Der prokurdische Oppositionspolitiker und ehemalige Präsidentschaftskandidat Selahattin Demirtaş ist zu einer langen Haftstrafe verurteilt worden.
Quelle: Reuters
Ein türkisches Gericht hat den einflussreichen kurdischen Politiker Selahattin Demirtaş zu insgesamt 42 Jahren Haft verurteilt.
Das Urteil gegen den ehemaligen Vorsitzenden der kurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP) wurde mit der Anstiftung zu Protesten im Jahr 2014 begründet. Die Anwälte des Politikers kündigten Berufung an.
In der Türkei stand Demirtaş bereits 2017 vor Gericht.07.12.2017 | 0:26 min
Insgesamt 108 Personen vor Gericht
Der 51-jährige Demirtaş war in 47 Punkten angeklagt, darunter Verletzung der Einheit des Staates und der territorialen Integrität sowie Anstiftung zu einem Verbrechen. Der Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hatte das Verfahren in der Vergangenheit kritisiert und die Freilassung Demirtaş' verlangt.
Die ehemalige Co-Vorsitzende der Partei, Figen Yüksekdag, erhielt eine Strafe von mehr als 30 Jahren. Beide teilten sich damals den Vorsitz der prokurdischen Partei HDP, die nun DEM heißt. Demirtaş befindet sich bereits seit November 2016 wegen Terrorismusvorwürfen in Haft. Demirtaş kandidierte 2018 aus der Untersuchungshaft heraus gegen den türkischen Präsidenten
Recep Tayyip Erdogan und übte weiter großen Einfluss auf seine Partei und Anhänger aus. Im Zusammenhang mit den Protesten standen insgesamt 108 Personen vor Gericht. Einige wurden freigesprochen.
In der Türkei wurden 2016 zahlreiche Politiker der pro-kurdischen Partei HDP festgenommen. Darunter waren auch Demirtaş und Yüksekdag. 04.11.2016 | 0:23 min
HDP-Verbot möglich
Bei den Protesten 2014 waren 37 Menschen ums Leben gekommen. Sie entzündeten sich an Vorwürfen, die türkische Armee habe tatenlos der Belagerung der syrisch-kurdischen Grenzstadt Kobani durch die Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) zugeschaut. Die Staatsanwaltschaft forderte in 38 Fällen lebenslange Haft.
Das Verfahren begann im April 2021, die Verteidigung hat den Prozess als politisch motiviert bezeichnet. Gegen die HDP läuft ein separates Verfahren, das zu einem Verbot führen könnte. Im Parlament formierte sie sich als DEM neu und ist die drittgrößte Partei dort.
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Erdogans AKP-Partei musste am 31. März bei Kommunalwahlen die
schwerste Niederlage seit mehr als 20 Jahren einstecken. Experten zufolge erschwert dies seine Pläne für ein Referendum über eine Verfassungsänderung. Diese könnte dem 70-Jährigen die Möglichkeit geben, auch nach dem Ablauf seiner gegenwärtigen Amtszeit 2028 an der Macht zu bleiben.
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Quelle: Reuters, AP, dpa