mit Video
Trump, Putin und die Arktis:Kampf um Bodenschätze im Eis
|
In der Arktis treffen geopolitische und wirtschaftliche Interessen der Großmächte aufeinander. Russland und die USA könnten sich hier annähern. Oder droht das Gegenteil?
Mit gut 300.000 Einwohnern ist Murmansk die größte Stadt nördlich des Polarkreises, und sie ist für Russland das Tor zum Norden. Hier liegt seit jeher die Nordflotte, von hier brechen die Eisbrecher auf, um Transportwege durch das Eis freizulegen. Es ist das Eis, das jetzt zu schmelzen droht, weil die Erde immer heißer wird. Und das könnte Rohstoffe zutage fördern, nach denen ein weltweiter Wettlauf längst begonnen hat. Seltene Erden zum Beispiel. Das weckt Begehrlichkeiten und ruft die Mächtigen der Welt auf den Plan.
USA melden Ansprüche auf Grönland an
Auf das benachbarte Grönland haben die USA Ansprüche angemeldet. In der vergangenen Woche schickte US-Präsident Donald Trump seinen Vize J.D. Vance als ungebetenen Gast. Grönland gehört zu Dänemark. Die Dänen beäugen kritisch, wie die USA sich breitzumachen droht. Und wie der neue US-Präsident ausdrücklich die Mittel offenlässt, wie er sich Grönland einverleiben will. Vance besuchte zwar nur US-Militärbasen, doch die Botschaft war unübersehbar.
Interesse an Rohstoffen in der Arktis
Bereits einen Tag zuvor reiste der russische Präsident Wladimir Putin nach Murmansk. Er kam zum internationalen Arktisforum, bei dem es vor allem um Transportwege geht, um Rohstoffe aus der Arktis zu holen. Weil das Eis schmilzt, wird die Nordroute passierbarer. Sie führt direkt in den fernen Osten Russlands, von dort ist es ein Katzensprung nach China. Auch Peking schaut gespannt auf das Eis - das vielleicht nicht mehr ewig ist - und auf die Rohstoffe darunter. Präsident Putin warnte den Westen, auch in der Arktis Abstand zu halten.
Leider herrscht in der Arktis eine geopolitische Konkurrenz. Und so befürchten wir, dass die Nato-Staaten den fernen Norden als Schauplatz möglicher Konflikte ansehen.
Wladimir Putin, Präsident Russlands
Die USA erwähnte er kaum. Weil er ahnt, dass er sie vielleicht noch brauchen kann. Weil er strategisch nicht zu sehr von China abhängig sein will. Weil er weiß, dass er für das Bergen von Seltenen Erden zum Beispiel Partner braucht.
Lange Geschichte der russischen Eisbrecher
Russland und die USA verbindet eine Geschichte, die sie gleichsam voneinander trennt. Auch was das Eis angeht. Im Hafen von Murmansk liegt die Lenin. Sie war 1959 der erste nukleargetriebene Eisbrecher, der Stolz der Sowjetunion.
Wjatscheslaw Pajkatschjew ist als junger Mann von Murmansk aus zur See gefahren. Heute kommt er zwar mit Gehstöcken in den Hafen, um auf dem Eis nicht auszurutschen, aber die Lenin berührt ihn noch immer. "Als die Amerikaner das erste Atom-U-Boot bauten, haben wir den ersten Eisbrecher gebaut. Wir strebten nach Frieden, nutzten die Technik für die zivile Nutzung", erzählt Pajkatschjew.
Die Amerikaner bauten zur gleichen Zeit ein Atom-U-Boot, sie eröffneten also das Wettrüsten unter Wasser.
Wjatscheslaw Pajkatschjew, Rentner
Trump sucht Nähe zu Putin
Heute sucht der neue US-Präsident Trump den Schulterschluss mit Putin. Er will den Russen dazu bringen, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Egal wie und zu wessen Kosten. Weil er mit Russland Deals machen will, weil er ein Geschäftsmann ist. Ideologien und Menschenbilder interessieren ihn nicht, die Geschichte vermutlich auch nicht.
Hoffen auf Wohlstand in Murmansk
In Murmansk hoffen derweil viele, vom Wettlauf um die Arktis ihr Stück abzubekommen. Denn wenn mehr Rohstoffe gefördert werden, profitiert davon ihr Hafen und damit ihre Stadt. Auf dem Marktplatz haben sie eine künstliche Eisbar aufgebaut, um Besuchern ihre Stadt schmackhaft zu machen. Olga ist mit ihrem Kind gekommen und schaut sich das Treiben an. "Heute ist die Welt so, dass wir Russen nicht mehr überall willkommen sind", sagt sie. "Da ist es wichtig, für uns auch mal zu sehen, dass es Menschen gibt, die mit uns zusammenarbeiten wollen."
Gerade die junge Generation hofft auf den Wind des Wandels, von dem der US-Präsident behauptet, dass der ihn umgibt. Die Alten glauben eher, dass das Schmelzen des Eises in der Arktis kein Ende der Eiszeit mit den USA und dem Westen mit sich bringt. Sie fürchten die wirtschaftlichen Interessen der Großmächte - und, dass sie sich hier entladen. Im eigentlich Ewigen Eis, das wahrscheinlich nicht mehr ewig ist.
Armin Coerper leitet das ZDF-Studio Moskau.
Quelle: dpa
Sie wollen auf dem Laufenden bleiben? Dann sind Sie beim ZDFheute-WhatsApp-Channel richtig. Hier erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten auf Ihr Smartphone. Nehmen Sie teil an Umfragen oder lassen Sie sich durch unseren Podcast "Kurze Auszeit" inspirieren. Zur Anmeldung: ZDFheute-WhatsApp-Channel.
Mehr zum Thema Rohstoffe
Interview
Rohstoffabkommen mit Ukraine:"USA gebärden sich wie ein Kolonialherr"
mit Video
Grönlands neuer Premier:Nielsen: "Die USA bekommen Grönland nicht"
Angst vor Russland:Nachbar Finnland erhöht Verteidigungsausgaben
von Winnie Heescher