Trumps Amtsantritt: Wie sich die USA verändern werden

    Experte zu ersten Entscheidungen:Fünf Lehren aus Trumps Start im Amt

    Anna-Kleiser vor dem US-Kapitol
    von Anna Kleiser, Washington D.C.
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    Donald Trump will und wird die USA in seiner Amtszeit massiv verändern. Worauf die ersten Taten und Dekrete schließen lassen, haben wir einen Experten gefragt.

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    "Können Sie sich vorstellen, dass Biden so etwas macht? Ich glaube nicht", sagt Donald Trump, als er in der Sportarena vor 20.000 Anhängern auf der Bühne sitzt und kurz nach seinem Amtsantritt als US-Präsident Dekrete unterscheibt.
    Seine Reden und Auftritte, die Welle an Dekreten - vieles von dem, was Trump am ersten Tag tut, ist beispiellos und wäre unter seinem Vorgänger Joe Biden und vielen Präsidenten vor ihm undenkbar gewesen. Welche Beobachtungen allein der erste Tag zulässt, erklärt der Politikwissenschaftler Jack Goldstone von der George-Mason-University im US-Bundesstaat Virginia.

    1. Trumps USA richte sich außenpolitisch komplett neu aus

    Zum ersten Mal seit dem 19. Jahrhundert müsse die Welt mit Vereinigten Staaten umgehen, so Goldstone, "die aggressiv und imperialistisch sein, Verbündete und Allianzen verachten" werden.
    Während China und Russland eher ignoriert würden, konzentriere sich Trump auf Mexiko und den Panamakanal. Der Wissenschaftler erinnert auch an die Drohungen des US-Präsidenten mit Zöllen:

    Trump erklärte, er liebe Zölle und werde sie willkürlich einsetzen, um andere Länder, darunter Kanada und die EU, unter Druck zu setzen, damit sie seinem Willen folgen.

    Jack Goldstone, Politikwissenschaftler

    2. Trumps USA werde innenpolitisch autoritärer

    Innenpolitisch habe Trump den Grundstein für ein völlig autoritäres Regime gelegt, analysiert Goldstone. Er wolle Dutzende Beamten entlassen und durch loyalere Funktionäre ersetzen.

    Damit wird die Bundesregierung im Wesentlichen zu Trumps Organisation, die dem Ziel seiner oligarchischen Tech-Bros folgt, die Regierung wie ein Start-up zu führen.

    Prof. Jack Goldstone, Politikwissenschaftler

    Fast untergegangen sei in der Flut von Unterschriften ein Dekret, das von der US-Regierung fordere, Bemühungen zur Bekämpfung von Falschinformationen als verbotene Zensur zu behandeln. "Damit ist der Weg frei, um die Wahrheit durch eine Flut von Fehlinformationen zu überschwemmen, sprich: zu begraben", so Goldstone.
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    3. Trumps USA entwickele sich zur Oligarchie

    Ebenfalls zu sehr unter dem Radar der Öffentlichkeit sei, dass Trump mit seiner Kryptowährung $TRUMP ausländische Zuwendungen annehmen kann, ohne Gesetze zu brechen, so Goldstone. Die US-Verfassung verbietet es Präsidenten, ausländische Geschenke oder andere Wertgegenstände anzunehmen. Die Währung biete eine Option, das zu umgehen.
    In der Vergangenheit hätten US-Präsidenten ihr gesamtes Vermögen in einen Treuhandfonds (Blind Trust) eingebracht, damit sie keine Politik machen können, die ihrem Privatvermögen nutze, erklärt Goldstone. Trump habe eine Präsidentschaft geschaffen, in der "alles, was er tut, ausdrücklich zur Vermehrung seines Reichtums genutzt werden kann".

    Die USA entwickeln sich auf diese Weise rapide zu einer Oligarchie, die von privater Bereicherung geleitet wird.

    Jack Goldstone, Politikwissenschaftler

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    4. Trump stelle Verfassung infrage

    Mindestens eins der Dekrete, die Trump erlassen hat, stelle "die US-Verfassung und ihre langjährige Auslegung" infrage, so Goldstone. Gemeint ist die Staatsangehörigkeit durch Geburt, die Trump abschaffen will.
    Trump wolle Einschränkungen, die bisher nur für die Kinder von Diplomaten galten, "in beispielloser Weise auf alle Kinder von Einwanderern ohne Papiere ausdehnen, von denen mehr als 10 Millionen in den Vereinigten Staaten leben", erklärt Goldstone.

    5. Trump glaube, nichts könne ihn aufhalten

    All das zeige, Trump sei bereit, die Verfassung außer Kraft zu setzen, Verbündete anzugreifen, den Welthandel zu stören und die Kontrolle über die US-Regierung und die Informationswelt zu übernehmen.

    Wenn Trump sagt, dass er etwas tun wird, hat er die Absicht, es zu tun. Und er glaubt (bisher zu Recht), dass ihn niemand aufhalten wird.

    Jack Goldstone, Politikwissenschaftler

    Er und seine Anhänger seien der Überzeugung, dass es notwendig sei, so zu regieren und das System aufzumischen. Vielleicht, so Goldstone, hätten sie nach dem 11. September, den Irak- und den Afghanistankriegen, der Finanzkrise, der Pandemie und der Wohnungskrise einen Punkt.

    Was nach Trump kommt, hänge von seinen Erfolgen ab

    Falls er mit seinen Ansätzen und Methoden Recht behalte, werden die Amerikaner applaudieren, so Goldstone. Falls nicht, drohten wirtschaftlicher Abschwung und schwächere Bündnisse. Dann müsse sich der Kurs wieder ändern: "Wer dann die Führung übernehmen wird, ist noch nicht bekannt."
    Anna Kleiser ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington.