Experte zu ersten Entscheidungen:Fünf Lehren aus Trumps Start im Amt
von Anna Kleiser, Washington D.C.
|
Donald Trump will und wird die USA in seiner Amtszeit massiv verändern. Worauf die ersten Taten und Dekrete schließen lassen, haben wir einen Experten gefragt.
Trump unterschrieb an seinem ersten Tag zahlreiche Dekrete. Unter anderem rief er den Notstand an der Grenze zu Mexiko aus und begnadigte Verurteilte der Kapitol-Erstürmung.21.01.2025 | 2:34 min
"Können Sie sich vorstellen, dass Biden so etwas macht? Ich glaube nicht", sagt Donald Trump, als er in der Sportarena vor 20.000 Anhängern auf der Bühne sitzt und kurz nach seinem Amtsantritt als US-Präsident Dekrete unterscheibt.
Seine Reden und Auftritte, die Welle an Dekreten - vieles von dem, was Trump am ersten Tag tut, ist beispiellos und wäre unter seinem Vorgänger Joe Biden und vielen Präsidenten vor ihm undenkbar gewesen. Welche Beobachtungen allein der erste Tag zulässt, erklärt der Politikwissenschaftler Jack Goldstone von der George-Mason-University im US-Bundesstaat Virginia.
1. Trumps USA richte sich außenpolitisch komplett neu aus
Zum ersten Mal seit dem 19. Jahrhundert müsse die Welt mit Vereinigten Staaten umgehen, so Goldstone, "die aggressiv und imperialistisch sein, Verbündete und Allianzen verachten" werden.
Während China und Russland eher ignoriert würden, konzentriere sich Trump auf Mexiko und den Panamakanal. Der Wissenschaftler erinnert auch an die Drohungen des US-Präsidenten mit Zöllen:
2. Trumps USA werde innenpolitisch autoritärer
Innenpolitisch habe Trump den Grundstein für ein völlig autoritäres Regime gelegt, analysiert Goldstone. Er wolle Dutzende Beamten entlassen und durch loyalere Funktionäre ersetzen.
Fast untergegangen sei in der Flut von Unterschriften ein Dekret, das von der US-Regierung fordere, Bemühungen zur Bekämpfung von Falschinformationen als verbotene Zensur zu behandeln. "Damit ist der Weg frei, um die Wahrheit durch eine Flut von Fehlinformationen zu überschwemmen, sprich: zu begraben", so Goldstone.
Wie gefährlich sind Donald Trumps Pläne für eine mögliche zweite Amtszeit? Und welche Organisation steckt hinter "Project 2025"? Ein ZDFheute-Backgroundcheck.09.09.2024 | 15:46 min
3. Trumps USA entwickele sich zur Oligarchie
Ebenfalls zu sehr unter dem Radar der Öffentlichkeit sei, dass Trump mit seiner Kryptowährung $TRUMP ausländische Zuwendungen annehmen kann, ohne Gesetze zu brechen, so Goldstone. Die US-Verfassung verbietet es Präsidenten, ausländische Geschenke oder andere Wertgegenstände anzunehmen. Die Währung biete eine Option, das zu umgehen.
In der Vergangenheit hätten US-Präsidenten ihr gesamtes Vermögen in einen Treuhandfonds (Blind Trust) eingebracht, damit sie keine Politik machen können, die ihrem Privatvermögen nutze, erklärt Goldstone. Trump habe eine Präsidentschaft geschaffen, in der "alles, was er tut, ausdrücklich zur Vermehrung seines Reichtums genutzt werden kann".
In seiner Abschiedsrede wendet sich der scheidende US-Präsident ein letztes Mal an die Nation. Er zieht Bilanz und spricht eine Warnung aus.16.01.2025 | 2:14 min
4. Trump stelle Verfassung infrage
Mindestens eins der Dekrete, die Trump erlassen hat, stelle "die US-Verfassung und ihre langjährige Auslegung" infrage, so Goldstone. Gemeint ist die Staatsangehörigkeit durch Geburt, die Trump abschaffen will.
Trump wolle Einschränkungen, die bisher nur für die Kinder von Diplomaten galten, "in beispielloser Weise auf alle Kinder von Einwanderern ohne Papiere ausdehnen, von denen mehr als 10 Millionen in den Vereinigten Staaten leben", erklärt Goldstone.
5. Trump glaube, nichts könne ihn aufhalten
All das zeige, Trump sei bereit, die Verfassung außer Kraft zu setzen, Verbündete anzugreifen, den Welthandel zu stören und die Kontrolle über die US-Regierung und die Informationswelt zu übernehmen.
Er und seine Anhänger seien der Überzeugung, dass es notwendig sei, so zu regieren und das System aufzumischen. Vielleicht, so Goldstone, hätten sie nach dem 11. September, den Irak- und den Afghanistankriegen, der Finanzkrise, der Pandemie und der Wohnungskrise einen Punkt.
Was nach Trump kommt, hänge von seinen Erfolgen ab
Falls er mit seinen Ansätzen und Methoden Recht behalte, werden die Amerikaner applaudieren, so Goldstone. Falls nicht, drohten wirtschaftlicher Abschwung und schwächere Bündnisse. Dann müsse sich der Kurs wieder ändern: "Wer dann die Führung übernehmen wird, ist noch nicht bekannt."
Anna Kleiser ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington.