Ukraine-Krieg: "Der Kreml spielt ein Verwirrspiel"

    Verändert Putin seine Position?:"Der Kreml spielt ein Verwirrspiel"

    von Christian Harz
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    Setzt sich Putin an den Verhandlungstisch? Einige Anzeichen deuten darauf hin. Eine bedeutende Rolle dürfte dann der russischen Region Kursk zukommen.

    ZDF-Korrespondent Armin Coerper live aus Moskau
    Russland sei bereit, Friedensverhandlungen auszuloten, so ZDF-Korrespondent Coerper. 12.09.2024 | 5:29 min
    Wie groß ist die Chance für Friedensgespräche im Ukraine-Krieg? Kanzler Olaf Scholz (SPD) sieht die Zeit für den Verhandlungstisch "jetzt gekommen". Das Problem: Bislang rückte Wladimir Putin nicht von seinen zwei zentralen Bedingungen ab, die er immer wieder bekräftigte:
    • Die Ukraine solle die von Russland völkerrechtswidrig annektierten Gebiete in ihrem eigenen Land räumen.
    • Die Ukraine müsse das Streben nach einer Nato-Mitgliedschaft aufgeben.
    Von Interesse sei nun, was Putin seit Anfang dieser Woche nicht mehr sagt, beobachtet ZDF-Korrespondent Armin Coerper. Wiederholte der Kremlchef bislang seine Maximalforderungen, sei nun "eher die Rede davon, dass die Ukraine erstmal die besetzten Gebiete in der Oblast Kursk zurückgeben müsse", so Coerper.
    Friedensforscherin Deitelhoff zu Friedenschance im Ukraine-Krieg
    Auch Friedensforscherin Deitelhoff sieht Bewegung auch auf russischer Seite.09.09.2024 | 13:11 min

    Wird Kursk zur Verhandlungsmasse?

    Der Kreml spiele mit der Bereitschaft zu Verhandlungen "ein Verwirrspiel", sagt Coerper. Das tue er bereits seit einigen Wochen. Coerper sieht nun das Signal, dass für Russland Gespräche und die Bereitschaft zu möglichen Friedensverhandlungen im Raum stünden.

    Wenn Kursk wieder komplett russisch wäre, dann [könnte es] eben auch eine Bereitschaft zu Gesprächen [geben].

    Armin Coerper, ZDF-Korrespondent

    Die Abmachung könnte sein: Ziehen sich die ukrainischen Soldaten aus der Oblast in West-Russland zurück, erklärt sich der Kreml zu Verhandlungen bereit.
    German Bishops' Conference in Berlin
    Im ZDF-Sommerinterview hat Bundeskanzler Olaf Scholz mögliche Verhandlungen über Frieden in der Ukraine in Aussicht gestellt.10.09.2024 | 3:03 min

    Russische Gegenoffensive "wenig überraschend"

    "Die Erfolge der Ukraine sind da, die kann der Ukraine auch keiner mehr wegnehmen", gibt Militärexperte Nico Lange bei ZDF heute live zu verstehen. So hätten die ukrainischen Streitkräfte in der Region um Kursk gezeigt, dass sie die "russischen Truppen nicht nur überraschen, sondern auch schlagen" können, sagt Lange.
    Dass Russland nun die Gegenoffensive in Kursk startet, wie Präsident Wolodymyr Selenskyj und russische Vertreter am Donnerstag bestätigten, komme "wenig überraschend". Auch nicht für die ukrainischen Streitkräfte, so der Militärexperte. Viel mehr noch hätten diese möglicherweise taktisch vorausgeplant, wie von Selenskyj angedeutet. Der Militärexperte deutet an:

    Möglicherweise läuft Russland da gerade in eine Falle.

    Nico Lange, Militärexperte

    Militaerexperte Nico Lange
    Das ganze Gespräch mit Militärexperte Nico Lange im Video.12.09.2024 | 18:48 min

    Lange: Ukraine geht disruptiver vor

    Wie geht es in der Region nun weiter? Lange rechnet damit, dass die Ukraine nun an anderen Stellen angreifen könnte. Viel mehr noch, deute die ganze Kursk-Operation darauf hin, "dass die Ukraine sich jetzt auf ein disruptives Vorgehen verlegt" und "auf ganz andere Dinge" ziele, "mit denen Russland nicht rechnet".

    Und meine Vermutung ist, dass auch jetzt bei diesen russischen Gegenangriffen die Ukraine Dinge tun wird, die möglicherweise uns - und vor allen Dingen die Russen - auch überraschen.

    Nico Lange, Militärexperte

    Dabei könnten auch westliche Waffen eine Rolle spielen: "Wenn Russland jetzt Truppen in das Gebiet Kursk verlegt und die gehen dort in Bereitstellungsräume, dann ist es doch sinnvoll, die dort schon zu bekämpfen mit diesen Präzisionswaffen und nicht zu warten, bis die dann an der Front da sind und dann erst anzugreifen."

    Nico Lange
    Quelle: Tobias Koch

    ... arbeitet für die Zeitenwende-Initiative bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Von 2004 bis 2006 forschte und lehrte er in St. Petersburg. Später leitete er die Auslandsbüros der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in der Ukraine und in den USA. Von 2019 bis 2022 war er Leiter des Leitungsstabes im Bundesministerium der Verteidigung.

    Die Ukraine drängt unterdessen ihre Verbündeten dazu, die Beschränkungen für die vom Westen gelieferten Waffen aufzuheben, um damit auch Ziele in Russland angreifen zu können. Die USA lehnen dies aus Angst vor einer Eskalation bislang ab. Ob sie ihre Haltung dazu ändert, dürfte auch am Freitag Thema beim Treffen zwischen Keir Starmer und Joe Biden sein.
    Aktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog:

    Russland greift die Ukraine an
    :Aktuelles zum Krieg in der Ukraine

    Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.
    Auf dem Bild sieht man ukrainische Soldaten von hinten.
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