Internationaler Tag des Kusses:Wenn Küsse Geschichte schreiben
Ein Kuss sagt manchmal mehr als Tausend Worte, heißt es. Tatsächlich ist er nicht immer nur Zeichen der Liebe und Hingabe, sondern gelegentlich auch politisches Symbol.
Als sich William und Kate nach der Eheschließung küssten, jubelte die Menge.
Quelle: Reuters
Als Prinz William seine Frau Kate nach der Eheschließung auf dem prächtig geschmückten Balkon des Buckingham Palace küsste, brach unbändiger Jubel aus. Es war ein Moment, den zehntausende verfolgten, vor Ort und zuhause im Fernsehen, dem sie entgegengefiebert hatten. Das Happy End.
Geste der Liebe, Leidenschaft und Verbundenheit
Von der flüchtigen Lippenberührung bis zur leidenschaftlichen Nähe: Küsse lösen bei vielen Menschen große Emotionen aus. Die Sehnsucht danach spiegelt sich im Filmkuss: Legendär etwa jener im Südstaatendrama "Vom Winde verweht" zwischen den Filmfiguren Scarlett O’Hara und Rhett Butler, gespielt von Vivien Leigh und Clark Gable. Bis heute schaffen Filmküsse magische Momente. Robert Pattinson und Kristin Stewart küssten sich in der Film-Serie "The Twilight Saga" immer wieder so leidenschaftlich, dass sie gleich vier Jahre hintereinander die MTV-Auszeichnung "Bester Filmkuss" gewannen.
Im Laufe der Geschichte gab es allerdings auch immer wieder Küsse, die nicht nur Ausdruck der Liebe zwischen zwei Menschen waren, sondern historische, politische oder kulturelle Bedeutung erlangt haben.
"Bruderkuss" kontra "kaltem" Handschlag
Der sozialistische Bruderkuss zwischen Leonid Breschnew und Erich Honecker ist wohl einer der berühmtesten historischen Küsse: Fünf Sekunden soll dieser intensive Kuss auf den Mund real gedauert haben, am 05. Oktober 1979, nach dem Abschluss eines Wirtschaftsabkommens zwischen der UdSSR und der
DDR. Richtig berühmt wurde er aber dann durch das schwarz-weiße Bild eines französischen Pressefotografen. Künstler verewigten den Kuss als Gemälde am Mauerstück der "East Side Gallery" in Berlin.
Das berühmte Bild des Bruderkusses zwischen Leonid Breschnew und Erich Honecker.
Quelle: dpa-Bildfunk
Das Ritual des Bruderkusses hat seinen Ursprung wohl im Osterkuss der russisch-orthodoxen Kirche. In realsozialistischen Ländern sollte er ein Symbol der Brüderlichkeit und friedlichen Zusammenarbeit sein - und vor allem: ein Gegensatz zum "kalten" Handschlag des Westens.
Während eines Fototermins beim Treffen mehrerer Außenminister scheint der kroatische Außenminister Annalena Baerbock küssen zu wollen. Inzwischen entschuldigte sich der Politiker.
Küsse machen Politik
Doch auch im Westen hat eine - wenn auch weniger intime - Form des Kusses Symbolcharakter erlangt: Wangenküsse haben sich zur Begrüßung bei Staatslenkern befreundeter Nationen durchgesetzt, um das freundliche Verhältnis zu demonstrieren, zwei - oder auch drei - wechselnd links und rechts (oder umgekehrt). Übernommen wurde dieses Kuss-Ritual aus den Ländern des Mittelmeerraumes, wo Familie, Freunde und Bekannte so begrüßt werden.
Bundeskanzlerin
Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama oder Frankreichs Staatspräsident
Macron etwa zeigten in ihrer Amtszeit durch diese nahe Berührung genauso deutlich, wie verbunden und vertraut sie waren, wie Politiker beim
G7 Gipfel im Juni. Eine politische Botschaft: man differenziert zwischen engen politischen Partnern - und jenen, die höflich, aber auf Distanz mit dem immer noch gängigen Begrüßungsritual des Handschlages begrüßt werden.
Ein Zeichen der Verbundenheit: Angela Merkel und Barack Obama begrüßten sich mit Wangenküssen.
Quelle: dpa
Der größte Verrat erfolgte per Kuss
Wie stark der Kuss absolutes Vertrauen zweier Menschen symbolisiert - und als solches Signal missbraucht werden kann, zeigt die Geschichte: Nach biblischer Überlieferung war ein Kuss das verabredete Zeichen, mit dem der Jünger Judas Jesus im Garten Gethsemane für seine Gegner zur Gefangennahme identifizierte und damit dem Tod am Kreuz preisgab. Der "Judaskuss" bezeichnet seitdem den ultimativen Verrat.
Berühren sich zwei Lippenpaare sind Abertausende von Nervenzellen und 30 Muskeln im Spiel. Ein ganzer Cocktail körpereigener Drogen baut Stress ab und erregt uns sexuell.16.08.2015 | 1:45 min
Ein öffentlicher Kuss mit Sprengkraft
Als
Popikone Madonna vor über 20 Jahren Sängerin
Britney Spears auf der Bühne küsste (und danach auch gleich Sangeskollegin Christina Aguilera), verstanden das viele als Statement für gleichgeschlechtliche Liebe und Sexualität, konservative Kreise ihn als Provokation. Ein Skandal war geboren: Der Auftritt sorgte für Aufruhr und heftige Diskussionen, während dies heute inzwischen wohl eher Schulterzucken oder Augenrollen hervorrufen würde.
Der Skandal-Kuss zwischen Madonna und Britney Spears.
Quelle: AP
In mehr als 70 Nationen weltweit aber ist der
gleichgeschlechtliche intime Kuss auch heute noch tabu. Ohnehin ist es in anderen Teilen der Welt auch heute nicht üblich, in der Öffentlichkeit zu küssen. Doch in vielen Ländern ist der Kuss beliebt und hoch angesehen: Als Ausdruck von Liebe, Freundschaft oder Ehrerbietung.
Wer gerne und oft küsst, lebt länger und glücklicher. Das bestätigen Studien der Philematologie, der sogenannten Kussforschung. Eine Aufforderung zum Küssen.
von Ebba Petzsche