum dritten Element der Erklärung: Höchstwahrscheinlich ist Oreschnik in der Tat kaum neu und auch nicht besonders innovativ. Daher hat Russland de facto kaum etwas entscheidend Neues enthüllt.
Ausgehend von den untersuchten Wrackteilen scheint es sich bei dem Flugkörper um ein kleineres Derivat des nie fertiggestellten ballistischen Interkontinentalflugkörpers RS-26 Rubesch zu handeln, dessen Serienproduktion für 2017 bis 2018 geplant war, aber gestrichen wurde, da Moskau stattdessen eine andere Hyperschallwaffe, den Avangard-Gleitkörper, bevorzugte.
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Kürzere Reichweite - mehr Sprengköpfe
Bei der auf Dnipro abgefeuerten Oreschnik scheint es sich um ein kleineres Derivat der ursprünglichen RS-26 Rubesch zu handeln, das für eine geringere Reichweite optimiert ist und einen Gefechtskopf trägt, der anderthalbmal so groß ist wie der ursprüngliche. Die Rakete trägt sechs solcher Gefechtsköpfe, statt vier wie die Rubesch.
Nach den kürzlich von der Ukraine veröffentlichten Informationen und Bildern enthält die auf Dnipro abgefeuerte Rakete Teile aus dem Jahr 2017. Dies bestärkt die Einschätzung, dass es sich bei der Oreschnik keineswegs um eine neue Waffe handelt, sondern dass sie vor einiger Zeit aus vorhandenen Teilen einer anderen Rakete, der RS-26 Rubesch, mehr oder weniger ad hoc zusammengestellt wurde.
Dies erklärt das Fehlen eines funktionierenden Gefechtskopfes und auch die Tatsache, dass bisher nur eine Oreschnik abgefeuert wurde.
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Mehr Propaganda als einsatzfähige Waffe
Alles in allem kann man zu dem Schluss kommen, dass die Oreschnik-Rakete in ihrem derzeitigen Zustand eher ein Informationsinstrument als eine einsatzfähige, militärische Waffe ist. Russland setzt sie ein, um die Berichterstattung im Westen zu beeinflussen und Angst zu schüren, während ihr tatsächlicher militärischer Wert äußerst begrenzt ist.
Selbst wenn Russland einige weitere einsatzfähige Raketen zusammenstellen könnte, würden diese die militärische Lage kaum verändern. Der wahre Wert von Oreschnik ist Propaganda und Täuschung.
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