Flucht (zurück) nach Syrien: Was die Menschen dort erwartet
Flucht zurück:Was Flüchtende aus Libanon in Syrien erwartet
von Isabel Krokat
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Über 400.000 Menschen sind seit Beginn des Kriegs im Libanon nach Syrien geflohen. Was passiert mit den Menschen, die ins von Assad geführte Bürgerkriegsland zurückkehren müssen?
Aus Sorge vor einer weiteren Eskalation sind nach UN-Angaben weit über 100.000 Libanesen ins Nachbarland Syrien geflohen.30.09.2024 | 1:30 min
Bei seinem Besuch in Syrien und Libanon Anfang Oktober sprach UN-Flüchtlingshochkommissar Filipo Grandi von "tragischen Auswirkungen", die die Konflikte in der Region auf die gesamte Bevölkerung haben würden.
Diese zeigen sich schon jetzt: Im Libanon sind UN-Angaben zufolge 1,2 Millionen Menschen vertrieben; das ist etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung.
Flucht vom Krieg in den Bürgerkrieg
Und eine immer größer werdende Zahl flieht in das benachbarte Syrien. Für die Mehrzahl der dorthin Fliehenden stellt die Reise nicht nur eine Flucht, sondern auch eine Heimkehr dar - so sind Dreiviertel von ihnen Syrer und einst vor dem Bürgerkrieg dort geflohen.
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"Ich bin mit meiner Familie in den Libanon gegangen, weil hier Krieg war. Aber jetzt ist auch dort Krieg", erklärt Fatima Al-Jaabi, Syrische Geflüchtete in Idlib.
Quelle: ZDF
Die nationalstaatlichen Grenzen Syriens definieren schon lange nicht mehr das, worauf die syrische Regierung in der Hauptstadt Damaskus auch Einfluss nehmen kann. Im Zuge des Arabischen Frühlings kam es 2011 auch in Syrien zu Aufständen und Umwälzungen. In dem Bürgerkrieg, der danach ausbrach, konnten sich neben der offiziellen syrischen Regierung drei Parteien etablieren:
die kurdische Selbstverwaltung im Nordosten des Landes
die islamistischen Milizen im nordwestlichen Idlib
die von der Türkei unterstützte "Syrische Nationale Armee" (SNA) operiert in den von der Türkei besetzten Gebieten nahe der türkischen Grenze.
Unter dem Einfluss des syrischen Regimes stehen noch rund 60 Prozent des Landes.
Rückkehr in ein zerstörtes Syrien
Schon die Flucht zurück nach Syrien gestaltet sich beschwerlich: Der Grenzübergang Masnaa wurde am 4. Oktober von der israelischen Armee bombardiert. Am 22. Oktober wurde mit Dscheidat Jabus ein weiterer wichtiger Grenzübergang getroffen.
Aus dem Libanon kommend überqueren Familien zu Fuß die Grenze nach Syrien.
Quelle: dpa/Hassan Ammar
Durch die zerstörte Straße müssen Menschen die Grenzen zu Fuß überqueren. Doch was passiert mit den Menschen, die nun so zahlreich in Syrien ankommen? Wie ist die politische und humanitäre Lage dort?
Das Gebiet, welches von dem offiziellen syrischen Regime verwaltet wird, steht unter der Kontrolle von Machthaber Baschar al-Assad. Sein autoritäres Regime steht seit Jahren in der Kritik, zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben: Ihm werden unter anderem die willkürliche Gefangennahme, Folter und Ermordung von politischen Gegnern und Zivilisten, sowie das Verschwindenlassen von etwa 100.000 Menschen vorgeworfen.
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Geflüchtete gelten als Gegner Assads
Dieses Schicksal kann auch den Menschen drohen, die nun zurückkehren: Jeder, der während des Krieges das Land verlassen hat, wird als mutmaßlicher Gegner Assads angesehen. Rückkehrern drohen potenzielle Inhaftierung und Folter. Berichte von Festnahmen an der Grenze liegen bereits vor.
Die Menschen, die nicht in das von Assad beherrschte Gebiet zurück wollen, ziehen weiter. Sie versuchen entweder in die Gegend von Idlib zu kommen, wo die islamistische Miliz HTS die Macht hat, oder sie fliehen in die Gebiete der kurdischen Selbstverwaltung.
Quelle: AFP
Die Provinz Idlib, im Nordwesten des Landes, ist unter der Kontrolle der islamistischen Miliz HTS (Hayat Tahrir al-Scham). Sie ist aus der al-Nusra-Front hervorgegangen, welche al-Kaida nahesteht. HTS-Anführer Abu Mohammed al-Jolani war zuletzt in der Presse durch die Proteste im Frühjahr dieses Jahres der Bevölkerung gegen ihn. Al-Jolanie wird für Tötungen Oppositioneller und Foltertode in den HTS-Gefängnissen verantwortlich gemacht.
Türkische Drohnenangriffe auf kurdisches Gebiet
In der demokratischen kurdischen Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien - kurz: DAANES - sind seit Beginn des Krieges etwa 20.000 Menschen angekommen. Doch auch hier kann nicht von Sicherheit gesprochen werden: Die Drohnenangriffe, die die Türkei immer wieder durchführt, stellen eine ständige Bedrohung für die dort lebende Bevölkerung dar.
Kurdische Kämpfer konnte 2013 das syrische Regime aus den kurdisch besiedelten Gebieten vertreiben. Die dort entstandene kurdische Selbstverwaltung wird offiziell als "Demokratische Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien" (DAANES) bezeichnet. In deren Gebieten gibt es mehr Freiheit für Medien und Zivilisten als im übrigen Syrien. Sicher sind die Regionen jedoch nicht: die benachbarte Türkei und IS-Kämpfer greifen sie aus der Luft an.
"Die Türkei greift immer wieder die Infrastruktur in unserer Region an. Elektrizitätswerke, die Wasserversorgung, Generatoren und Gaskraftwerke - alles wird bombardiert", beobachtet Sozdar Akko vom Kurdischen Roten Halbmond.
In Syrien gibt es seit 2011 Krieg. Wie der angefangen hat und wie die Situation jetzt in dem Land ist.25.03.2024 | 1:22 min
Kaum Hilfsgüter für kurdische Gebiete
Für die demokratische Selbstverwaltung stellt sich auch die Versorgung mit Hilfsgütern der UN nicht so einfach dar. Der einzige Grenzübergang, über den offizielle UN-Hilfsgüter unabhängig vom syrischen Regime über den Irak in die Selbstverwaltung gelangen konnten, war die Grenze Al-Yaribiyah. Doch auf Drängen von Russland und China beschloss der UN-Sicherheitsrat 2020 die Grenze endgültig zu schließen.
Seitdem kommen so gut wie keine Hilfsgüter in den kurdischen Gebieten an. DAANES kritisiert seit Jahren die UN, sich nicht für die Wiederöffnung des Grenzübergangs einzusetzen, damit Hilfsgüter unabhängig vom syrischen Regime in der Region ankommen können.
Quelle: ZDF
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