Drohnenkrieg: Wie die Ukraine Russlands Angriffe abwehrt
Interview
Militärexperte Hinz:Krieg der Drohnen: So wehrt sich die Ukraine
von Torben Heine
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Drohnen spielen eine immer größere Rolle im Ukraine-Krieg. Wie erfolgreich Kiew und Moskau mit neuen Angriffs- und Abwehrtaktiken experimentieren, erklärt Militärexperte Hinz.
Die Ukraine habe zwar ein massives Rekrutierungsproblem, doch beim Thema Drohnen sei der Innovationszyklus in der Ukraine sehr schnell, sagt Militärexperte Fabian Hinz. 02.01.2025 | 28:24 min
Zum wohl ersten Mal hat eine ukrainische Marinedrohne zwei russische Hubschrauber abgeschossen. Dieser Erfolg für die Ukraine unterstreicht: Drohnen sind ein wichtiger Faktor im Kriegsverlauf geworden. Luft-zu-Luft-, Boden-zu-Luft- und eben auch Seedrohnen - in allen Bereichen versuchen die Kriegsparteien, ihren Gegner zu überraschen.
Im Gespräch bei ZDFheute live erklärt Militärexperte Fabian Hinz neue Entwicklungen und warum Drohnen besonders für die Ukrainer im Abwehrkampf gegen Russland sehr wichtig sind.
Sehen Sie das gesamte Interview oben im Video oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagte Hinz über...
... die ukrainische Drohnenabwehr
Russland habe bei seinen Angriffen mit Shahed-Drohnen zwar viele Variationen ausprobiert, die Ukraine sei aber "relativ gut darin geworden, diese Systeme zu detektieren und abzuschießen", sagte Hinz. "Man geht da von Abschussquoten über 90 Prozent aus, das sind die offiziellen Zahlen. Mir wurde versichert, dass die größtenteils stimmen."
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Russland variiere bei seinen Angriffen jedoch die Flughöhen und -geschwindigkeiten der Shahed-Drohnen. Außerdem würden vermehrt sogenannte "Decoys" zum Einsatz kommen, also Drohnen, die "sehr, sehr wenig Sprengstoff tragen, die aber für viele der Detektionssysteme genauso aussehen wie eine Shahed".
Das hat dazu geführt, dass die Anzahl der Shaheds, die durch die ukrainische Luftverteidigung durchkommen, etwas gestiegen ist in den letzten Wochen.
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Fabian Hinz, Militärexperte
Bei der Abwehr anderer Drohnentypen schlagen sich die ukrainischen Kräfte Hinz zufolge gut. "Beispielsweise hat man spezielle Soldaten ausgebildet, die FPV-Drohnen mit Schrotflinten abschießen. Das klingt relativ primitiv, aber es funktioniert wohl tatsächlich relativ gut." Auch werde versucht, Drohnen mithilfe anderer Drohnen abzufangen, was jedoch besonders anspruchsvoll sei.
Die Abkürzung FPV steht für First Person View und bezeichnet eine Drohnenvariante, bei welcher der Flugkörper per Kameratechnik aus der Ich-Perspektive eines Piloten ferngesteuert werden kann.
Russland setzt verstärkt auf Kamikaze-Modelle mit verhältnismäßig günstiger Bauweise. Die iranischen Drohnen vom Typ Shahed 136 etwa, die Russland in der Ukraine einsetzt, durchkreuzen die Luft, bevor sie auf ihre Ziele hinabstürzen und explodieren. Mittlerweile baut Russland viele der Shahed-Komponenten selbst oder bezieht sie aus China. Quelle: dpa, AFP
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Entscheidend sei bei der Drohnenabwehr das Entdecken der angreifenden Drohnen. Weil es viel mehr Radarsysteme bräuchte, um eine flächendeckende Erkennung zu gewährleisten, sei die Ukraine auch hier erfinderisch geworden. "Die Ukrainer haben beispielsweise ein akustisches Detektionssystem entwickelt, bei dem man relativ günstige Mikrofone verwenden kann, um das klassische Moped-Geräusch des Verbrennermotors der Shahed zu detektieren und damit zu wissen, wo sich die Drohne ungefähr befindet." Mobile Teams könnten diese dann ausschalten.
Auch das Stören der Funkverbindungen feindlicher Drohnen gelinge den Ukrainern immer besser. Russland könne seine Funkverbindungen dann jedoch auch zügig wieder anpassen.
Es ist auch hier wieder ein Katz-und-Maus-Spiel der Innovation, aber die Ukraine hat gute Fortschritte gemacht. Mittlerweile ist die Mehrheit der verwendeten Systeme der elektronischen Kriegsführung aus ukrainischer Produktion.
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Fabian Hinz, Militärexperte
... technische Innovationen auf russischer Seite
Russland könne ebenfalls einige Innovationen vorweisen, etwa beim Drohnenkrieg direkt an der Frontlinie. "Bei den FPV-Drohnen sehen wir insbesondere auf russischer Seite jetzt den Einsatz von Glasfaserkabeln zur Steuerung", sagte Hinz. "Das heißt, die Drohne hat keine Funkverbindung mehr, sondern Glasfaserkabel, hat dadurch eine viel bessere Qualität in der Datenübertragung, kann mit passiven Systemen nicht geordnet werden und ist auch komplett störresistent."
Das ist momentan wohl ein aufkommendes Problem. Die Ukraine scheint da noch ein bisschen hinterher zu sein.
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Fabian Hinz, Militärexperte
Außerdem experimentiere Russland bei seinen Shahed-Drohnen unter anderem damit, diese mit Starlink-Antennen auszustatten. So gebe es viel Bandbreite, die etwa eine Steuerung per Videoübertragung möglich machen könnte. Eine Ausstattung der Drohnen mit SIM-Karten, eine weitere experimentelle Herangehensweise, könne die Nutzung des ukrainischen Mobilfunknetzes und dadurch ebenfalls eine flexiblere Steuerung ermöglichen.
All das sind Innovationen, die eingebracht werden. Es wird sich zeigen, welche davon überleben werden, welche davon nützlich sind.
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Fabian Hinz, Militärexperte
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... die große Bedeutung von Drohnen im Ukraine-Krieg
"Die Ukraine hat natürlich ein massives Rekrutierungsproblem", so der Experte. "Das ist wohl das größte militärische Problem, dem man sich aktuell gegenübersieht." Drohnen könnten bis zu einem gewissen Grad eine Lösung dafür sein. "Wenn sie Drohnen-Crews haben, die beispielsweise FPV-Drohnen bedienen, dann sind die in einem sichereren Abstand von der Frontlinie als der Soldat in vorderster Reihe im Schützengraben."
Das heißt, die Wahrscheinlichkeit, dass sie getötet werden, ist dann doch zumindest ein bisschen kleiner. Das hilft.
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Fabian Hinz, Militärexperte
Dennoch könne die Ukraine ihre zahlenmäßige Unterlegenheit auch trotz ihrer Innovationsstärke im Drohnenbereich nicht ausgleichen. "Man ist technisch noch nicht so weit, dass man beispielsweise einen Operator hat, der zehn Drohnen gleichzeitig bedient."
Das Interview führte ZDF-Moderatorin Jessica Zahedi.
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