Trump: Ein Strafangeklagter als Präsidentschaftskandidat?
Donald Trump vor Gericht:Ein Angeklagter als Präsidentschaftskandidat?
von Susanne Lingemann, New York
|
Trump drohen mehrere Verfahren, die er mitunter als Werbung für seinen Wahlkampf nutzt. Beim nächsten Prozesstermin will er allerdings doch nicht persönlich aussagen.
Der ehemalige Präsident Donald Trump nutzt seine Prozesse nach Einschätzung vieler Beobachter auch als Wahlwerbung.
Quelle: epa
Am Montag sollte Donald Trump eigentlich als letzter Zeuge der Verteidigung in dem Zivilprozess wegen Finanzbetrugs der Trump Organization aussagen. Nun will er doch nicht persönlich aussagen, teilte er auf der von ihm mitgegründeten Online-Plattoform "Truth Social" mit. Demnach habe er "sehr erfolgreich und überzeugend" ausgesagt.
Schon vor Prozessbeginn hatte Richter Arthur Engoron nach Aktenlage im Hauptanklagegrund entschieden, dass die Familienholding sich des Finanzbetrugs schuldig gemacht habe. In dem Verfahren geht es jetzt hauptsächlich um das Strafmaß. Die Trump Organization droht für fünf Jahre die Geschäftslizenz in New York zu verlieren, die Staatsanwaltschaft fordert 250-Millionen Dollar Strafe.
Trump hatte trotz eines richterlichen 'Maulkorbs' mehrfach auf Social Media eine Mitarbeiterin des Gerichts als "politisch voreingenommene und außer Kontrolle geratene Trump hassende Referendarin" bezeichnet. Sie musste wegen glaubhafter Morddrohungen unter Polizeischutz gestellt werden. Gegenüber dem ZDF erklärte David Cay Johnson, Professor an der Syracuse Law University und Trump Finanzexperte:
Die wichtigsten Strafverfahren gegen Trump
Das Justizministerium hat zwei Klagen eingereicht: Trumps Rolle bei der Kapitolerstürmung vom 6. Januar 2021 wegen Anstiftung oder Beihilfe zu einem Aufstand. Es geht darum, ob der damalige Präsident strafrechtliche Verantwortung für den blutigen Angriff auf das Kapitol trägt und er seine Anhänger dazu aufgerufen hat, zum Kapitol zu stürmen und "auf Teufel komm raus" zu kämpfen.
Die Fragebögen an einen Geschworenen-Pool sind bereits gedruckt. Der Prozess sollte Anfang März beginnen, doch ein Antrag der Trump-Verteidigung an den Supreme Court könnte den Prozess um Wochen vertagen.
Mar-a-Lago - US-Geheimdokumente
Der Sonderermittler des Justizministeriums erhob auch Anklage in 32 Punkten wegen vorsätzlicher Aufbewahrung von Geheimnissen der Nationalen Verteidigung im Verstoß gegen ein Anti-Spionage-Gesetz, Falschaussagen und Verschwörung zur Behinderung der Justiz.
"Es ist die überzeugendste aller Klagen", meint Johnson.
"Trump hat Tausende Seiten mitgenommen." Allerdings: Die Richterin wurde von Trump ernannt und verzögert das Verfahren. Es wird nicht vor den Wahlen verhandelt. Als gewählter Präsident könnte Trump die beiden Verfahren stoppen und sich theoretisch selbst begnadigen. Eine Handlung, die der Oberste Gerichtshof - mit drei von Trump ernannten Richtern - entscheiden würde.
Stormy Daniels - Schweigegeld in New York
Vierunddreißig Anklagen wegen Verstoßes gegen ein New Yorker Gesetz über die Führung von Unternehmensunterlagen im Zusammenhang mit der Schweigegeldaffäre um die Pornodarstellerin Stormy Daniels.
Trumps Anwälte haben Anträge gestellt, den Fall an ein Bundesgericht zu verlegen. Eine Verhandlung ist für 2024 angesetzt, doch wird wegen der Klage in Washington verschoben werden müssen. Eine Haftstrafe bei Verurteilung ist unwahrscheinlich.
Versuchte Wahlmanipulation in Georgia
Im Bundesstaat Georgia sind Trump und achtzehn seiner Verbündeten wegen verbreiteter Lügen über Wahlbetrug angeklagt sowie des Versuches der Wahlmanipulation. Sie drängten Beamte und Gesetzgeber, Bidens Sieg rückgängig zu machen, und planten, gefälschte Wahlmänner nach Washington zu schicken. Am 2. Januar 2021 rief Trump den Staatssekretär von Georgia, Brad Raffensperger, an und forderte ihn auf, 11.780 Stimmen zu "finden" - die Zahl, die nötig war, um Bidens Sieg zu verhindern.
Die Bezirksstaatsanwältin von Fulton County, Fani Willis, hat Trump in dreizehn Punkten angeklagt und behauptet, es handele sich um ein weitreichendes kriminelles Unternehmen. Schlecht für Trump: Mindestens acht Angeklagte haben Immunität für Aussagen im Prozess angenommen.
Die Verhandlung soll beginnen, sobald der Strafprozess in Washington verhandelt ist. Bei einer Verurteilung müsste Trump - auch als gewählter Präsident - eine mögliche Gefängnisstrafe absitzen. In der heißen Wahlkampfphase wäre Kandidat Trump gezwungen, seine Tage im Gericht zu verbringen. Denn anders als in Zivilprozessen ist bei Strafverfahren Anwesenheit des Angeklagten zwingend.
Wahlkampfbühne Gerichtssaal
Trump sieht all diese Verfahren als 'Witch Hunt' (Hexenjagd), um seine Wahl zu verhindern. Vor dem New Yorker Gerichtssaal brüstet sich Trump, dass das Verfahren seiner Wahl sogar helfe. Sieben Millionen Dollar, hauptsächlich Kleinspenden, flossen im April nach seiner New Yorker Anklageerhebung an ihn.
Die Gerichtsverfahren"treiben meine Umfragewerte in die Höhe, weil die Menschen in unserem Land verstehen, worum es geht",meint er.
Wahlkampf oder gar Regieren aus dem Gefängnis - geht das überhaupt? Sollte Donald Trump zu einer Haftstrafe verurteilt werden, wäre er nicht der erste Präsidentschaftskandidat.