Nach Attacke auf Trump: Amerika stehen düstere Zeiten bevor
Analyse
Nach Attacke auf Trump:Amerika stehen düstere Zeiten bevor
von Elmar Theveßen, Washington D.C.
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Das versuchte Attentat auf Donald Trump befeuert mit Sicherheit die Verschwörungserzählungen in den Sozialen Netzwerken. Das Ganze könnte dramatische Auswirkungen haben.
Der 20-jährige Täter sei ein "registrierter Republikaner", so USA-Korrespondent Theveßen. Die Emotionen seien "hochgepeitscht", in den nächsten Wochen könne es zu Gewalt kommen.14.07.2024 | 1:21 min
Ein Schütze hat Ex-Präsident Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat Pennsylvania angeschossen. Der 78-Jährige wurde bei dem Vorfall am Samstag (Ortszeit) am Ohr verletzt.
Das FBI stufte den Vorfall als "Attentatsversuch" ein.
Ermittlern zufolge handelt es sich sich bei dem mutmaßliche Schützen um den 20-jährigen Thomas Matthew Crooks aus Bethel Park, Pennsylvania.
Der mutmaßliche Täter sowie ein Zuschauer wurden getötet, zwei Menschen wurden schwer verletzt.
Der mutmaßliche Trump-Attentäter handelte laut FBI allein, bisher sei kein Tatmotiv erkennbar.
US-Präsident Joe Biden hat in einer Rede zur Lage der Nation vor politisch motivierter Gewalt gewarnt.
Trump reiste einen Tag nach dem Anschlag nach Milwaukee, um am Parteitag der Republikaner im Bundesstaat Wisconsin teilzunehmen.
Als wären die Schüsse, die Verletzung von Donald Trump, und der Tod eines Teilnehmers der Kundgebung nicht schon schlimm genug. Da beschreibt ein Anhänger des ehemaligen US-Präsidenten in einem BBC-Interview, was er und seine Freunde erlebt hatten, als sie außerhalb des Veranstaltungsgeländes der Rede zuhörten. Demnach robbte sich ein Mann auf dem leicht schrägen Dach eines benachbarten Hauses bis zur Firstkante, er hatte ein Gewehr.
Schüsse bei einer Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump: Videoaufnahmen zeigen, wie der Ex-US-Präsident in Sicherheit gebracht wird. Biden verurteilte den Vorfall scharf.14.07.2024 | 1:17 min
Die Passanten machten die Polizei auf ihn aufmerksam. Aber die Sicherheitskräfte, so der Augenzeuge, konnten den Schützen offenbar nicht sehen, da er unterhalb der Kante lag, bis er das Feuer eröffnete. Sekunden nach seinen Schüssen wurde er vom Secret Service getötet.
Nach dem Attentat auf Ex-Präsident Donald Trump treffen sich Republikaner in Milwaukee zu ihrem Parteitag. Alle aktuellen News hier im Liveblog.
Liveblog
US-Wahlkampf: Anschlagsversuch könnte dramatische Auswirkungen haben
Was nach Schlamperei bei den Sicherheitsmaßnahmen und Achtlosigkeit der Polizei aussieht, befeuert sicher die Verschwörungserzählungen in den Sozialen Netzwerken. Das ist brandgefährlich. Der Anschlagsversuch auf Trump könnte dramatische Auswirkungen auf den Wahlkampf haben.
Der Vorfall hatte sich ereignet, als Trump auf der Bühne gerade mit seiner Rede begonnen hatte.
Quelle: AP
Seit Monaten stellt sich der Präsidentschaftskandidat als Opfer politischer Verfolgung da. Viele seiner Anhänger sind davon überzeugt, dass das stimmt. Jetzt könnten sie Trumps politischen Gegnern die Schuld geben, und einige von ihnen wären sicher bereit, auch selbst zur Gewalt zu greifen.
Nach mehreren Versprechern wird weiter über die Kandidatur von US-Präsident Biden debattiert. Bei einem Wahlkampfauftritt machte er klar, dass er Trump erneut schlagen wolle.13.07.2024 | 1:46 min
Biden: Kein Platz in Amerika für diese Art von Gewalt
Der Secret Service und die Bundespolizei FBI stehen unter massivem Druck, die Abläufe und Hintergründe dieses Anschlagsversuchs möglichst schnell, gründlich und transparent aufzuklären. Und es kommt entscheidend darauf an, wie Donald Trump und Joe Biden reagieren, ob sie alles tun, um die Gemüter zu beruhigen.
Bei seinem ersten Statement traf der Präsident den richtigen Ton: "Es gibt keinen Platz in Amerika für diese Art von Gewalt. Das ist krank. Wir müssen dieses Land einen. Wir dürfen so etwas nicht zulassen. Wir dürfen so nicht sein." Und dann fügte Biden noch hinzu: "Jeder, jeder muss das verurteilen, jeder."
X-Post von Joe Biden
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Anschlag dient dazu, Stimmen im Wahlkampf weiter anzuheizen
Die Emotionalität von Trumps erster Erklärung – verbreitet über Social Media – ist nachvollziehbar: "Es ist unglaublich, dass so eine Tat in unserem Land geschehen kann." Aber dann verbreitet sein Sohn Donald Trump Jr. fast zeitgleich, sein Vater werde niemals den Kampf aufgeben, um Amerika zu retten, "egal was die radikale Linke ihm entgegenschleudert".
Das Urteil ist gefällt, der Anschlag dient dazu, die Stimmen im Wahlkampf weiter anzuheizen. Trumps blutüberströmtes Ohr, seine hochgereckte Faust, als seine Personenschützer ihn von der Bühne begleiten, könnten im kollektiven Bewusstsein Amerikas eingehen als Auftaktsignal für weitere Gewalt. Den Vereinigten Staaten stehen düstere Zeiten bevor.
Ex-Präsident Trump ist bei einem Auftritt in Pennsylvania angeschossen worden. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber wurde am Ohr verletzt, der mutmaßliche Schütze getötet.14.07.2024 | 1:48 min
Acht Prozent halten Gewalt für gerechtfertigt bei politischer Auseinandersetzung
All das hat sich lange angekündigt. In qualitativen Studien ist belegt, dass etwa acht Prozent der Amerikaner Gewalt als Mittel in der politischen Auseinandersetzung für gerechtfertigt halten, das sind etwa 22 Millionen Menschen, unter ihnen nicht nur Rechtsextremisten und Regierungsfeinde, sondern auch gewaltbereite Aktivisten aus dem linken Spektrum.
2017 eröffnete ein Linksextremist bei einem Baseballspiel von Kongressabgeordneten das Feuer, verletzte sechs Menschen, darunter einen führenden republikanischen Politiker.
Der Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 forderte mehrere Todesopfer, hunderte Menschen wurden verletzt. Donald Trump hatte seine Anhänger vorher aufgestachelt: "Ihr müsst kämpfen."
Anhänger Donald Trump hatten am 6. Januar 2021 gewaltsam den Parlamentssitz in Washington gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl von 2020 formal zu bestätigen.
Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede durch Behauptungen aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg durch massiven Betrug gestohlen worden sei. Infolge der Krawalle kamen damals fünf Menschen ums Leben. Trump muss sich wegen seiner Handlungen rund um die Abstimmung wegen versuchten Wahlbetrugs vor Gericht verantworten.
Quelle: dpa
2022 griff ein rechter Verschwörungsanhänger den Ehemann der damaligen Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi mit einem Hammer an und verletzte ihn schwer.
Bürgermiliz fordert Todesstrafe für abtrünnige Republikaner
Im Herbst 2022 waren wir zu Dreharbeiten bei einem Workshop der Oath Keepers, einer schwerbewaffneten Bürgermiliz, in Arizona. Dabei bekamen Bürger – fast ausnahmslos Trump-Anhänger – Ratschläge und Praxistipps zum Verhalten bei Naturkatastrophen und im Bürgerkrieg.
In einer Zeitung, die bei der Veranstaltung verteilt wurde, forderte die Chefredakteurin Leesa Bolden, Schnellverfahren und die Todesstrafe für abtrünnige Republikaner, die sich gegen Trump stellen.
Als ich sie fragte, ob sie das ernst meine, sagte Bolden: "Bis vor drei Jahren hätte ich noch nein gesagt, weil Töten nicht okay ist. Aber jetzt bin ich überzeugt, dass man wohl ein Exempel statuieren muss. Und wir müssen vielleicht auch Leute wie die Clintons enthaupten."
Nach dem TV-Auftritt von Biden gegen Trump sind Zweifel aufgekommen, ob er für eine weitere Amtszeit geeignet ist. "Es gibt noch keinen überzeugenden Plan B – und solange es den nicht gibt, halten alle an Bidens Kandidatur fest", so ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen. 01.07.2024 | 2:58 min
Bereitschaft zur Gewalt wird weiter wachsen
Das ist der fruchtbare Boden, auf dem nach dem Anschlag auf Trump nun die Bereitschaft zur Gewalt weiter wachsen wird. Bisher hat er selbst immer wieder Öl ins Feuer gegossen, politische Gegner und Journalisten als "Feinde des Volkes" beschimpft, Zuwanderer als "Tiere" bezeichnet, in den letzten Wochen immer wieder von "Rache" und "Vergeltung" gesprochen.
Aber es sind beide Seiten, die in diesem Wahlkampf den Konkurrenten als größtmögliche Bedrohung darstellen. Bisher war das nur unanständig und schmutzig, jetzt könnte es Amerika in einen Abgrund stürzen, so lange nicht beide Kandidaten – also auch Trump – Gewalt in jeder Form ächten und zur Besonnenheit aufrufen – am besten sogar gemeinsam.
Elmar Theveßen ist Leiter des ZDF-Studios in Washington D.C.